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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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Augen öffnen sich dem Meeresglühen … Im Zirkus arbeitet eine Frau mit scharfem, genialem Verstand an den Büchern …« Plötzlich grinste er. »Es ist deine Schwester, Jon.« Gleich darauf runzelte er die Stirn. »Irgend etwas stimmt nicht.«
    »Was? Geht es ihr nicht gut?«
    »Das ist es nicht. Es geht ihr gut. Aber es ist etwas in ihrem Geist. Ganz tief. Ich kann es nicht ertasten. Es scheint fast, als verberge sie es hinter etwas anderem. Ja, sie versteckt es …«
    »Was liest du aus meinem Geist?« fragte Jon, als sie weitergegangen waren.
    »Einen Schrei«, erwiderte Arkor. »So scharf wie eine Klinge, die aus dunklem Wasser hervorstößt.«
    »Ein Schrei? Weshalb? Wonach?«
    »Nach – nach etwas, das du als Freiheit verstehst.«
    Jon lächelte. »Ich bin froh, daß es noch da ist. Weißt du, Arkor, ich bin gezwungen, alles zu tun, was in meiner Macht steht, um diesen Krieg zu beenden. Aber ich wurde nicht aus freiem Willen zum Agenten des Dreiwesens. Ich hatte die Wahl, nach meiner Flucht, im Strahlungsfeld zu sterben, oder mich ihm anzuschließen. Ich werde nicht frei sein, ehe es uns nicht verläßt.«
    »Noch etwas höre ich aus deinem Geist und deiner Stimme: wie sehr du möchtest, daß ich dir glaube …«
    »Es ist die Wahrheit. Lies doch in mir!«
    »Das habe ich ja. Ich wollte, du würdest es verstehen, Jon. Du glaubst, der Hauptunterschied zwischen uns ist, daß ich weiß, was du denkst, du aber meine Gedanken nicht kennst. Das ist es nicht. Es ist viel mehr ein Unterschied der Wahrnehmung, der eben zwischen euch Menschen und uns Waldwächtern besteht. Es ist ein Unterschied wie zwischen einem Blinden und einem Sehenden. Und der Unterschied zwischen den normalen Wächtern und den Telepathen ist derselbe wie zwischen einem Farbenblinden und einem Normalsehenden.«
    »Und das heißt?«
    Arkor seufzte. »Das heißt, was ich mit dem Geist höre, ist gar nicht so wichtig. Wichtig ist, wie ich es auslege. Aber ich fürchte, das verstehst du nicht.«
    Sie hatten nun die Wohnhäuser im mittleren Ring erreicht. Einmal blieben sie stehen. »Der Herr der Flammen! « rief Jon.
    »Selbst du kannst ihn spüren.«
    Jon nickte. »Kannst du lesen oder hören oder sonstwie feststellen, wo er sich aufhält und in wem?«
    »Noch nicht.«
    Weiter schritten sie vorbei an den sich aneinanderdrängenden Wohnblocks. »Was hörst du jetzt?« erkundigte sich Jon.
    »Ich höre einen leitenden Angestellten deines Vaters sich darüber Gedanken machen, ob die Ermordung Chargills eine Auswirkung auf sein Gehalt haben wird.«
    »Der Herr der Flammen«, erinnerte ihn Jon.
    »Wir sind ihm schon viel näher.«
    »Kannst du erkennen, was er jetzt tut?«
    »Noch nicht. Aber vor dem Militärministerium steht ein Polizist, der auf seinen Trupp und die Dunkelheit wartet. Sie beabsichtigen eine Razzia in einer Bar im Höllenkessel, in deren Hinterzimmer eine Dissibande ihr Hauptquartier hat.« Sie kamen jetzt an einem Jon mehr als vertrauten Haus vorbei. »Dein Vater überlegt gerade, ob er nicht eine halbe Million Einheiten für die Rüstung zur Verfügung stellen soll. Er fragt sich, welche Werbewirksamkeit das haben wird.«
    »Denkt er auch an meine Schwester oder mich?«
    Arkor schüttelte stumm den Kopf. Sie kamen nun dem Königspalast immer näher. »Dort ist der Herr der Flammen «, erklärte Arkor.
    Als die Nacht sich auf die Palasttürme herabsenkte, erreichten sie durch die verlassene Austernstraße einen Nebeneingang. Jon öffnete ihn mit einem altmodischen Schlüssel, wie sie teilweise im Palast noch benutzt wurden. Ungehindert eilten sie durch den Korridor und die breite Marmortreppe zum vierten Stock des Wohnturms hoch. Vor der Tür zu Herzogin Petras Suite blieben sie stehen und klopften an, ehe sie eintraten.
    Petra stand am Fenster und blickte hinunter auf die abendliche Stadt. Sie drehte sich um. »Da seid ihr ja«, sagte sie mit ernstem Gesicht. »Ich weiß nicht, aber ich spüre den Herrn der Flammen, als befände er sich in diesem Zimmer.«
    »Er ist im Palast«, murmelte Arkor.
    »So nahe? Arkor, kannst du feststellen, was er diesmal gemacht hat? Ich habe die ganze Woche Regierungsberichte studiert, aber ich fand nichts, wo er seine Hand im Spiel haben könnte.«
    »Nein, leider. So klar sehe ich noch nicht. Vielleicht steckt er hinter Chargills Ermordung.«
    »Das wäre auch möglich. Auch da blicke ich nicht durch.«
    »Du sagst, er sei im Palast«, wandte nun Jon sich an Arkor. »Wo, in etwa?«
    Arkor schien zu

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