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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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Männer, entdeckte Masako und grüßte sie überschwänglich. Mit dem Wissen im Hinterkopf, dass sie ihn zuvor abgewiesen hatte, als er sie begleiten wollte, konnte man meinen, er mache sich lustig über sie.
    »Einen wunderschönen Guten Abend!«
    Als hätten seine Worte die Wirkung von Schmieröl besessen, setzten sich ihre Beine wieder in Bewegung. Kurz entschlossen ging Masako auf den Kreis der Männer zu und fragte den Wachmann: »Können Sie mir sagen, wer mit diesem Auto da gekommen ist?«
    »Mit welchem?«, fragte der Wachmann leichthin zurück.
    »Mit dem grünen Golf da.« Masakos Stimme klang rau.
    »Tja, woll’n wir mal sehn...« Der Wachmann holte das Registrierbuch, in dem die Kfz-Nummern aufgeführt waren, aus dem Wachhäuschen und sah im Schein seiner Taschenlampe darin nach. »Kuniko Jōnouchi steht hier. Hm, sie arbeitet in der Frühschicht, das heißt...«
    Das wusste sie alles längst. Ungeduldig unterbrach Masako ihn: »Steht da nicht, dass sie aufgehört hat?«
    »Ach, richtig: gekündigt. Ja, ist vermerkt. Vor sechs Tagen schon – merkwürdig.« Der Wachmann zog die Augen zu Schlitzen zusammen, um sich dieses Eintrags noch einmal zu vergewissern. Dann legte er die Hand an die Stirn und schaute zu dem Golf herüber. »Wirklich merkwürdig. Ihr Wagen steht da, eindeutig. Vielleicht hat sie hier noch etwas zu erledigen...«
    »Seit wann steht der Golf da?«
    »Tja...« Der Wachmann schaute die Lastwagenfahrer an. »Das haben wir wohl nicht mitbekommen. Mein Dienst beginnt um sieben Uhr abends.«
    »Stand er nicht schon letzte Nacht da?«, meinte einer der Lastwagenfahrer, während er sich den Mundschutz festhielt, den er bis zum Kinn heruntergezogen hatte, um rauchen zu können.

    »Nein, stand er nicht.«
    »Aha. Ja dann. Wenn Sie das sagen, kann schon sein...«, erwiderte der Fahrer ein wenig beleidigt über Masakos prompte Verneinung.
    »Ja, tut mir Leid.«
    Kaum drei Tage waren vergangen, seit sie Kuniko zerstückelt hatten. Masakos Nerven lagen blank wie ein eingerissenes, entzündetes Nagelbett, das beim kleinsten Lufthauch schmerzte. Sie bemühte sich, die Angst zu unterdrücken, die ihren Körper ins Wanken brachte, und versuchte, die Wirklichkeit, die augenblicklich um sie herum ablief, so gut es ging zu akzeptieren. Aber die Ungeheuerlichkeit der Ereignisse traf sie ins Mark und beeinträchtigte ihr Hirn so sehr, dass sie Schwierigkeiten bekam, Realität und Traum zu unterscheiden.
    Der andere Lastwagenfahrer fragte die plötzlich so still gewordene Masako: »Wieso interessiert Sie das eigentlich so?«
    Masako kam wieder zu sich. »Ach, ich wundere mich nur, weil sie doch aufgehört hat in der Fabrik. Haben Sie wirklich nicht gesehen, wer hinter dem Steuer gesessen hat?«
    »Aber woher denn? Ich weiß ja nicht einmal, seit wann der Wagen da steht, da werde ich Ihnen das bestimmt nicht verraten können!«, antwortete der Wachmann unwillig und blätterte immer wieder durch die Seiten des Registrierbuchs.
    »Okay, vielen Dank«, sagte Masako artig und machte sich auf den Weg durch die Dunkelheit zur Fabrik. Da spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Eine große, warme Hand.
    »Soll ich Sie heute Abend nicht lieber begleiten?« Der Wachmann stand hinter ihr. Masako schaute auf sein Namensschild: »Satō« war darauf zu lesen.
    »Ah …«
    »Sie sehen aus, als wäre Ihnen nicht gut.«
    Masako war zu verwirrt, um eine Antwort herauszubringen. Wenn sie ehrlich war, wollte sie zwar einerseits tatsächlich von diesem Mann begleitet werden, aber gleichzeitig auch alleine weitergehen, um nachdenken zu können.
    Der Wachmann lachte. »Ich dachte nur, weil Sie es beim letzten Mal abgelehnt haben, von mir begleitet zu werden. Habe ich vielleicht etwas Unpassendes gesagt?«

    »Nein. Gut, begleiten Sie mich ein Stück.«
    Der Wachmann nahm die Taschenlampe ab, die er um den Hals hängen hatte, schaltete sie ein und ging vor ihr her. Nachdem sie sich einmal zum Parkplatz umgedreht hatte, um sich davon zu überzeugen, dass Kunikos Golf immer noch dort stand, folgte Masako ihm. Der Wachmann hatte einen schnellen Schritt und war schon einige Meter von ihr entfernt.
    »Heute scheint es Ihnen irgendwie nicht gut zu gehen. Ist alles in Ordnung?«
    Dort, wo rechter Hand die Wohnhäuser aufhörten, war das dunkelste Teilstück der Strecke. Alles, der Weg und die Gebäude in der Umgebung, verschmolz mit der Finsternis. Nur am Himmel war das schwache Leuchten zweier Sterne zu sehen. Der Wachmann blieb

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