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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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und an seinen Patienten. Von draußen drückte die Nacht gegen die Glastür, aber dahinter hörte sie ganz schwach das Vibraphon vom Zirkus. Diesmal kehrte sie schon bald in ihr Appartment zurück.
    Am nächsten Morgen, ihr Haar zu einem dicken Zopf geflochten, der Kragen weit offen, schritt sie durch die Straßen in Richtung Zirkus. Die Morgenkühle ließ die eine Hälfte ihres Gesichts prickeln, während die Sonne die andere mit sanften Strahlen liebkoste. Der Wind trug den Geruch der See herbei, und sie lächelte.
    Als sie sich dem provisorischen Zaun um den Platz näherte, auf dem bereits rege Betriebsamkeit herrschte, sah sie jemanden auf sich zu rennen. Silberhaar glitzerte in der Sonne. Alter griff lachend nach ihrer Hand. »Ich bin so froh, daß Sie gekommen sind!«
    »Warum auch nicht –?« murmelte Clea. »Aber ich war mir lange nicht schlüssig. Warum kamen Sie nicht wieder in meine Wohnung zurück? Sie hätten doch dort übernachten können. Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht.«
    Alter blickte zu Boden. »Oh. Ich dachte, Sie seien möglicherweise böse auf mich. Es war vielleicht doch nicht recht, was ich getan habe.« Sie spielte verlegen mit ihrer Muschelkette.
    »Was ist überhaupt in Sie gefahren, zu Mr. Triton zu sagen, ich suche einen Job?«
    »Es überkam mich plötzlich. Und ich dachte, es würde Ihnen Spaß machen.«
    »Möglich. Jedenfalls danke. Ich hoffe, Ihr Freund, der Ihnen die Kette geschenkt hat, läßt sich einmal sehen. Hat er sie absichtlich in logarithmisch zunehmendem Abstand aufgefädelt?«
    »Wie?« fragte Alter. »Nein, ich glaube nicht. Er ist jetzt im Krieg … He, habe ich etwas Verkehrtes gesagt?«
    »Der Krieg? Nein … Er kann nicht …«
    »Was haben Sie?«
    »Nichts.« Plötzlich legte sie einen Arm um Alters Schulter und drückte sie.
    »Sind Sie sicher, daß alles in Ordnung ist?«
    Clea holte tief Atem und ließ ihren Arm fallen. »Ich bin sicher.«
    Zusammen traten sie ins Zirkusgelände.
     

 
4.
     
    Am nächsten Tag begann Tels Grundausbildung.
    »Also Jungs, sammelt euch zu Gruppen, so wie man euch eingeteilt hat, dann marschiert in die Klassenzimmer.«
    In seinem Schulungsraum hingen an der Rückwand Pläne von Maschinen, aber keiner dieser Pläne war beschriftet, noch verriet er auf andere Weise, um welche Art von Fertigteilen es sich handeln mochte. Die ganze vordere Wand stellte eine Moorlandschaft dar, über der dichter Nebel hing, in den die blattlose Vegetation hineinragte. Ein Lautsprecher vorn im Zimmer erschallte plötzlich. Eine freundliche Stimme (aus der sich jedoch das Geschlecht des Sprechers merkwürdigerweise nicht erkennen ließ) bat: »Setzt euch jetzt. Wir beginnen mit der Grundausbildung.«
    Die Rekruten ließen sich an den Metalltischen nieder.
    »Sie sitzen auf dem falschen Platz, Rekrut Rogers«, sagte der Lautsprecher milde. »Rücken Sie zwei Stühle nach links.«
    Ein blonder Bursche blickte verwirrt hoch, dann nahm er gehorsam den richtigen Platz ein.
    »Ich lese jetzt eine Liste mit Namen vor«, fuhr der Lautsprecher fort. »Jeder, der aufgerufen wird, verläßt diesen Raum und meldet sich in Zimmer 46-A. Es liegt zwei Stockwerke höher und zwar im rechten Korridor. Also: Malcon 831 BQ-N, Motion 601 R-F, Orley 015CTF …«
    Die genannten Rekruten erhoben sich und verließen den Raum.
    Als sich nur noch etwa die Hälfte im Zimmer befand, sagte die Stimme: »Nehmt jetzt eure Kopfhörer und blickt in eure Videoblenden.«
    Tel zog sich die Kopfhörer über die Ohren und stützte seine Stirn auf das dafür bestimmte Sims oberhalb der Videoblende. Der Schirm darunter leuchtete auf. Eine säuselnde Musik drang aus den Hörern. Dann sagte eine tiefe, angenehme Stimme, diesmal zweifellos die eines Mannes:
    »Wir haben einen Feind jenseits der Barriere. Erst seit wenigen Jahren haben wir die Möglichkeit, über diese Barriere zu gelangen, aber schon in dieser kurzen Zeit entdeckten wir eine Bedrohung von solch unmenschlicher, grauenvoller Art …«
    Die Stimme dröhnte dahin, und die Farben auf dem Schirm formten sich zu einem Strand. Der feine Sand reichte bis zum Horizont. Blaue Wellen mit weißen Schaumkronen spülten darüber. Ein Mädchen mit phantastischer Figur und einem Minimum an Bikini steckte eine Zehe in den Schaum. Dann drehte sie sich um und schien Tel zu sehen. Lachend begann sie auf ihn zuzulaufen. Der Wind spielte mit ihrem kupferroten Haar. Ihre Lippen öffneten sich. Er konnte das Rauschen der Wellen hören.

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