Die Trinity Verschwörung
gesagt habe. Es konnte ja nur eine Frage der Zeit sein, bis jemand anfangen würde herumzuschnüffeln. So was lässt sich nicht ewig geheim halten.«
» Wir haben es ein halbes Jahrhundert lang relativ geheim gehalten.«
Als Neame nichts erwiderte, ging Brennan das Risiko ein: » Also, helfen Sie ihm beim Herumschnüffeln? Wollen Sie aus irgendeinem Grund jetzt den Scheinwerfer auf Eddies Vergangenheit richten? Tut mir leid, aber ich muss Sie das fragen.« Er war selbst überrascht, dass er die Anschuldigung so direkt an den Mann gebracht hatte.
» Machen Sie sich nicht lächerlich, Douglas. Jeder Teil meines Körpers tut mir weh. Ich kann nicht mal allein in die Badewanne steigen. Den Korridor schaffe ich nur an der Hand eines Pflegers. Manchmal fällt mir mein eigener Name nicht mehr ein.« Die Worte klangen aufrichtig, aber bei Thomas Neame wusste Brennan nicht, was er glauben sollte. » Ich hab mein Wort gegeben, über Eddie zu schweigen, das wissen Sie. Wenn jemand an meine Tür klopft, weiß ich genau, was ich zu tun habe. Und sollte dieser Gaddis tatsächlich das Wunder vollbringen und Kontakt mit mir aufnehmen, dann habe ich Mittel und Wege, ihn von der Fährte abzubringen, glauben Sie mir.«
Das war immerhin richtig. » Okay, das würde ich auch begrüßen.«
» War das alles, Douglas?«
» Das war alles.«
» Gut. Dann möchte ich Sie herzlich bitten, mich nicht weiter zu behelligen.«
Brennan war, von Natur aus und weil es zu den Anforderungen seines erwählten Berufs gehörte, ein einfallsreicher, unerschütterlicher Mann mit klarem Blick. Er dachte nicht daran, sich von Neames Schroffheit aus der Fassung bringen zu lassen. In einem Großraumbüro drei Etagen tiefer wimmelte es von Däumchen drehenden Spionen: aufgeweckten Wunderkindern, die ihren ersten Auslandseinsatz kaum erwarten konnten, aber auch alten Hasen, denen zu viele Einsätze in den gottverlassenen Außenposten eines untergegangenen Weltreichs jeglichen Idealismus geraubt hatten. Als er den Hörer auflegte, wusste er, dass er eine attraktive Frau brauchte. Es hatte keinen Sinn, die Bedeutung des Geschlechts zu ignorieren; es führte kein Weg an der uralten menschlichen Wahrheit vorbei, dass unverheiratete Hochschuldozenten für attraktive Frauen eine mindestens so große Schwäche haben wie für Gehaltserhöhungen. Brennan wusste bereits, dass Gaddis geschieden war. Er wusste auch – nach einem raschen Blick auf seinen Internet- und Telefonverkehr –, dass er kürzlich eine Frau namens Holly Levette kennengelernt hatte, die bestenfalls halb so alt war wie er. Vor die Wahl gestellt, einen Abend mit einem unterhaltsamen jungen Mann oder einer unterhaltsamen jungen Frau zu verbringen, würde er sich mit ziemlicher Sicherheit für Letzteres entscheiden.
Ein Name kam ihm spontan in den Sinn. Bevor sie in den Dienst eingetreten war, hatte Tanya Acocella ein zweijähriges Aufbaustudium an der London School of Economics gemacht und war vertraut mit dem Idiom der Wissenschaft. Sie sprach fließend Russisch, hatte sich am SIS -Außenposten in Teheran als lebendige, fantasievolle Mitarbeiterin hervorgetan und erst jüngst eine entscheidende Rolle bei der Abwerbung eines ranghohen iranischen Militärs gespielt. Nach ihrer Rückkehr nach London hatte sie sich mit ihrem langjährigen Freund verlobt, sehr zum Leidwesen mehrerer karrieregeiler Alphatiere, und war für einen viermonatigen Sonderurlaub nach ihrer Hochzeit im nächsten Sommer vorgemerkt. Ihren Intellekt an einem Wissenschaftler von Gaddis’ Kaliber zu messen, dürfte eine willkommene Herausforderung für sie sein.
Er erreichte sie an ihrem Schreibtisch. Drei Minuten später stand Acocella zwischen den Spiegelwänden des Fahrstuhls und fuhr in den fünften Stock. Es sprach für ihr Selbstbewusstsein, dass sie es nicht für nötig hielt, ihre Erscheinung in den gläsernen Paneelen zu überprüfen.
» Tanya, treten Sie ein. Nehmen Sie Platz.«
Der Austausch von Artigkeiten dauerte nur wenige Augenblicke; einer Agentin vom Format Acocellas musste man nicht erst die Nervosität nehmen.
» Ich möchte, dass Sie CHESAPEAKE für ein paar Wochen auf die Seite legen.« CHESAPEAKE war eine Operation gegen einen russischen Diplomaten in Washington, den der SIS zur Rekrutierung ins Auge gefasst hatte. Tanya leitete zusammen mit einem jüngeren Kollegen den Londoner Zweig. » Ich habe eine andere Talentprobe für Sie gefunden.«
Sie nickte. » Gern.«
Brennan erhob sich und ging hinüber
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