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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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um die Haltung des Westens in dieser Frage zu koordinieren. »Doch bleibt die Bereitschaft gering, dem Frontenwechsler Somalia aus der Notlage zu helfen, zumal die als eigentliche Interessenvertreter des Westens am Horn geltenden Regierungen in Kenia und Dschibuti den somalischen Irredentismus fürchteten«, schreibt Tim Geiger. Bei der Landung der »Landshut« in Mogadischu hätten sich die deutsch-somalischen Bezie 146 hungen »also in einem alles andere als belastungsfähigen Zustand« befunden.
    Bundeskanzler Helmut Schmidt macht Präsident Siad Barre am Morgen des 17.   Oktober 1977 , als die entführte »Landshut« auf dem Flugplatz von Mogadischu steht, sofort ein weitreichendes Angebot: Die Somalier könnten bei einem Entgegenkommen in dieser Situation – also wenn sie zustimmen, dass deutsche Kräfte eine Befreiungsaktion auf dem Flugplatz von Mogadischu unternehmen – »mit aller Hilfe von deutscher Seite« rechnen. Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski erhält die Vollmacht, zwar keine Waffenlieferungen zu versprechen – Waffenlieferungen in politische Krisengebiete sind für die Bundesregierung ein Tabu –, aber zum Beispiel die Lieferung von Gerät, auf dem Waffen installiert werden können. Später nimmt Bundeskanzler Helmut Schmidt diesen Vorbehalt im Telefonat mit Hans-Jürgen Wischnewski zurück. Nachdem Siad Barre der Befreiungsaktion, die obendrein erfolgreich verläuft, zugestimmt hat, ist der Dank der deutschen Politik an die Somalier überschwänglich. »Wir werden Ihnen das nie vergessen«, telegrafiert Helmut Schmidt schon in der Nacht zum 18.   Oktober an den somalischen Präsidenten. Der somalische Botschafter in Deutschland darf an einer Sitzung des Bundeskabinetts teilnehmen (für einen Botschafter eine seltene Ehre) und wird in einer Sitzung des Bundestages in der Woche nach der Geiselbefreiung mit Ovationen begrüßt.
    Bereits Ende Oktober 1977 erreicht den früheren Verhandlungsführer der Deutschen in Mogadischu, Michael Libal, die Bitte der somalischen Regierung um militärische und politische Unterstützung im Konflikt mit Äthiopien. Am selben Tag beschließt die Bundesregierung ein Soforthilfeprogramm für Somalia mit einem Kreditrahmen von 25 Millionen Mark und technischer Hilfe – Traktoren, Planierraupen sowie 30 Zehntonner-Lastwagen, auf die Waffen montiert werden können – im Wert von rund sechs Millionen Mark. Wenige Tage später stellt der Bundeskanzler dem somalischen Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland auch 147 Geld zum Kauf von Waffen in Aussicht. Am 13.   November 1977 bricht Somalia endgültig mit dem Ostblock. Es kündigt den 1974 geschlossenen Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion. Zugleich macht es Druck auf die westlichen Staaten, auch auf die Bundes­republik Deutschland, ihm militärisch und politisch zu helfen.
    Tim Geiger schildert, dass sich jetzt vor allem Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski und Bundeskanzler Helmut Schmidt für Somalia ins Zeug legen, auch gegen den Widerstand der Bonner Ministerialbürokratie. Von den für 1977 / 78 zugesagten Mitteln an Somalia werden 25 Millionen Mark in »Warenhilfe« umgewandelt, 1979 soll weitere »Warenhilfe« fließen. »Warenhilfe« bedeutet Bargeld, mit dem die somalische Regierung Waffen kaufen kann. Somalia erhält von der Bundesrepublik Deutschland 1977 / 78 technische Güter und »Warenhilfe« im Gesamtwert von 76 Millionen Mark.
    Die Bundesrepublik Deutschland liefert Somalia zwar nicht selbst Waffen, aber sie vermittelt dem afrikanischen Staat welche. Der somalische Botschafter in Deutschland erklärt, Somalia wolle russische Waffen in Ägypten kaufen, das sich politisch schon länger von der Sowjetunion losgesagt hat. Bundeskanzler Helmut Schmidt ist mit Ägyptens Präsident Anwar El-Sadat persönlich befreundet und trifft ihn ohnehin um die Jahreswende 1977 / 78.   Noch vor dem 15.   Januar 1978 wird die zugesagte »Warenhilfe« an Somalia ausgezahlt. Die Somalier können mit den Ägyptern ins Geschäft kommen. Tim Geiger zieht das Fazit, »dass die Bundesregierung als Preis für Mogadischu ihre sonst so strikte Zurückhaltung bei Rüstungs(bei)hilfen in Kriegsgebiete bis zur Grenze des Vertretbaren auflockerte«.
    Schwerer zu beziffern – im Volumen viel kleiner, aber für die betroffenen Menschen von großer Bedeutung – ist die humanitäre Hilfe der Bundesregierung. Der Somalier Ahmed Dahir zum Beispiel konnte mit seiner elfköpfigen Familie nach Deutschland

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