Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)
anderen Leuten. Nie uns.«
»Das ist doch die ewige Frage: ›Warum ich?‹ Ob für den Soldaten, der unverletzt geblieben ist, während alle seine Kameraden getötet wurden, oder den Typ, den man schnappt, weil er seine Rechnungen frisiert hat. Blinder Zufall, würde ich sagen.«
»Zufall, dass es überhaupt passiert ist? Oder dass es jetzt passiert ist?«
»Dass es ausgerechnet jetzt passiert ist. Irgendwann einmal musste so etwas passieren. Es ist doch unnatürlich, dass eine Spezies für immer alle anderen beherrschen sollte.«
»Ich wüsste nicht, warum.«
»Warum – das ist die verdammte Frage. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass das Leben dynamisch und nicht statisch verläuft. Irgendwelche Veränderungen gibt es immer. Wohlgemerkt, ich glaube nicht, dass es diesmal mit uns vorbei sein wird, aber es ist verdammt knapp.«
»Dann glaubst du nicht, dass es mit der Menschheit zu Ende geht?«
»Ich denke, diesmal noch nicht.«
Es könnte das Ende sein. Daran zweifelte ich nicht. Aber es würde noch andere kleine Gruppen wie unsere geben. Ich sah eine leere Welt vor mir mit ein paar verstreut lebenden Gemeinschaften, die darum kämpften, die Kontrolle zurückzugewinnen. Ich musste daran glauben, dass zumindest einige von ihnen Erfolg haben würden.
»Nein«, wiederholte ich, »es muss nicht das Ende sein. Wir sind immer noch sehr anpassungsfähig, und wir haben gute Startbedingungen, verglichen mit unseren Ahnen. Solange einige von uns noch gesund sind, haben wir eine Chance – eine gewaltige Chance.«
Josella antwortete nicht. Sie lag auf dem Rücken und blickte in den Himmel. Ich glaubte zu ahnen, was in ihrem Kopf vorging, sagte aber nichts. Sie schwieg eine Weile.
»Am meisten erschreckt mich«, meinte sie dann, »dass die Welt, die wir für völlig sicher gehalten haben, einfach so untergegangen ist.«
Sie hatte recht. Dieses »einfach so« war der Kern unseres Traumas. Allzu große Vertrautheit führt dazu, dass man vergisst, welche Kräfte das Gleichgewicht garantieren, und man hält Sicherheit für normal. Sie ist es nicht. Ich hatte nie vorher darüber nachgedacht, dass die menschliche Überlegenheit nicht in erster Linie unserem Geist zu verdanken ist, wie uns die meisten Bücher glauben machen. Sie verdankt sich der Fähigkeit unseres Gehirns, Informationen zu verarbeiten, die uns über ein schmales Band sichtbarer Lichtwellen übermittelt werden. Unsere Zivilisation, alles, was wir erreicht haben oder erreichen können, hing von unserer Fähigkeit ab, das Wellenspektrum von Rot bis Violett zu empfangen. Ohne sie wären wir verloren gewesen. Ich sah einen Moment lang, wie dürftig unsere Fähigkeit war, diese Macht zu beeinflussen, und wie dürftig die Wunder, die wir mit diesem fragilen Instrumentarium zustandegebracht hatten …
Josella war in ihre eigenen Gedanken versunken.
»Es wird eine sonderbare Welt sein – was von ihr noch übrig ist. Ich glaube nicht, dass sie uns sehr gefallen wird«, sagte sie sinnend.
Ich fand diese Aussage seltsam – so, als ob jemand protestierte, weil er den Gedanken zu sterben oder geboren zu werden, nicht mochte. Ich wollte lieber herausfinden, was uns erwartete, und dann alles, was möglich war, tun, um mit den unangenehmen Aspekten fertigzuwerden, aber ich sagte nichts.
Von Zeit zu Zeit hatten wir an der anderen Seite des Gebäudes Lastautos vorfahren gehört. Die meisten Organisierkommandos mussten jetzt bereits zurück sein. Ich blickte auf meine Uhr und griff nach den neben mir im Gras liegenden Triffidflinten.
»Wenn wir noch essen wollen, bevor wir uns anhören, was andere Leute zu all dem zu sagen haben, ist es Zeit, dass wir hineingehen«, mahnte ich.
7 Konferenz
7
Konferenz
Wir alle, glaube ich, hatten nichts weiter als eine kurze Lagebesprechung erwartet.
Informationen über Fahrzeiten, Strecke, Tagesziel. Ich jedenfalls hatte keine Ahnung, welche Probleme hier angeschnitten werden sollten.
Ort der Versammlung war ein kleiner Hörsaal, zu diesem Zweck durch ein Arrangement von Autoscheinwerfern und Batterien beleuchtet. Als wir eintrafen, beriet sich hinter dem Vortragspult eine Gruppe von etwa einem halben Dutzend Männern und zwei Frauen, anscheinend das Komitee. Zu unserem Erstaunen sahen wir im Zuhörerraum an die hundert Personen, zumeist junge Frauen. Josella machte mich darauf aufmerksam – mir war es zunächst nicht aufgefallen –, wie wenige davon sehen konnten.
Michael Beadley überragte die konferierende Gruppe
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