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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Zuflucht zu existieren, schon gar keine, welche von einem der beiden erwünscht war. Und in den Augen beider spiegelte sich ein Feuer, das verheerend und gierig war, doch selbst für den darin Verbrennenden unwiderstehlich.
    Er fiel über sie her wie das Monstrum aus dem Märchen, hielt sich erst gar nicht damit auf, sie auszuziehen, sondern zerriß kurzerhand ihren tüllartigen Fetzen von Kleid. So besinnungslos ließ er sich von der Lust übermannen, daß er sie nicht einmal bat, die Ladentür abzuschließen. Immerhin zogen sie sich, aneinander zerrend und saugend, hinter eine Säule zurück. Wie durch Zauberei war Florence in wenigen Sekunden entkleidet. Ja, er kannte ihren Körper, allerdings ihren Kinderkörper, hatte es doch unendlich viele Gelegenheiten gegeben, ihn ganz hüllenlos und mit Eimerchen und Schaufelchen in den Händen zu betrachten. Aber das war Vergangenheit. Unterdessen hatte dieser Körper eine ungeheuerliche Metamorphose durchlaufen. Aus ihm war inzwischen eine Waffe geworden, gegen die kein Mann eine vernünftige Verteidigung besaß. Die drallen, mit daumendicken Warzen bestückten Brüste, der ausladende Hintern, ein praller Honigtopf, der sich zu einer extrem schmalen Taille verjüngte, das sehr dicht behaarte Venusdelta, die ganze betörende Erscheinung, engelhaft und obszön zugleich, sie schien jetzt nur für diesen einen Zweck erschaffen. Und für Ali.
    Er stemmte sie an den gespreizten Beinen gegen die Säule und stieß in sie hinein. Zu seiner Überraschung war sie trotz ihres Vampgetues noch Jungfrau. Sie genoß den Schmerz, seinen wildhämmernden Kolben und die Befriedigung darüber, daß sie ihr Ziel erreicht hatte. Blut rann die Innenseite ihrer Schenkel herunter, aber es war diesmal nicht die Farbe des Leids. Ihr Stöhnen und sein Ächzen erfüllten den ganzen düsteren Raum, allein die krummen und schiefen Gesichter auf den abstrakten Gmälden an den Wänden schauten auf sie herab wie die »Modelle« seiner eigenen Bilder. Sie klammerte sich so fest an ihn, daß es ihn schon schmerzte, und für einen Moment ging ihm die Frage durch den Kopf, wie oft sie ihn wohl so inniglich festgehalten hatte, freilich in kindlicher Absicht.
    Und noch etwas ging ihm plötzlich durch den Kopf. Eine Episode, die so fern von ihm und so weit weg in der Vergangenheit lag und die vielleicht erklärte, wie er auf den Geschmack gekommen war: Marokko, Marrakesch, die Souks, der alte einäugige Krüppel, der ihn dorthin gelockt hatte, das finstere, stinkende Zimmer, das Mädchen mit den ozeangrünen, leuchtenden Augen auf der schmutzigen Pritsche ... Tatsache war aber auch, daß sich etwas in ihm sträubte, dieser so einleuchtend klingenden Erklärung zuzustimmen. Es schien verrückt, doch er konnte sich nicht mehr daran erinnern, was damals in Marrakesch wirklich geschehen war, ob dort überhaupt irgend etwas geschehen war. Gaston hatte ihm die Reise empfohlen, nachdem er von den i mmer häufiger stattfindenden Krä chen zwischen ihm und Ida nicht mehr die Augen schließen konnte. »Ali, du mußt ein bißchen Distanz gewinnen«, hatte er gesagt. »Spann aus, mach Urlaub, fahr nach Marokko, da ist es wunderbar!« Er hatte ihm dabei verschwörerisch zugezwinkert, als sei Ali über das Unausgesprochene schon im Bilde. Warum hatte er ausgerechnet zu Marokko geraten? Weil er in Wahrheit selbst ein gebürtiger Marokkaner war und über derlei spezielle Verköstigungen für Touristen dort Bescheid wußte? Fragen ... Aber es gab noch eine Frage, die alles entscheidende, die mit Angst besetzte, die Frage, die er sich eigentlich nicht stellen mochte: War er überhaupt jemals in Marokko gewesen? Oder hatte er sich auch diese Episode nur ausgedacht, um die Sache mit dem Taucheralphabet und die nimmer endenden Schuldgefühle für sich plausibel zu machen? Wieder wußte er keine Antwort. Nicht nur die Zeiten schienen durcheinandergekommen zu sein, sondern sein gesamtes Lebensarchiv.
    Eine bestimmte Erinnerung allerdings hätte nicht realer sein können, die Erinnerung daran, wie Gaston hinter ihr kleines Geheimnis gekommen war. Der Kardinalfehler bestand darin, daß sie es stets in der Wohnung hinter der Galerie trieben. Wenn Gaston auf Reisen war, versteht sich, und Gaston war dank der exzellenten Geschäfte mit Alis Bildern sehr oft auf Reisen. Gelegentlich stahlen sie sich auch in ein Hotel, wo sie als Vater und Tochter auftraten. Doch meistens zog es sie an die Geburtsstätte ihrer Sünde zurück. Er wußte nicht,

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