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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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stämmig und unauffällig gekleidet in Arbeitshose und Windjacke. Sein Gesicht konnte man nicht erkennen, da er eine Kappe trug. Aber im Moment, als er ihn sah, bekam Jūmonji am ganzen Körper Gänsehaut. Warum, wusste er nicht.
    »Soga mein Name, Toyozumi-Gesellschaft«, begrüßte ihn Soga.
    »Was ist denn hier los? Großer Empfang oder was?«, erwiderte der Mann mit undeutlicher, leiser Stimme.
    »Nun, verzeihen Sie, aber es beschäftigt mich ehrlich gesagt ein wenig, dass Sie nicht über meine üblichen Verbindungen an mich herangetreten sind. Von wem bitte haben Sie von dieser Sache erfahren, wenn ich fragen darf?«
    »Das kann Ihnen doch egal sein!«
    »Hören Sie...«
    »Ach, Schnauze!« Der Mann riss eine Papiertüte aus der Jackentasche und warf sie Soga entgegen. Der fing sie auf und prüfte den Inhalt. Jūmonji spähte hinüber und konnte deutlich
zehn von Banderolen gehaltene Bündel mit Zehntausend-Yen-Scheinen erkennen.
    Nachdem er sich von der Richtigkeit der Summe überzeugt hatte, nickte Soga und gab Jūmonji ein Zeichen mit dem Kinn. »Okay, in Ordnung. Legt los!«
    Geräuschvoll zog der Mann die Heckklappe des Kombis auf. Im düsteren Wageninneren konnte Jūmonji die Umrisse eines menschlichen Körpers ausmachen, der in eine Decke gewickelt war. Ein kurzer, rundlicher, üppiger Körper. Doch nicht etwa eine Frau!, dachte Jūmonji und blieb wie angewurzelt stehen. Er hatte nie damit gerechnet, dass man ihm eine tote Frau liefern könnte.
    »Mach dir nicht in die Hose!«, bellte der Mann Jūmonji scharf an und zog die Leiche aus dem Wagen. Hastig liefen der Blonde und der Glatzkopf herbei und fassten mit an. Die Leiche plumpste auf den Asphalt, und im selben Moment schlug der Mann die Heckklappe auch schon wieder zu. Ohne sich noch einmal umzusehen, stieg er wieder ins Auto und setzte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Das für das Fahren im Rückwärtsgang typische, überdrehte Heulen des Motors hallte über die stockdunkle Straße. Der Kombi wurde kleiner und kleiner und verschwand schließlich in der Dunkelheit.
    Alles war sehr schnell gegangen.
    »Der konnte einem ganz schön Angst machen, was?«, sagte Jūmonji.
    Darauf zischte Soga nur leise: »Blödmann! Die, die einen umgelegt haben, sind immer ein ganz anderes Kaliber, das ist doch klar!«
    Ob dieser Mann die Frau hier selbst umgebracht hatte? Entsetzt starrte Jūmonji auf die kurze, fest in eine Decke gewickelte und mit einem Seil zu einer kompakten Rolle verschnürte Menschengestalt.
    »Wieso hat er bloß das ganze Stück zurückgesetzt?«
    »Bist du blöd, oder was? Natürlich, um zu verhindern, dass wir sein Nummernschild erkennen! Außerdem wollte er sichergehen, dass wir ihm nicht folgen.«
    Jūmonji zitterte plötzlich wie Espenlaub. Siedend heiß hatte ihn endlich die Erkenntnis gepackt, dass er da in eine furchtbare Sache verwickelt war. Die Gänsehaut vorhin war ein Vorzeichen dafür gewesen.

    »Hier, nimm das und mach, dass du wegkommst!« Soga pickte drei Banknotenbündel aus der Papiertüte und schleuderte Jūmonji den Rest vor die Brust.
    »Hm.« Jūmonji stopfte sich die Tüte mit einigen Schwierigkeiten in die Jacketttasche.
    Der Blonde und der Glatzkopf mühten sich ab, die Leiche in den Maxima zu laden. Wortlos stand Soga da, so als hätte er auf etwas Bitteres gebissen.
    »Das ist eine Frau, nicht?«
    »Scheint so.« Soga drehte sich zu ihm um. Er lächelte nicht. »Womöglich ein Schulmädchen.«
    »Hören Sie auf!« Es lag nicht nur an der Kälte kurz vor Morgengrauen, dass er plötzlich fror. Mit lautem Knall fiel der Kofferraumdeckel ins Schloss. Die beiden jungen Männer streiften sich immer wieder die Hände ab, so als hätten sie etwas Schmutziges angefasst, und rümpften die Nase, als würde es stinken.
    Soga gab Jūmonji noch einen Klaps auf die Schulter: »Tja, dann will ich mal wieder. Halt die Ohren steif, klar?«
    »Soga-san?« Jūmonji fürchtete sich davor, allein zurückgelassen zu werden, und sah Soga in die Augen. Der fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen.
    »Was? Geht dir etwa der Arsch auf Grundeis?«
    »Nein, nein.«
    »Vermassel das hier nicht, hörst du? Das könnte verdammt gefährlich werden.« Damit gab Soga dem bei geöffneter Wagentür wartenden Glatzkopf das Zeichen zum Aufbruch. Kaum dass Soga eingestiegen war, brauste der Gloria auch schon in die Richtung davon, aus der er gekommen war – wie auf der Flucht. Sofort war die Straße wieder stockdunkel.

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