Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
Vom Netzwerk:
fuhr ich ihn nach Hause. Plötzlich wacht er auf, brüllt zusammenhangloses Zeug, veranstaltet einen riesigen Aufstand und greift mir von hinten ins Lenkrad. Er wollte unbedingt aussteigen, fragen Sie mich nicht, warum. Ich habe versucht, ihn zu bändigen, beruhigend auf ihn eingeredet. Umsonst. Am Ende mußte ich ihn mitten auf der Straße rauslassen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen dabei, aber was blieb mir für eine Wahl? Er verschwand dann schnell in der Dunkelheit.«
    »Wieso fuhren Sie in Richtung Fluß? Herrn Links Wohnung liegt doch außerhalb der Stadt.«
    »Na, versuchen Sie mal in die richtigen Straßen abzubiegen, während ein Elefant von hundert Kilo in einem Citro ë n 2CV tobt.«
    Perfekt!
    Eine halbe Stunde und viele gelallte Drohungen von Hardy später gelangte Ali an den Fluß. Er bog in eine stark abschüssige Straße ab, die an einer Kairampe endete, welche wiederum übergangslos ins Wasser hineinführte. Wenn man verrückt genug war, konnte man seinen Wagen ins Wasser setzen, indem man einfach geradeaus fuhr. Zu beiden Seiten der Straße erhoben sich einige Bauten der auf Tourismus eingestellten gastronomischen Betriebe. Im Sommer wurden ihre Vorhöfe zu Biergärten umfunktioniert, und Ali konnte eigentlich die vielen schönen Erinnerungen kaum zählen, die er und Ida in den glücklichen Sommern ihrer Vergangenheit in diesen Gärten gesammelt hatten. Lediglich eine enge Uferpromenade für Spaziergänger und Fahrradfahrer trennte die Straße von der Rampe. An warmen Tagen waren hier zahllose Menschen unterwegs, die gewöhnlich bis Mitternacht ausharrten. Doch es war nun fast vier Uhr morgens, und die Frühlingswärme, die es auch tagsüber kaum über zwanzig Grad geschafft hatte, hatte sich endgültig verflüchtigt.
    Ali schaltete den Motor ab, löschte die Scheinwerfer und ließ den Wagen ganz langsam die Straße hinuntergleiten. Wie erhofft, war keine Menschenseele zu sehen. Der Fluß vor ihm glitzerte leicht im Widerschein der Sterne. In der Ferne ragte eine kleine unbewohnte Insel als romantische Silhouette hervor. Aus dem Hintergrund vernahm er Hardys Gebrabbel, aber wegen des Maximums an Konzentration, die er sich abverlangte, konnte er jetzt kein einziges Wort verstehen. Der Wagen passierte lautlos wie ein Gespenst quer die Promenade, und ein hastiger Blick nach links und rechts bestätigte Ali, daß sich auch hier niemand aufhielt. Dann ging es die Kairampe abwärts, und er trat vorsichtig auf die Bremse. Die hinter ihm liegende Straße und die Gebäude verschwanden langsam aus seinem Rückspiegel. Nur wenn jemand unmittelbar oben am Rand der Promenade gestanden und hinuntergeschaut hätte, hätte er erkennen können, was hier vor sich ging.
    Als der Wagen wenige Meter vor den leise plätschernden Wellen angelangt war, zog Ali die Handbremse. Rampe und Wasser bildeten an dieser Stelle eine Einheit, es war unmöglich zu unterscheiden, wo das eine aufhörte und das andere begann. Am Fuße der Seitenmauern wuchs je ein gußeiserner Poller empor. Ali stieg aus, ging nach hinten, öffnete die Tür und umschloß Hardys Brustkorb mit seinen Armen. Es war viel zu dunkel, um aus dessen Gesicht den Grad der Vergiftung abzulesen. Aber offenkundig hatte er sich nicht heimlich übergeben, denn die Granatapfelvisage schimmerte im Sternenlicht so rein wie eh und je.
    »Sind wir schon im Krankenhaus?« fragte Hardy und entblößte dabei eine riesige Lücke in der oberen Zahnreihe. »Mann, lange halte ich das echt nicht mehr aus.«
    Ali sah, daß seine Baskenmütze unter den Sitz gefallen war. Er hob sie auf und setzte sie Hardy wieder auf den Kopf.
    »Viel besser«, sagte er dann. »Wir sind am Ort deiner Träume angelangt, Hardy. Wir gehen jetzt auf das Boot, das du dir schon immer gewünscht hast.«
    »Boot? Will kein Boot. Krankenhaus ...«
    Ali zog ihn mit einiger Mühe aus dem Wagen, und das Unglaubliche geschah: Hardy konnte, sich auf ihn stützend, wacklig auf eigenen Beinen stehen. Ali umschlang seine Taille und zerrte ihn in Richtung Wasser. Der Benommene schleppte sich unter Ächzen und Stöhnen vorwärts, wobei er immer wieder verwirrt den Kopf verdrehte und die Sterne betrachtete.
    »Scheiße, wo sind wir hier?« fragte er schließlich, als sie mit den Füßen im Wasser standen.
    Ali gab keine Antwort und schob ihn vorwärts, nunmehr mit Gewalt. Das Wasser drang durch seine Schuhe, schwappte über seine Füße und kroch ihm schließlich die Hosenbeine hoch. Die schockartige Kälte schien

Weitere Kostenlose Bücher