Die Troja-Mission
Odyssey nicht erfassen konnten, und überflog dann den schmalen Streifen Land zwischen dem Westufer des Sees und der Pazifikküste. Zehn Meilen weiter draußen auf dem Meer drehte er gen Süden ab und nahm langsam das Gas zurück, während Giordino den Kurs nach San José absteckte. Dann wandte er sich der Treibstoffanzeige zu und ließ sie den ganzen Flug über nicht mehr aus den Augen.
Der Himmel war leicht bedeckt, keine Regenwolken, aber immerhin so dicht, dass kein Stern zu sehen war. Pitt war hundemüde, so erledigt wie noch nie, jedenfalls soweit er sich erinnern konnte. Er überließ Giordino das Steuer, sank in seinen Sitz, schloss die Augen und atmete tief durch. Eine Sache musste er noch erledigen, bevor er sich ein bisschen Schlaf gönnen durfte. Er holte das Satellitentelefon aus seinem wasserdichten Beutel und wählte Sandeckers Privatnummer.
Der Admiral meldete sich fast augenblicklich. »Ja!«
»Wir sind draußen«, sagte Pitt erschöpft.
»Wurde auch Zeit.«
»Wir mussten einen kleinen Umweg machen.«
»Wo sind Sie jetzt?«
»Mit einem gestohlenen Hubschrauber auf dem Weg nach San José, Costa Rica.«
Sandecker musste das kurz verdauen. »Sie hatten wohl keine Lust, bei Tageslicht in der Anlage herumzuschnüffeln?«
»Wir haben Schwein gehabt«, sagte Pitt, der sich zusammenreißen musste, damit er nicht einnickte.
»Haben Sie alle Daten gesammelt, die wir benötigen?«
»Wir haben alles«, erwiderte Pitt. »Wissenschaftler, die von Specter als Geiseln genommen wurden, haben die Brennstoffzellentechnologie zur Serienreife gebracht, indem sie Stickstoff statt Wasserstoff verwendeten. Die Chinesen stellen bereits Millionen von Heizgeräten her, die derzeit ausgeliefert werden und zum Verkauf bereitliegen, wenn die Tunnel geöffnet werden und unsere Ostküste und Europa im Eis versinken.«
»Wollen Sie damit etwa sagen, dass dieses ganze wahnwitzige Vorhaben nur dem Absatz von Brennstoffzellen dient?«, sagte Sandecker ungläubig.
»Hier geht’s um hunderte von Milliarden Dollar, von der Macht gar nicht zu sprechen, die ihm seine Monopolstellung einbringt. Wie man’s auch dreht und wendet, Specter hätte die ganze Weltwirtschaft in der Hand, sobald der erste Schnee fällt.«
»Sind Sie sicher, dass Specter diese Technologie zur Serienreife gebracht hat, wenn die schlauesten Köpfe der Welt bislang noch nicht den entscheidenden Durchbruch geschafft haben?«, hakte Sandecker nach.
»Specter hat die besten Köpfe«, versetzte Pitt. »Zwei von ihnen, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, werden Ihnen die ganze Geschichte erzählen.«
»Sind die etwa bei Ihnen?«, sagte Sandecker gespannt.
»Sie sitzen genau hinter mir, ebenso die Frau, die Renee Ford ermordet hat.«
Sandecker wirkte wie ein Schlagmann beim Baseball, der mit geschlossenen Augen einen Homerun herausgeholt hat. »Die haben Sie ebenfalls dabei?«
»Wenn Sie für uns in San José eine Maschine chartern, setze ich sie Ihnen morgen um diese Zeit auf den Schoß.«
»Ich werde Rudi gleich damit beauftragen«, sagte Sandecker, der ebenso erfreut wie aufgeregt klang. »Kommen Sie mit Ihrem ganzen Trupp sofort in mein Büro, sobald Sie gelandet sind.«
Keine Antwort.
»Dirk, sind Sie noch dran?«
Pitt war eingedöst, ohne wahrzunehmen, dass er die Verbindung unterbrochen hatte.
40.
Die Düsenmaschine der Air Canadá stieß durch eine dichte Wolke, deren wattig weiße Ränder im orangefarbenen Lichtschein der untergehenden Sonne schimmerten. Summer blickte aus dem Fenster, als das Flugzeug zum Landeanflug auf Guadeloupe ansetzte, und sah zu, wie das tiefe, dunkelblaue Wasser allmählich hellblau und dann türkis wurde, als die Maschine über Riffe und Lagunen flog. Dirk, der neben ihr am Gang saß, war in eine Seekarte der Gewässer rund um die Îsles des Saintes vertieft, einer Inselgruppe südlich von Guadeloupe.
Neugierig blickte sie auf die beiden Hauptinseln, Basse-Terre und Grande-Terre, die zusammen wir ein Schmetterling aussahen. Basse-Terre, der westliche Flügel, war von dicht bewaldeten Bergketten überzogen. Inmitten des Regenwaldes gab es ein paar der höchsten Wasserfälle der Karibik, gespeist von Bach- und Flussläufen, die, von üppigen Farnen gesäumt, vom höchsten Gipfel der Insel herabströmten, dem 1467 Meter hohen La Soufriére, einem rauchenden Vulkan. Beide Inseln waren zusammen etwa so groß wie Luxemburg und durch eine schmale Wasserrinne voller Mangroven voneinander getrennt, dem so genannten
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