Die Troja-Mission
Pitt scharf nach links ab, fuhr zum nächsten Haupttunnel und steuerte wieder nach links, zum Ausgang in Richtung Westen.
Pitt vermutete, dass die vier Tunnel unter dem Nicaragua-See hindurch zur Küste führten. Folglich mussten auf dem schmalen Landstreifen zwischen dem westlichen Seeufer und der alten Hafenstadt San Juan del Sur Lüftungsschächte nach oben führen.
Aber Pitt irrte sich.
Nachdem sie etliche Meilen weit gefahren waren, stießen sie erneut auf eine riesige Pumpstation, hinter der gigantische Tore aufragten. Als sie das Wasser sahen, das durch die Ritzen in den Tunnel sickerte, wurde ihnen klar, dass sie nicht in der Nähe von San Juan del Sur waren, sondern weit draußen im Pazifischen Ozean. Hier war Endstation.
30.
Nach seinem allmorgendlichen Lauf von seiner Wohnung im Watergate Building zur NUMA-Zentrale begab sich Admiral Sandecker sofort in sein Büro, ohne vorher im Fitnessstudio der Behörde zu duschen und seinen Geschäftsanzug anzuziehen. Rudi Gunn erwartete ihn mit grimmiger Miene. Er blickte über den Rand seiner Hornbrille hinweg, als sich Sandecker an seinen Schreibtisch setzte und mit einem Handtuch den Schweiß abwischte, der ihm über Gesicht und Nacken lief.
»Wann haben sich Pitt und Giordino zum letzten Mal gemeldet?«
»Vor über acht Stunden.« Gunn war sichtlich beunruhigt. »Als sie durch einen Lüftungsschacht in einen Tunnel hinabsteigen wollten, den sie dort unten vermuteten und der Pitts Ansicht nach quer durch den Dschungel von Nicaragua führt, vom Pazifik bis zum Karibischen Meer.«
»Seither keinerlei Verbindung?«
»Nichts«, antwortete Gunn. »Wenn sie tief unter der Erde sind, können sie sich telefonisch nicht melden.«
»Ein Tunnel vom einen Meer zum anderen«, murmelte Sandecker ungläubig.
Gunn nickte kurz. »Pitt war sich seiner Sache sicher. Außerdem berichtete er, dass es sich bei der Baufirma um Odyssey handelt.«
»Odyssey?« Sandecker blickte Gunn verdutzt an. »Schon wieder?«
Gunn nickte erneut.
»Die haben ihre Finger anscheinend überall drin.« Sandecker stand auf und blickte aus dem Fenster in Richtung Potomac. Er konnte gerade noch die eingerollten roten Segel seines kleinen Schoners sehen, der flussabwärts in einem Jachthafen lag. »Ich weiß nichts von einem großen Tunnel, der quer durch Nicaragua gegraben wird. Es hieß mal, dass man eine unterirdische Bahnverbindung für den Gütertransport mit Hochgeschwindigkeitszügen bauen wollte. Aber das ist etliche Jahre her, und soweit ich weiß, ist nie etwas daraus geworden.«
Gunn schlug eine Akte auf, holte mehrere Fotos heraus und breitete sie auf dem Schreibtisch aus. »Hier sind Satellitenaufnahmen von einer verschlafenen kleinen Hafenstadt namens San Juan del Norte, die über mehrere Jahre hinweg aufgenommen wurden.«
»Woher stammen die?«, fragte Sandecker.
Gunn lächelte. »Hiram Yeager hat diverse Nachrichtendienste angezapft, sich Satellitenfotos beschafft und in den NUMA-Dateien abgespeichert.«
Sandecker rückte seine Brille zurecht, musterte die Fotos und blickte dann auf die Aufnahmedaten, die am unteren Rand standen. Nach ein paar Minuten blickte er auf. »Vor fünf Jahren war in diesem Hafen überhaupt nichts los. Danach wurde allem Anschein nach schweres Gerät dorthin verfrachtet, mit dem man Hafenanlagen für Containerschiffe gebaut hat.«
»Ihnen ist sicher auch aufgefallen, dass sämtliche Container sofort in Lagerhäusern verstaut und nie wieder herausgeholt wurden.«
»Unglaublich, dass ein derart riesiges Unternehmen so lange unbemerkt über die Bühne gehen konnte.«
Gunn legte eine Akte neben die Fotos. »Yeager hat sich außerdem Unterlagen über alle möglichen Vorhaben und Unternehmungen von Odyssey beschafft. Die Finanzen sind etwas undurchsichtig. Da sich die Zentrale in Brasilien befindet, müssen sie keine Gewinn-Verlust-Erklärung abgeben.«
»Was ist mit den Aktionären? Die erhalten doch sicher ihre Jahresberichte.«
»Die Firma ist an keiner internationalen Börse vertreten. Specter ist der alleinige Besitzer.«
»Könnten die denn so ein Projekt allein finanzieren?«, fragte Sandecker.
»Soweit wir feststellen konnten, haben sie die erforderlichen Mittel. Aber Yeager glaubt, dass sie bei einem derart großen Projekt wahrscheinlich von der Volksrepublik China unterstützt werden, die auch schon an früheren Bauvorhaben von Specter in Mittelamerika beteiligt war.«
»Klingt plausibel. Die Chinesen investieren in dieser Gegend viel Geld
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