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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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gedacht habe.«
    Die Insel war rund eine halbe Meile von dem U-Boot entfernt. Als sie ein Viertel des Weges hinter sich hatten, bückte sich Nicolson, nahm eine der beiden Rauchbojen, die zur Ausrüstung des Rettungsbootes gehörten, entfernte den Verschluß, riß die Zündung an und warf die Boje im nächsten Augenblick über Bord, eben weit genug, daß sie nicht gegen Sirans Boot trieb. Sobald sie auf das Wasser aufschlug, begann sie eine dicke Wolke gelbroten Rauchs zu entwickeln, eine Rauchwolke, die fast unbeweglich in der windstillen Dämmerung hing, ein undurchsichtiger Vorhang, der sie der Sicht des Feindes entzog. Ein oder zwei Minuten später schlugen von dem U-Boot her Schüsse durch den gelben Rauch, pfiffen über sie hinweg oder klatschten neben ihnen ins Wasser, keine Kugel aber kam ihnen nahe genug, um irgendwelchen Schaden anzurichten. Die Japaner schossen wahllos und in blinder Wut. Vier Minuten, nachdem Nicolson die erste Nebelrakete, die jetzt zischend am Erlöschen war, über Bord geworfen hatte, folgte ihr die zweite, und lange bevor auch diese ausgebrannt war, hatten sie ihre Boote auf Strand gesetzt und waren sicher auf der Insel gelandet.

Neuntes Kapitel
    E s war kaum eine Insel zu nennen, ein Inselchen vielleicht, aber mehr auch nicht. Ein Oval, nicht länger als dreihundert Meter und etwa fünfzig Meter breit. Allerdings kein vollkommenes Oval: rund hundert Meter von der Spitze hatte das Meer auf beiden Seiten tiefe Einbuchtungen ausgespült, die sich ziemlich genau gegenüberlagen, so daß die Insel beinah in zwei Hälften geteilt war. In der auf der Südseite gelegenen Bucht – Nicolson war vorsichtshalber vor der Landung um die Insel herumgefahren – hatten sie die Boote auf Strand gesetzt und an ein paar schweren Steinen vertäut.
    Das schmale Ende der Insel, östlich der beiden Buchten, war flach, steinig und kahl, doch der westliche Teil wies Vegetation auf, niedriges Gestrüpp und verkümmertes Lalanggras, und stieg nach der Mitte zu bis auf etwa fünfzehn Meter an. Auf der Südseite dieser Anhöhe war eine kleine Vertiefung, kaum mehr als eine flache Pfanne, ungefähr auf halbem Hang, und zu dieser Senke führte Nicolson die Passagiere, kaum daß die Boote den Grund berührt hatten. Der Kapitän und Korporal Fraser mußten getragen werden, doch es war nur ein kurzer Weg, und innerhalb von zehn Minuten nach dem Aufsetzen der Boote hockten alle im Schutz der Vertiefung, umgeben von dem gesamten Proviant, den sie von der Viroma her mitführten, dem Trinkwasservorrat und der beweglichen Bootsausrüstung, einschließlich der Riemen und der Riemendollen.
    Mit Sonnenuntergang hatte eine leichte Brise eingesetzt, und von Nordosten her begann der Himmel sich langsam zu beziehen. Die Wolken verdeckten die ersten Sterne, doch es war immer noch hell genug, daß Nicolson sein Glas benutzen konnte. Er starrte fast zwei Minuten lang hindurch, dann setzte er es ab und fuhr sich über die Augen. Er spürte, wenn er es auch nicht sehen konnte, daß alle in der Senke ihn mit gespanntem Schweigen beobachteten – alle, bis auf den Kleinen, den man in eine Decke gewickelt hatte, und der schon am Einschlafen war.
    »Nun?« fragte Findhorn schließlich.
    »Sie fahren um die westliche Spitze der Insel, Sir. Ziemlich dicht unter Land.«
    »Ich höre aber gar nichts.«
    »Sie benutzen offenbar ihre elektrischen Maschinen. Warum, weiß ich auch nicht. Daß sie uns nicht sehen können, bedeutet ja noch nicht, daß wir sie nicht sehen können. So dunkel ist es gar nicht.«
    Van Effen räusperte sich. »Und was meinen Sie, Mister Nicolson, was sie vorhaben?«
    »Keine Ahnung. Das liegt leider ganz bei ihnen. Wenn sie ihre schwere Kanone oder ihr Flakgeschütz noch hätten, könnten sie uns hier innerhalb von zwei Minuten ausräuchern.« Nicolson zeigte auf den niedrigen Kamm, der die Senke nach Süden begrenzte; er war kaum zwei Meter entfernt, aber in der Dunkelheit eben noch zu erkennen. »Vor Gewehrfeuer sollte uns das da schützen, denke ich, wenn wir ein bißchen Glück haben!«
    »Und wenn es das nicht tut?«
    »Darüber können wir uns immer noch den Kopf zerbrechen, wenn es soweit ist«, gab Nicolson kurz zur Antwort. »Vielleicht werden sie versuchen, an verschiedenen Stellen Männer an Land gehen zu lassen, um uns zu umzingeln. Vielleicht versuchen sie auch, frontal anzugreifen.« Er hatte wieder das Glas vor den Augen. »Soviel ist jedenfalls klar: sie können nicht einfach nach Hause gehen und

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