Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Un-Heilige Schrift

Die Un-Heilige Schrift

Titel: Die Un-Heilige Schrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmuth Santler
Vom Netzwerk:
PR-Maßnahme getroffen. Im heutigen Businessjargon ist von der USP die Rede, der „Unique Selling Position“, also dem, was eine Ware oder Dienstleistung einzigartig und von allen anderen unterscheidbar macht. Noch brutaler bringt es der Ausspruch „differentiate or die“ (unterscheide dich oder stirb) auf den Punkt.
    Auch das frühe Christentum benötigte in der Konkurrenz einer Vielzahl von Sekten, Bewegungen, Splittergruppen, im Wirrwarr von judaistischen, priestertreuen, romfeindlichen, nationalistischen, romfreundlichen, hellenistischen, gnostischen und sonstigen Denkströmungen etwas, das sich aus der Masse abhob, das die Bewegung einzigartig machte.
    Die Tatsache, dass von Paulus die frühesten neutestamentarischen Schriften überliefert sind, die mindestens 20 Jahre vor den ersten Evangelien entstanden und überwiegend tatsächlich von Paulus verfasst worden sein dürften, macht deutlich, wie bedeutend die Rolle dieses Mannes für die Entstehung der christlichen Kirche ist. Und da an der Institution Kirche wahrhaftig einiges nicht in Ordnung und kritikwürdig ist, um es einmal ganz diplomatisch zu formulieren, gelangt man auf der Suche zwangsläufig irgendwann an die Wurzeln für den heutigen Zustand der Vatikan-AG. Und die stärkste dieser Wurzeln trägt nun einmal den Namen Paulus.
Baigent und Leigh interpretierten Texte, die sie gar nicht kannten
    All diese nachvollziehbaren Motive können die Autoren Baigent und Leigh nicht wirklich entlasten: Sie haben dreiste Lügen und wilde Spekulationen jenseits alles Faktischen als Tatsachen verkauft und es dabei noch nicht einmal der Mühe Wert befunden, auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass auch andere Meinungen Gültigkeit haben könnten.
    Otto Betz und Rainer Riesner decken mit fühlbarem Genuss den plumpen Schwindel auf:
    Im Eifer der Lektüre des Buches „Verschlusssache Jesus“ haben viele offenbar übersehen, dass mindestens ein wesentliches Bindeglied in dieser Detektiv-Story fehlt. Baigent und Leigh behaupten, dass die bisher unveröffentlichten Qumran-Texte von einem revolutionären Urchristentum sprechen. Aber die unveröffentlichten Texte waren doch geheim, so geheim, dass die beiden Journalisten sie auch nicht gesehen haben. Die Verschwörer hielten so eisern zusammen, dass Baigent und Leigh offenbar nicht einmal von jemandem etwas über den ungefähren Inhalt in Erfahrung bringen konnten. Trotzdem kannten ihn die beiden auf irgendeine wundersame Weise. Wer für solchen Wunderglauben nicht zugänglich ist, der muss schlicht feststellen: Entgegen den auf dem Klappentext geweckten Erwartungen („bislang unbekannte Texte über die Urchristen“) veröffentlichten Baigent und Leigh kein einziges neues Qumran-Dokument. (Otto Betz, Rainer Riesner: Jesus, Qumran und der Vatikan, S. 45 f.)

Der wirkliche Gehalt
    Nach den ersten Funden war eine „eindeutige“ Erklärung rasch gefunden: Siedlung, Höhlen und Rollen hatten mit den Essenern zu tun, einer streng asketischen Sekte in jüdischer Tradition. Das Wort Essener bedeutet „die Frommen“. Diese Frommen hätten in der Siedlung Qumran ihre Schreibwerkstätten und rituellen Reinigungsbäder gehabt und in rein männlicher, zölibatärer, monastischer Gemeinschaft gelebt.
    Der Hauptgrund für diese rasche Einschätzung ist die in den Qumran-Höhlen entdeckte „Damaskusschrift“, deren Inhalt bereits Jahre zuvor bekannt und essenischen Kreisen zugeordnet worden war.
    Mittlerweile ist eigentlich nur noch eines klar: wenig. Man kann nicht mit Sicherheit sagen, ob Essener in Qumran gelebt haben, da neuere archäologische Funde eindeutig belegen, dass Männer und Frauen hier gemeinsam gelebt haben, was eine zölibatäre monastische Gemeinschaft ausschlösse; allerdings deuten anderswo aufgetauchte Hinweise auf die Essener wiederum an, es könnte zwei Formen des gelebten Essenertums gegeben haben, eines davon mit Männern und Frauen …
Die Beziehungen zwischen Schriftrollen, Qumran und den Essenern sind vollkommen rätselhaft.
    Von einem ganz normalen Dorf mit Dattelbauern und Viehzüchtern über eine minderwichtige Befestigungsanlage oder dem Gutshof eines reichen Juden bis hin zur Keramikwerk- oder Parfümproduktionsstätte reichen die Interpretationen, und für alles lassen sich „Belege“ finden.
    Detto ist nicht klar, ob die Rollen überhaupt in Qumran entstanden sind oder lediglich zur Sicherstellung (Niederschlagung des jüdischen Aufstands durch die Römer um 70 n. Chr., Zerstörung des

Weitere Kostenlose Bücher