Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
Millionen!«
Yayoi schien vollkommen perplex zu sein, da Masako, die bisher keinenYen gewollt hatte, nun plötzlich doch über Geld sprach. »Ja, in Ordnung, aber... was ist denn auf einmal in dich gefahren?«
»Ich möchte ein bisschen Kapital haben, für alle Fälle. Gibst du es mir, ja? Bitte!«
»Ja, natürlich. Ich stehe schließlich tief in deiner Schuld.«
»Danke!«
Nachdem Masako aufgelegt hatte, fühlte sie sich nicht mehr ganz so abgeschlagen, und ihr Kampfgeist kehrte allmählich zurück. Also wurde der Betreiber des Spielkasinos als Hauptverdächtiger angesehen! Sie wusste zwar nicht, wie ernst es der Polizei damit war, aber sie selbst waren, für den Augenblick jedenfalls, außer Gefahr – so durfte man das wohl sehen. Oder war auch das wieder zu optimistisch gedacht? Vielleicht, weil sie sich sicher und erleichtert fühlte, wurde Masako bald vom Schlaf übermannt.
8
Der August neigte sich dem Ende zu, ein Taifun war übers Land gezogen, und endlich wehte der erste erfrischende Herbstwind, als Satake wegen Überschreitung der Höchstdauer aus der Untersuchungshaft entlassen wurde.
Langsam stieg er die Außentreppe des Gebäudes hoch, in dem sich seine beiden Etablissements befanden. Auf dem Treppenabsatz lagen Werbezettel für einen Massagesalon verstreut. Satake bückte sich, sammelte sie auf, knüllte sie zusammen und stopfte sie in die Taschen seines schwarzen Jacketts. Zu Zeiten, als das »Mika« und das »Amusement Parco« noch florierten, wäre ein solcher Anblick undenkbar gewesen. Das ganze Gebäude wirkte heruntergekommen, nur weil diese beiden gut gehenden Adressen geschlossen waren.
Plötzlich spürte er Blicke und sah auf. Der Barkeeper von der Bar am Flurende des ersten Stocks starrte ihn ängstlich und entgeistert an. Es war der Mann, der bezeugt hatte, dass er sich mit Yamamoto geprügelt hatte, das wusste Satake. Beide Hände noch in den Jacketttaschen, starrte er mit blitzenden Augen zurück.
Hastig zog der Barkeeper die dunkelviolette Glastür vor sich zu. Scheinbar hatte er nicht damit gerechnet, dass Satake so bald schon wieder auf freiem Fuß sein würde. Während er immer noch die Blicke des Mannes auf sich fühlte, der ihn durch die Glastür hindurch weiter anstarrte, schaute Satake traurig auf das ausgezogene und in der Ecke zusammengerollte Kabel der Leuchtreklame des »Mika«. An der Eingangstür klebte ein Zettel mit der Aufschrift: »Wegen Umbauarbeiten geschlossen«.
Obwohl man ihn angeblich wegen widerrechtlichen Betreibens eines Spielsalons und des Verdachts auf Kuppelei in Untersuchungshaft genommen hatte – wovon lediglich das Betreiben des Spielsalons zur Anklage zugelassen worden war -, hatte man ihn nur wieder auf freien Fuß gesetzt, weil keine hinreichenden Beweise für einen dringenden Tatverdacht im Mordfall um die zerstückelte Leiche, dem eigentlichen Grund für seine Festnahme, vorlagen. Satake, der nur allzu gut wusste, dass mit der Polizei nicht zu spaßen war, betrachtete das schon als großes Glück. Trotzdem war der Schaden, den er hinnehmen musste, beträchtlich. Sein Reich, das er sich in rund zehn Jahren aufgebaut hatte, war nur noch ein Trümmerfeld, aus dem ein Berg von Schulden ragte. Am meisten schmerzte ihn jedoch, dass seine Vergangenheit allgemein bekannt geworden und dadurch sein Ruf ruiniert war. Das würde einen Neuanfang so gut wie unmöglich machen.
Satake riss sich zusammen und nahm die Außentreppe in den
zweiten Stock hinauf, denn er war im »Amusement Parco« mit Kunimatsu verabredet. Aber das »Parco«, sein Lieblingskind, gab es nicht mehr. Die massive Holztür, die ihn so viel Geld gekostet hatte, sah zwar aus wie immer, doch darüber hing ein Schild mit der Aufschrift »Dōng Fēng«, der Name der Mah-Jongg-Höhle, die sich jetzt dahinter befand. Scheu öffnete Satake die Tür zu den Räumen, die nun einem anderen gehörten.
Kunimatsu war allein.
»Hallo.«
»Satake-san! Schön, Sie zu sehen.«
Drinnen war es ziemlich düster. Nur über dem Mah-Jongg-Tisch, an dem Kunimatsu saß, war Licht. Es wirkte, als hätte man einen Scheinwerfer auf ihn gerichtet. Kunimatsu hob den Kopf und lächelte Satake an. Er schien ein wenig abgenommen zu haben und hatte auffällig dunkle Ringe unter den Augen, aber das mochte an der Beleuchtung liegen.
»Verdammt lange her.«
»Ja, Sie haben eine Menge durchmachen müssen.« Kunimatsu erhob sich halb von seinem Stuhl, um ihn zu begrüßen.
»Und Sie klappern wieder mit Steinen,
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