Die Troja-Mission
besitzt. Er könnte sogar ein Monopol über die weltweiten Vorkommen erringen, wenn er die Hall Mining Company in Neuseeland in seinen Besitz brächte, die so viel wie alle anderen Länder zusammen produziert. Aber bislang hat Westmoreland Hall, der Besitzer des Unternehmens, sämtliche Übernahmeangebote abgelehnt.«
»Soweit ich mich an den Chemieunterricht in der Schule entsinnen kann«, sagte Sandecker, »wird Platin hauptsächlich in der Elektrotechnik verwendet, zum Beispiel für Zündkerzen, beziehungsweise zu Schmuck verarbeitet.«
»Aber auch in der chemischen Industrie besteht ein großer Bedarf, weil es extrem hitzebeständig ist.«
»Trotzdem kann ich keinen Zusammenhang zwischen seinen Bergbaubetrieben und diesem Projekt erkennen, mit dem er ganz Europa in die Eiszeit stürzen würde.«
»Es muss einen Grund dafür geben«, sagte Gunn. »Er hat Unsummen in die Ausschachtung der Tunnel investiert, folglich muss auch der Ertrag entsprechend hoch sein. Wenn er aber nicht von der steigenden Nachfrage nach Energie profitieren will, was verspricht er sich dann davon?«
Sandecker wandte sich ab und blickte nachdenklich aus dem Fenster und auf den Potomac. Dann drehte er sich wieder um und schaute Yeager an. »Diese Pumpen, die durch den gewaltigen Wasserdruck gespeist werden – könnte man die zur Energieerzeugung benutzen? Wenn dem so wäre, ließe sich damit ein Großteil von Mittelamerika mit Strom versorgen.«
»Pitt hat nichts von irgendwelchen Generatoren erwähnt«, sagte Yeager. »Wenn dort Geräte zur Stromerzeugung stünden, hätten er und Giordino das auf Anhieb erkannt.«
Sandecker wandte sich mit scharfem Blick an Gunn. »Sie wissen doch sicher, dass die beiden wieder irgendwelchen Unfug vorhaben.«
»Nein, keineswegs.« Ungerührt erwiderte Gunn Sandeckers Blick. »Ich war der Meinung, dass sie längst auf dem Rückflug nach Washington seien.«
»Sie haben ihre Pläne geändert.«
»Aha?«
»Sie haben mich davon in Kenntnis gesetzt, dass sie eine geheime Fabrikanlage erkunden wollen, die Odyssey auf einer Insel im Nicaragua-See errichtet hat.«
»Haben Sie ihnen die Erlaubnis erteilt?«
»Haben Sie schon mal erlebt, dass die sich von
mir
irgendwas verbieten lassen?«
»Möglicherweise können sie uns ein paar Erklärungen liefern?«
»Mag sein«, erwiderte Sandecker grimmig. »Sie könnten dabei aber auch umkommen.«
VIERTER TEIL
Der Schlüssel
36.
30. August 2006
Branwyn Island, Guadeloupe
Ein Privat- und Firmenjet nach dem anderen landete auf Branwyn Island, fünfzehn Meilen südlich von Basse-Terre gelegen, einer der Hauptinseln von Guadeloupe. Lavendelfarben lackierte Kleinbusse mit allerlei exotischem Zierrat und luxuriöser Innenausstattung fuhren vor, um die Passagiere in Empfang zu nehmen. Nachdem die Fahrer das Gepäck im Kofferraum verstaut hatten, brachten sie die Reisenden zu eleganten Suiten in den feudalen unterirdischen Gemächern, zu denen nur Specters persönliche Gäste Zutritt hatten. Aus den Maschinen stiegen ausnahmslos Frauen. Keine wurde von Freunden oder Geschäftspartnern begleitet.
Das letzte Flugzeug, die Beriew Be-210 der Odyssey Corporation, landete um sechs Uhr abends. Specter, der einzige Mann, der bislang eingetroffen war, kam die Gangway heruntergetrottet, nachdem er sich mit Mühe durch die Tür gezwängt hatte. Hinter ihm wurde eine Bahre herausgetragen, auf der sich, unter Decken verhüllt, eine menschliche Gestalt abzeichnete. Specter, der wie üblich einen weißen Anzug trug, ließ sich auf dem Rücksitz einer Limousine nieder und goss sich ein Glas Beaujolais aus der Bar ein.
Der Fahrer, der Specter schon des Öfteren chauffiert hatte, staunte stets aufs Neue darüber, dass sich jemand mit einer derartigen Leibesfülle so flink bewegen konnte. Er blieb noch einen Moment neben dem Wagen stehen und sah zu, wie die Bahre ohne Rücksicht auf den heftigen Regen, der gerade einsetzte, kurzerhand auf die offene Ladefläche eines Pick-ups verfrachtet wurde.
An der Südspitze der Insel befand sich eine hundert Meter durchmessende, sanft abfallende Senke, die wie eine große, runde Schüssel gut zehn Meter tief aus Korallenstöcken und Felsgestein gehauen war. So tief, dass von vorbeifahrenden Booten oder Schiffen aus nicht zu erkennen war, was dort vor sich ging.
In der Schüssel ragte ein Ring aus dreißig knapp vier Meter hohen Steinblöcken auf, die jeweils einen Meter voneinander entfernt standen. Es war ein Nachbau der ebenso berühmten
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