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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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vertreiben ließen. Wegen ihres stark herabgesetzten Humorniveaus stießen die letzteren bei jedem noch so lauen Kalauer gackernde Lacher aus, während die ersteren erschöpft die mobilen Warmhaltegeräte, Stehtische und die zusammenklappbare Bar nach draußen trugen. Den wie ein demoliertes Akkordeon zwischen ihnen hängenden Hardy stützend, legten Ali und der Kellner eine Verschnaufpause ein.
    »Schließ alle Fenster und Türen, wenn der letzte draußen ist«, flüsterte Ali Ida vertraulich ins Ohr. »Ich bin in eineinhalb Stunden wieder zurück. Und dann werde ich dir eine Menge zu erzählen haben.«
    »Da schlafe ich schon«, entgegnete Ida und verdrehte aufreizend die Augen. »Weck mich bloß nicht, es sei denn, du hast wirklich noch etwas Bedeutendes mit mir vor.«
    Sie lächelte gespielt lüstern. Sie glaubte allen Ernstes, daß er sie zum Abschluß des Festes wie in der guten alten Zeit noch beglücken würde. Er verwünschte jetzt schon den Moment, wenn er ihr bei seiner Rückkehr die grausige Wahrheit über ihr frischbezogenes Paradies anvertrauen würde. Und über die ersten Pläne zur Flucht aus diesem Paradies, die zu schmieden er schon begonnen hatte.
    »Ich meine es ernst«, sagte er noch einmal eindringlich. »Schließ sämtliche Türen ab, dreh den Schlüssel mehrmals um, und schau überall nach, ob die Fenster auch wirklich geschlossen sind.«
    In ihrem Gesicht sah man den Anflug eines schwarzen Schattens, der ihre Ausgelassenheit zu verdunkeln begann. Sie ahnte nichts Gutes. Doch er hatte nun keine Zeit, ihr zu erklären, daß aus der zweiten Chance, so wie es geplant gewesen war, wohl nichts mehr werden würde. Er nickte dem Kellner zu, und gemeinsam schleppten sie die nach Tequila stinkende Last ächzend und fluchend aus dem Haus. Zum Glück war die Ente nur ein paar Meter entfernt geparkt, und nachdem sie Hardy auf dem Rücksitz abgelegt hatten, und er den bevorstehenden Muskelkater des Kellners mit einem »Lassen Sie sich von meiner Frau ein Trinkgeld geben« gelindert hatte, fuhr er endlich los.
    Hardy wohnte in einem kastenartigen Betonbau außerhalb der Stadt, der einen auffälligen Kontrast zu den heimeligen Altstadtmotiven seiner Gemälde bildete. Direkt neben dem Gebäude befand sich ei ne Schnellstraße ohne Schallschu tz, auf der Tag und Nacht gehörschädigender Verkehr donnerte. Er würde etwa eine halbe Stunde bis dahin brauchen, und noch eine weitere halbe Stunde würde es vielleicht in Anspruch nehmen, sich mit dem bleischweren Kerl ins Haus zu quälen und ihn ins Bett zu stecken. Falls er den Hausschlüssel in Hardys Taschen nicht finden würde, mußte er sich natürlich mit der Smith & Wesson, die er immer noch im Hosenbund stecken hatte, selber wohl oder übel eine Kugel durch den Kopf jagen. Wenn jedoch alles reibungslos verlaufen würde, hätte er eine Last weniger im Leben . Denn er würde Hardy nie mehr w iedersehen. Er gedachte ohnehin, nun viel Ballast abzuwerfen. Die verschworene Gemeinschaft würde sich noch wundern!
    Schnell hatte er die Stadt hinter sich gelassen und kämpfte sich durch die vielen Abbiegerauffahrten zur Schnellstraße vor. Die Scheinwerfer der ihm entgegenkommenden Wagen erschienen ihm in der Finsternis wie die grell leuchtenden Augen seiner unendlich vielen Doppelgänger, die in einer endlosen Kolonne die Tür passierten. Sie starrten ihn an, vorwurfsvoll, mißgünstig, weil er alles besaß und sie nichts, und weil er entschlossen war, nichts abzugeben. Man sah es ihnen an, daß sie auch an die Reihe kommen wollten und daß ihnen dafür jedes Mittel recht war. Ihre Gedanken, voller Haß und Mordlust, waren seine eigenen Gedanken, weil er das gleiche empfunden hatte, als er an jenem Morgen sein junges Ich erblickt hatte. Er konnte diese auf ihn zutrottenden Zombies, die um so häßlicher und deformierter aussahen, je weiter sie sich hinten in der Kolonne befanden, verstehen. Nur gönnen konnte er ihnen nichts, um keinen Preis der Welt!
    »Dieser Fuß, dieser scheißverdammte Fuß, nein, der gehört nicht 'nem Affen, was Killer?« sagte Hardy Link.
    Ali glaubte im ersten Moment, daß es ein Widerhall seines verrückten Gedankenflugs wäre. Doch dann vernahm er von hinten ein gequältes Hüsteln und leises Gelächter. Er verstellte den Rückspiegel und versuchte so auf den Rücksitz zu sehen. Außer dem einzelnen Scheinwerferlicht eines ihm in weiter Entfernung folgenden Motorrads in der Heckscheibe konnte er jedoch nichts erkennen. Offenkundig war

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