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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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Lächeln des jungen Doktor Bender hängen blieb.
    „Trink, damit du Farbe bekommst“, bot Christiana Luisa ein Glas Likör an. Luisa nippte daran und wollte doch lieber den Geschmack von heißer Minze und Salbei schmecken. Während sie einander zuprosteten, blieb Josephines Blick an Luisas Handgelenk hängen: „Und was ist das wieder für eine hässliche Spielerei?“ Mit einer abfälligen Geste berührte sie das dünne silberne Armkettchen, an dem der Hornring hing, und verzog den Mund, ehe Luisa es unter ihrem Ärmel verstecken konnte.
    Luisa ließ ihre Fingerkuppen über das Karomuster der Damasttischwäsche gleiten und ertappte sich bei den Überlegungen bezüglich Schafthebung und Schaftsenkung. Gerade bei einem simplen Karomuster wie diesem musste es ihr doch einleuchten, wie die Kettfäden des Musters und jene der Schäfte mit den Schussfäden zusammenspielten.
    Sie hob den Blick. Und da, nahe dem Scheunentor, stand Caspar an die Wand gelehnt. Er war mit einem jungen Weber ins Gespräch vertieft. Es musste noch immer in Strömen regnen, denn vereinzelte Haarsträhnen klebten tropfnass an Caspars Stirn und auf seinen Wangen; Haarsträhnen, die Luisa zu gern trocken getupft und hinter seine Ohren geklemmt hätte. Als habe er Luisas Gedanken erahnt, fuhr er sich mit seinem Ärmel übers Gesicht und befreite sich von den klebenden Haaren.
    Luisas Hände wurden ganz kalt, ihre Handflächen waren schweißnass, während sie Caspar beobachtete, der noch nicht einmal den Versuch unternahm, sich im Saal umzuschauen, um sie zu entdecken. Sie hatte ihn angestarrt und schickte jetzt einen prüfenden Blick zu Matthias hinüber. Er stand auf der gegenüberliegenden Seite des Saales, lässig gegen einen Balken gelehnt, und unterhielt sich mit einem der Kaufmannssöhne, wahrscheinlich über Schweden. Es gab ja so viel zu erzählen und ein jeder wollte an dem Abenteuer des Matthias Kollmar ein wenig teilhaben.
    Mittlerweile waren leider die Paartänze vorüber. Es war Zeit für die Wechseltänze, abgerundet von einer Quadrille. Während Luisa von Ludovike mehr auf das Parkett gezerrt als geführt wurde, schielte sie verstohlen nach Caspar Weber am Scheuneneingang. Er war in ein angeregtes Gespräch vertieft und schien am Fest gar kein Interesse zu haben.
    Luisa konnte nicht so schnell reagieren, wie Ludovike sich spornstreichs Matthias Kollmars Handgelenk schnappte und ihn auf die Tanzfläche holte. Zuerst fixierte Luisa Matthias, der sich tief vor ihr verneigte, dann ihren Großvater Pfarrer Markant, ohne Zweifel schwer angeheitert, der sich auf der Tribüne zu den Musikanten gesellte und den Kopf in den Nacken legte, um seiner Laudatio genügend Volumen zu verleihen. Er kündigte die folgende Quadrille als den jungen Verlobten gewidmet an und brachte Luisa damit in ungeahnte Verlegenheit, weil alle Augen auf sie gerichtet waren. Alle.
    Matthias aber strahlte, verneigte sich wie einer, der vor großem Publikum ein kompliziertes Kunststück vollführen wollte und brachte Luisa mit schweifenden Bewegungen in Position. Christiana in ihrer umständlichen Fülle und ihr Gatte sowie zwei weitere befreundete Paare machten die Quadrille komplett und gaben einander den Kontertanz – unter den Augen aller.
    „Es würde nicht schaden, wenn du bei einem Tanz dir zu Ehren ein wenig lächeltest“, hörte Luisa Matthias raunen, nachdem er sich vor ihr verneigt hatte, um den Reigen zu eröffnen. Doch sie konnte nicht. Sie schaffte es nicht. Ihre Gesichtshaut schien auf ihren Wangenknochen, auf ihrem Stirnbein festgeklebt ... Sie konnte keine Miene verziehen. Neben Christiana schwebte sie auf die Männer zu, wieder von ihnen fort, um alsbald in eine andere Richtung zu schwenken. „Du bist verstimmt, meine Liebe“, stellte Matthias fest, als sie auf ihn stieß. Sie mied seinen Blick, schüttelte nur den Kopf. „Alles gut, Matthias“, sagte sie und erhaschte während einer Drehung unter Matthias’ emporgehobenem Arm einen Blick auf Caspar, der noch immer an der Wand neben dem Scheunentor lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt hielt und Luisa unverwandt anschaute.
    Noch bevor der Armbogen wieder geöffnet wurde, sah Luisa, wie sich Emilie Schiffner neben Caspar stellte. Sehr dicht. Zu dicht! Sie legte ihren Arm um seine Mitte. Oh, diese Emilie Schiffner! Und er ließ es sich gefallen. Mehr noch: Er legte den seinen um ihre Schulter und Luisa meinte zu beobachten, wie er die Schiffnern dichter zu sich heranzog. Luisa schluckte.

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