Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
Messing, auf den öligen Kupferglanz des Wassers, auf den fernen Horizont im Osten, wo Meer und Himmel in einem metallblauen Schimmer miteinander verschmolzen, und schließlich auf die glasige Dünung, die höher und höher nach Nordost lief und an Backbordseite gegen das Heck der Viroma drängte. Er zuckte nochmals die Schultern, drehte sich um und sah den Kapitän an, und zum hundertstenmal mußte Findhorn staunen über das klare, eisige Blau der Augen seines Offiziers, die doppelt auffällig wirkten durch den Gegensatz zu der dunklen Farbe des gebräunten Gesichts. Niemals hatte er bei irgend jemandem Augen gesehen, die diesen Augen auch nur entfernt ähnlich waren. Sie erinnerten Kapitän Findhorn jedesmal an einen See in den Alpen, und dieser Gedanke irritierte ihn, denn er hatte einen präzis arbeitenden, logischen Verstand, und in den Alpen war er noch nie gewesen.
    »Ziemlich klarer Fall, Sir. Meinen Sie nicht auch?« Nicolson sprach leise, beherrscht und ohne jede Anstrengung – seine Stimme entsprach genau der Art seines Ganges und seiner Haltung; doch sie hatte einen tiefen, vollen Klang, der es ihm ermöglichte, sich in einem Raum voll durcheinanderredender Leute oder durch das Heulen des Windes mit ungewöhnlicher Deutlichkeit hörbar zu machen, ohne sich sonderlich anstrengen zu müssen. Er zeigte mit der Hand durch die Scheibe nach draußen. »Alle Anzeichen sprechen dafür. Das Barometer fällt wie ein Stein. Es ist eigentlich nicht die Jahreszeit dafür, und ich habe auch noch nie von einem tropischen Sturm in diesen Breiten gehört, trotzdem fürchte ich, wir werden ein bißchen Wind bekommen.«
    »Sie sind ein Genie im Untertreiben, Mister Nicolson«, sagte Findhorn trocken. »Und sprechen Sie, wenn es sich um einen Taifun handelt, bitte nicht respektlos von ›ein bißchen Wind‹. Er könnte es hören.« Er machte eine kurze Pause, lächelte, und fuhr dann leise fort: »Ich hoffe sogar, er hat es gehört, Mister Nicolson. Ein Taifun wäre jetzt eine Gottesgabe.«
    »Das wäre er wahrhaftig«, murmelte Nicolson. »Und er würde Regen bedeuten. Viel Regen?«
    »Eimerweise!« sagte Kapitän Findhorn. »Regen, grobe Seen und Windstärke zehn oder elf – und von der japanischen Armee oder Flotte dürfte uns kein Schwanz heute nacht beehren. Welcher Kurs liegt an, Mister Nicolson?«
    »Hundertdreißig, Sir.«
    »Den wollen wir beibehalten. Dann erreichen wir morgen gegen Mittag die Straße von Carimata, und das bedeutet jedenfalls eine Chance. Aus dem Weg gehen wir nur der vereinigten japanischen Flotte, und zurückweichen werden wir vor gar nichts.« Kapitän Findhorns Augen blickten ruhig, ohne jede Erregung. »Meinen Sie, daß irgend jemand unterwegs ist, um nach uns Ausschau zu halten, Mister Nicolson?«
    »Kaum, mit Ausnahme von ein paar hundert Fliegern und jedem Schiff im Chinesischen Meer.« Nicolson lächelte kurz, das Lächeln ließ die Fältchen an seinen Augen weiß werden und war wieder verschwunden. »Ich zweifle, ob es im Umkreis von fünfhundert Meilen irgendeinen unserer kleinen gelben Freunde gibt, dem es nicht bekannt ist, daß wir heute nacht aus Singapur ausgebrochen sind. Wir müssen der verlockendste Leckerbissen seit der Versenkung der Prince of Wales sein, und das Maul wird entsprechend weit aufgesperrt sein. Die Japaner werden jeden Ausgang abgekämmt haben – Macassar, Singapur, Durian und Rhio – und die Herren im Generalstab werden Anfälle bekommen und sich zu Dutzenden in ihre Schwerter stürzen.«
    »Und die Tjombol-Straße und Temiang haben sie nicht kontrolliert?«
    »Ich nähme an, die Japaner sind einigermaßen vernünftig und höflich genug, uns gleichfalls dafür zu halten«, sagte Nicolson nachdenklich. »Kein vernünftiger Mensch würde auf die Idee kommen, mit einem großen Tanker bei Nacht durch dieses Gewässer hier zu fahren, nicht bei dem Tiefgang, den wir haben, und nirgendwo ein Licht in Sicht.«
    Kapitän Findhorn senkte den Kopf. »Sie haben eine ausgesprochen charmante Art, Komplimente zu machen, Mister Nicolson.«
    Nicolson sagte nichts. Er wandte sich um und ging hinüber auf die andere Seite der Brücke, vorbei an dem Rudergänger und Vannier, dem Vierten Offizier. Das Geräusch seiner Schritte war kaum lauter als das Rascheln fallender Blätter. Am anderen Ende der Brücke blieb er stehen, sah durch die Scheibe der Tür an Steuerbordseite hinaus auf die dunstig-verschwommene Silhouette der Insel Linga, die sacht im Purpur des fernen

Weitere Kostenlose Bücher