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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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vergiften.«
    »Ist er so mächtig?«, erkundigte sich Sten erschüttert, und Vangeliu nickte stumm.
    »Wie ist sein Name?«, wollte Leica wissen. »Wie kann es sein, dass ein so mächtiger Geist nur so wenigen bekannt ist?«
    »Ihr alle kennt einen seiner Namen, denn einst nannte man ihn den Weißen Bären«, erklärte Vangeliu leise, und plötzlich brach ein wildes Durcheinander aus, als alle gleichzeitig zu sprechen begannen. Laut erhoben sich die Stimmen, und es dauerte eine Weile, bis die Wlachaken sich beruhigt hatten.
    Viçinia war es, die schließlich die Fragen stellte: »Wie kann das sein? Der Weiße Bär ist der Schutzgeist unseres Landes! Er ist wohlwollend und weise, wieso sollte er die Finsternis bringen? Und warum weiß niemand davon?«
    »Der Geist ist krank und verwundet. Er wurde verraten und floh in die Erde. Aber auch wenn er schläft, ist sein Einfluss auf unser Land groß, und seine Träume sind nicht ruhig. Warum niemand davon weiß?«, fragte Vangeliu achselzuckend und gab sich selbst die Antwort: »Wie viele interessieren sich noch für die alten Legenden? Wie viele, die es wussten, starben auf den Scheiterhaufen der Sonnenanbeter? Die alten Wege geraten in Vergessenheit, mit jedem Geistseher, der stirbt, ein wenig mehr. Hast du an die Legenden von Radu dem Heiligen geglaubt, Kind?«
    »Ich weiß nicht«, gab Viçinia zu. »Aber …«
    »Es ist schon gut«, beruhigte sie der alte Mann. »Es ist der Lauf der Welt. Nichts währt ewig.«
    »Meine Schwester wird die alten Wege wieder ehren«, erwiderte Viçinia ernst. »Wenn unser Kampf erfolgreich ist, werden wieder Geistseher unsere Voivoden beraten.«
    »Vielleicht. Doch diese Tage werde ich wohl nicht mehr erleben. Ich bin den Häschern nur entkommen, weil ich Freunde gefunden habe, die mich beschützen. Ohne sie …«, sagte Vangeliu und ließ die letzten Worte unausgesprochen.
    »Umso wichtiger, dass wir Zorpad aufhalten«, stellte Sten grimmig fest, und alle nickten.
    »Draußen liegen zwar ein paar Leichen, doch vor allem haben uns die Masriden einige Pferde dagelassen. Wir sollten sie einfangen, damit ihr aufbrechen könnt«, schlug Sten vor. »Ihr solltet so bald wie möglich aufbrechen, um einen Vorsprung zu gewinnen. Reitet die Nacht durch, macht nur Rast, wenn es gar nicht anders geht. Ihr müsst das Mardew sicher erreichen.«
    »Du hast Recht«, stimmte Viçinia dem jungen Wlachaken zu, »Eile ist geboten. Costin und Leica, versucht die Pferde zu finden, wir brauchen sechs.«
    »Fünf«, warf Sargan ein. »Ich werde nicht mit euch kommen.«
    »Nicht?«, wunderte sich Viçinia.
    Sten fragte: »Wie sind deine Pläne, Dyrier?«
    »Ich muss mit den Trollen reden und auch mit dir, Sten«, erwiderte der Rothaarige. »Weiter weiß ich noch nicht, aber dieses Mardew klingt ungemütlich. Nicht gerade die Gegend, wo ich den Winter verbringen möchte.«
    »Es wird Krieg geben, Sargan«, erinnerte ihn Sten eindringlich. »Und du wurdest beim Angriff auf Burg Remis gesehen. Zorpad wird dich vierteilen lassen, wenn er dich erwischt.«
    »Dann sollte ich ihm wohl besser aus dem Weg gehen, was?«, scherzte Sargan, sagte dann jedoch ernst: »Du hast Recht, aber der Krieg wird auch zu euch nach Désa kommen, und ich bin kein Krieger. Ich schlage mich schon irgendwie durch.«
    »Wie du wünschst«, meinte Sten. »Du bist ein freier Mann. Vielleicht bist du kein Krieger, aber ein Schreiber bist du auch nicht.«
    »Nein, aber darüber können wir später reden«, erwiderte der Dyrier.
    Misstrauisch sah Sten den rothaarigen Mann an, doch Flores sagte: »Er hat mich gerettet, als die Trolle mich töten wollten. Er ist undurchschaubar, aber irgendwie auf unserer Seite, oder?«
    »Irgendwie, ja«, stimmte ihr Sargan zu.
    »Gut. Wie auch immer, aber bilde dir nicht ein, dass ich dich aus den Augen lasse, Dyrier«, sagte Sten mit einem Seufzen.
    »Keineswegs«, grinste Sargan entwaffnend, »keineswegs.«
    Es dauerte eine Weile, bis die Pferde gefunden und eingefangen waren. Währenddessen trugen Sten und Flores die Leichen der acht Masriden an den Waldrand, wo sie die Toten nebeneinander legten. Von den Pfeilen fehlte jede Spur, doch die Wunden in den Leibern sprachen eine deutliche Sprache. Einige waren durch ihre Rüstungen hindurch getötet worden, andere hatten tödliche Verletzungen an ungerüsteten Stellen, wie dem Hals oder dem Gesicht, erlitten. Bei keinem der Reiter hatten die Vînai mehr als einen Pfeil benötigt, um ihn zu fällen. Der Gedanke an

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