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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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Stacheldraht vergessen und sich darin verfangen …
    Und dann erlosch das grelle Licht. Tel rannte immer noch atemlos. Vielleicht hatte auch sein Herz zu schlagen aufgehört, doch seine Beine trampelten jedenfalls platschend in den Schlamm. Es war jetzt zu dunkel, um überhaupt etwas zu sehen, nur hin und wieder leuchteten für ihn im schwarzen Leichentuch der Nacht, als Nachwirkung des Schocks, die Funken der verbrannten Uniform auf, er sah das Rot des verkrustenden Blutes – den Stacheldraht …
     
    Der Kampf wütete heftig danach. Während einer kurzen Pause machten die ersten Gerüchte die Runde:
    »Habt ihr gehört, was mit dem Späher passiert ist?«
    »Was?«
    »Er war in dem Tank.«
    »In dem, der wie ein Berserker durch den Steinsackwall ist?«
    »Ja. Und sie haben ihn gefunden. Er ist mit dem Tank geradewegs durch unseren Wall hindurch und hinein in den feindlichen Vorposten gebraust. Er hat ihn vernichtet!«
    »Und was ist mit ihm?«
    »Der Tank soll explodiert sein, als er die Feindmaschine zermalmte. Quorl wußte, daß der Stützpunkt sich dort befand und daß sie uns fertigmachen würden, wenn er ihn nicht vorher ausschaltete. Er hat die ganze Kompanie gerettet!«
    »Und wo ist Quorl jetzt?«
    »Ja kapierst du denn nicht? Sie haben Trümmer des Tanks in einem Umkreis von etwa einem Kilometer gefunden!«
    In der Dunkelheit preßte Tel das Gesicht gegen einen der feuchten Säcke. Er spürte den Kies durch das Jutegewebe. Und er lauschte dem Flap-Flip der Federn. Sie kitzelten die Haut an seinem Handgelenk. Er dachte an Quorl und Shrimp und fragte sich, wozu …
     

 
11.
     
    »Miß Rahsok! Wo in aller Welt waren Sie nur?« Die Frau mit dem Kopftuch stellte ihren Abfalleimer neben die Mülltonne. »Ich bin ja so froh, daß Sie wieder da sind. Ist das nicht alles schrecklich aufregend? Die Krönung und so? Sie können sich ja gar nicht vorstellen, was ich inzwischen alles durchgemacht habe. Ich bin so durcheinander, daß ich gar nicht weiß, was ich tun soll. Sie wissen doch, welche Sorgen ich mir um meine Tochter Renna mache! Wo soll ich nur anfangen, ihnen alles zu erzählen …«
    »Entschuldigen Sie mich bitte.« Clea strich sich über das Haar. »Ich bin in sehr großer Eile …«
    »Es ist mir doch tatsächlich gelungen, eine Einladung für den Siegesball zu bekommen, den der Rat vorige Woche zum Andenken an Seine Majestät gab. Das war noch, ehe Prinz Let gefunden wurde. Ich mußte vielleicht das Blaue vom Himmel herablügen, ehe mir dieses gräßliche Weibsbild vom Ballkomitee die Karte gab. Ich behauptete, daß die ursprüngliche Einladung für Renna durch den regulären Debütantenkreis versehentlich fehlgeleitet worden war und nicht angekommen ist. Aber jedenfalls bekam ich schließlich eine für sie, und ich nähte das allerschönste Ballkleid, ganz in Weiß und Silber. Welches junge Mädchen steht nicht auf Weiß und Silber! Es war wirklich ein prachtvolles Kleid. Aber so wie Renna sich benahm, hätte man meinen können, sie ginge zu einer Beerdigung und nicht zu einer so großartigen Veranstaltung. Renna zeichnet ein bißchen, nichts Überragendes, natürlich, aber plötzlich wurden ihre Zeichnungen direkt makaber! Stellen Sie sich vor: Totenköpfe in kahlen Ästen, tote Vögel, und ein zum Gerippe abgemagerter kleiner Junge, der im Sand kauert und auf den eine haushohe Welle zukommt. Als ich das sah, hätte ich ja gleich wissen sollen, daß etwas nicht stimmt. Ständig wiederholte sie, daß sie nicht auf den Ball gehen wollte, er interessiere sie absolut nicht. Dann geh wenigstens deiner Mutter zuliebe, sagte ich. Vielleicht lernst du einen Herzog oder einen Baron oder sonst ein hohes Tier kennen, und wer weiß … Sie lachte mich aus und schüttelte verachtungsvoll den Kopf. Na aber jedenfalls brach sie um vier Uhr morgens dann doch in ihrem zauberhaften weißen und silbernen Ballkleid auf. Oh, sie sah ja so unbeschreiblich schön aus, Miß Rahsok, daß mir fast die Tränen kamen. Ja, ich weinte tatsächlich, als sie fort war. Sie kam nicht mehr nach Hause. Am Abend erhielt ich einen Brief, daß sie diesen schrecklichen Burschen Vol Nonik geheiratet hat. Sie wissen schon, ich habe Ihnen von ihm erzählt. Er ist der, der Gedichte schreibt und im Höllenkessel wohnt. Wußten Sie auch, daß man ihn sogar aus der Universität hinausgeschmissen hat? Sie lud mich ein, sie zu besuchen. Aber ich konnte es einfach nicht. Sie schrieb, daß sie mir auch vom Ball erzählen würde und daß er gar

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