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Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos

Titel: Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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recht einfach, manchmal jedoch wand und krümmte sie sich, wenn sie den zahllosen Buchten, Einschnitten und Halbinseln der zerklüfteten Küstenlinie folgte. Alle paar Meilen gab es ein Dorf, eine verstreute Gemeinde aus Farmern und Fischern, die ihren Lebensunterhalt aus dem Meer und auf den schmalen Küstenstreifen gewannen. Die Dorfbewohner waren Kaufleute aus der Stadt gewöhnt, daher riefen die Reisenden kaum Verwunderung hervor. Die Orte verdienten sich ein wenig dazu, indem sie den vorbeiziehenden Reisenden Unterkunft und Verpflegung anboten. Cai achtete darauf, dass seine Bienen keinen Verdacht erregten, beließ sie ihn ihrem >Reisestock<, den er auf seine Satteltasche schnallte. Wurden sie doch einmal gesehen, fanden die Dorfbewohner aber nichts Besonderes an ihnen. Denn sie waren es gewohnt, mit allen Arten von Tieren zu arbeiten.
    Nach sieben Tagen hatten Cai und seine Gruppe Clevemouth erreicht. Mit jedem Sonnenuntergang Wurde der blaugrüne Strahlenkranz ausgeprägter. Von den Mauern der westlichen Stadt aus gesehen blieb das blaue Licht selbst während der Nachtstunden hell und warf einen gespenstischen Schein auf die stille Landschaft.
    »Wie weit ist es von hier?« fragte Cai Ciel, eine Organisatorin des Untergrunds, die man ihnen als Führer zugewiesen, und die sich nach ihrer Ankunft in Clevemouth ihnen angeschlossen hatte.
    »Neun Meilen, nicht mehr«, antwortete sie.
    »Wirst du uns morgen begleiten?« fragte Zana.
    »Wie ihr wollt. Der Ritt dauert etwas über eine Stunde, und verfehlen könnt ihr ihn wirklich nicht«, erwiderte Ciel trocken. »Eine Stelle ist so gut wie die andere, es macht also wenig Sinn, auf einen bestimmten Punkt zuzuhalten.«
    »Du hast ihn also mit eigenen Augen gesehen?« erkundigte sich Hewe.
    »Das hat fast jeder hier«, meinte sie. »Ein imposanter Anblick. Da er sich allerdings seit ein paar Monaten nicht bewegt hat, ist er für uns schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Vor der Revolution war er fast ständig in Bewegung. Das Land dort draußen ist eine Ödnis, daher waren die ersten Berichte recht vage, aber es gab eine Zeit, als der Wall über dreißig Meilen von hier entfernt war.« Ciel hielt inne und dachte an die früheren Zeiten. »Einige der Farmer sind panikartig vor ihm geflohen, andere wurden einfach komplett geschluckt. Ganze Dörfer sind verschwunden in dem ... was immer sich dahinter verbirgt.«
    »Ich will gar nicht daran denken, was geschieht, wenn er die Stadt erreicht«, meinte Zana leise.
    »Es gab einen Zeitpunkt, als es so aussah, dass es darauf hinauslaufen würde«, erzählte Ciel. »Aber seit wir das Durcheinander ausgenutzt und uns von der Gilde hier befreit haben, ist der Wall langsamer geworden - er hat sich seit Ewigkeiten nicht bewegt.«
    »Wir werden alles tun, damit das auch so bleibt«, meinte Hewe. »Und wenn du morgen lieber nicht mitkommen möchtest, dann haben wir dafür Verständnis.«
    Wray starrte schweigend nach Westen. Welche Idee auch immer sich hinter seiner mürrischen Miene verbarg, er behielt sie für sich.
    Als erstes fiel ihnen die immense Größe des Walles auf. Ihn mit der Barriere vor der Bücherkammer unterhalb von Great Newport zu vergleichen, war, als wollte man sämtliche Weltmeere an einem Eimer Wasser messen. Die schimmernde blaue Oberfläche erstreckte sich so weit das Auge reichte, sowohl nach Norden als auch nach Süden - und nach oben, wo sie mit dem morgendlichen Himmel verschmolz.
    Als zweites fiel ihnen die Stille auf. Sie hatten ihre Pferde, als sie nervös wurden, ein Stückchen weiter hinten zurückgelassen und die letzten anderthalb Meilen zu Fuß zurückgelegt. Aus dieser Entfernung waren ihre Schritte das einzig hörbare Geräusch. Kein Vogel sang, kein Tier rief, nicht einmal der Wind war stark genug, die kahlen Bäume und die Grasbüschel zu bewegen. Cai schien es, als müsste eine solch gewaltige Kraft von einem brüllenden Donnern oder einer überirdischen Musik begleitet werden. Und doch war nicht das geringste zu hören. Die vier Reisenden näherten sich dem Wall und starrten, auf den Schlag ihrer eigenen Herzen lauschend. Selbst Hewe hatte es die Sprache verschlagen.
    Aus der Feme hatte der Wall flach und gerade ausgesehen, jetzt jedoch erkannten sie, dass er sich in leichten Wellen kräuselte - wie die sanfte Dünung eines hochkant vorübertreibenden Meeres. Gleichzeitig bestürzt und fasziniert verfolgte Cai, wie die Äste eines Baumes erst verschluckt, dann wieder freigelassen wurden.

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