Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)
da war noch mehr. „Oh nein, Luisa Treuentzien. Ich weiß genau, was du vorhast. Das kannst du vergessen.“
Sie löste es von ihrem Handgelenk und befreite den winzigen Hornring, den er ihr gegeben hatte. Den hielt sie ihm mit Daumen und Zeigefinger vor die Nase.
Er schüttelte den Kopf.
„Es sind doch nur Worte!“
Jetzt erhob er sich vom Bett, stützte die Arme in die Hüften, fuhr sich mit den Händen durchs Haar und ließ die Arme neben seiner Hosennaht baumeln. „Es sind nicht einfach nur Worte, Luisa, sie haben auch etwas zu bedeuten. Vielleicht nicht in deiner Welt, aber in meiner schon.“ Jetzt schlug sein Herz wieder so schnell, aber nicht vor Überwältigung, sondern aus schierer Fassungslosigkeit. Er schüttelte den Kopf.
„Ich will es nur hören, aus deinem Mund.“ Sie ließ ihre Hand in ihren Schoß sinken und betrachtete unverwandt den Hornring.
Er schüttelte abermals den Kopf. Jetzt lächelte sie ihn an wie eine Siegerin und Caspars Herz stolperte in seiner Brust. Aus ihren Augen sprachen Abenteuerlust und unheimlich große Erwartungen. „Nein, Luisa, ich kann das nicht. Ich darf das nicht. Ich werd es nicht tun!“
„Wieso nicht?“
Er trat von einem Bein aufs andere. „Es ist, als wenn sich ein Esel mit einem Pferd zusammentut. Dabei kommt was ganz und gar Unbrauchbares raus.“
„Fragt sich nur, wer von uns beiden der Esel ist!“
Dieser Frage würde Caspar lieber nicht auf den Grund gehen. Er wollte es nicht, aber er musste grinsen. Luisa brachte ihn immer vom Kurs ab. Immer!
„Bitte!“ Sie klimperte mit den Augen, das machte ihn wahnsinnig. Caspar war sprachlos und schüttelte den Kopf. „Wieso bist du nur so altmodisch!“ Jetzt war sie wieder so geschäftlich, so praktisch, so „Treuentzien“.
Er traute seinen Ohren nicht. Altmodisch? Wer von ihnen trug diese entsetzlich unpraktischen Kleider? Wer von ihnen bastelte aus einem Hornring ein Armband? „Es gibt einen Haufen Gründe, die mir verbieten, um deine Hand anzuhalten, und wenigstens einen davon dürftest du kennen!“
„Der da wäre?“
Langsam und betont sprach er: „Du bist keine Weberin.“
„Altmodisch!“
Er schnaubte.
„Und du bist kein Bürgerlicher, du stellst die Ware her, die ich verkaufe. Ich dachte, das hätten wir geklärt. Und weiter?“
Caspar war jetzt wirklich verwirrt. „Niemals darf ich eine Weberin heiraten. Die Zunft erlaubt das nicht.“
„Altmodisch! Ich hab schon einmal eine Lücke gefunden.“
„Da kannst du lange suchen: ‚Reinhaltung der Zunft‘, du verstehst?“ Er fuhr sich durchs Haar. Er hatte keine Ahnung, wo hinein er sich da chauffiert hatte. Er wollte sie viel lieber küssen, als über solche Dinge mit ihr sprechen zu müssen.
„Ich will’s nur einmal hören, Caspar. Um des Klanges der Worte willen.“ Ihre Stimme war auf einmal eine völlig andere. Kein bisschen arrogant, nicht mehr pragmatisch und auch nicht mehr „Treuentzien“, sondern Luisa: leidenschaftlich, warm und leise. Ihre Augen leuchteten, wie er es manchmal gesehen hatte, wenn sie die Damaste angeschaut hatte. „Ich will einmal von einem Mann gefragt werden, der mir etwas bedeutet. Nur um des Klanges der Worte willen.“
Caspar war unschlüssig. Er trat von einem Bein aufs andere.
„Ich verspreche dir, dass ich Nein sagen werde!“
Wie konnte er sich da so sicher sein? „Das glaube ich dir nicht.“
„Ich sag Nein. Los, frag mich schon.“
Da war wieder dieses Abenteuerliche in ihrem Gesicht und in ihrer Stimme und Caspar kam nicht umhin, vor sich hin zu lächeln. Ihr Blick konnte umschlagen wie das Wetter im Mandautal und aus der Abenteuerlust wurde ein Flehen, dem er unmöglich widerstehen konnte.
Er kniete sich vor sie hin, nahm ihre Hände in die seinen und tat, was er vor Jahren zum ersten Mal getan hatte: Er fragte das Mädchen, in das er verliebt war, ob es seine Frau werden wolle. Er ließ Luisa nicht aus den Augen und war fasziniert von ihrer Unschuld, mit der sie seinen Worten lauschte.
Und sie musterte ihn mit ernstem, ein wenig traurigem Gesicht und Caspar sah ganz deutlich, dass ihr erneut Tränen in die Augen stiegen. „Ja, ich will deine Frau werden.“
Caspar hörte sich schwer seufzen, ließ seinen Kopf vornüber fallen und grub seine Stirn in ihren Schoß. Er hörte ihre Entschuldigung, ihre Beschwörungen wie durch einen Nebel: „Ich hab mich bemüht, Nein zu sagen.“ Es klang wie: Ich wollte dich nicht töten, der Dolch ist mir versehentlich aus den Fingern
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