Die unbeugsame Braut
sie ein natürliches, alltägliches Ereignis und nicht weiter der Rede wert war. Die Leute liebten und respektieren John, weil er ihnen mit reichen Gaben, die er ihnen Jahr für Jahr zukommen ließ, das harte Leben etwas erleichterte.
»Euretwegen lohnt sich meine Arbeit. Wenn ich euch glücklich, gesund und in gesicherten Verhältnissen sehe, ist das für mich tausendfacher Lohn. Und es ist mir eine große Ehre, euch frohe Weihnachten und ein glückliches neues Jahr zu wünschen.«
Mit Rührung sah John, wie sein Sohn lachend mit einem Papierhut auf dem Kopf umhersprang und mit den anderen Kindern spielte. Seine älteren Söhne hätten mit diesen lieben, unverdorbenen
Dorfjungen nicht so unbefangen umgehen können, da man ihnen auf der vornehmen Westminster School längst Standesdünkel beigebracht hatte. Johnny aber, der nach Freude und Kameradschaft hungerte, erlebte den schönsten Tag seines Lebens.
Das Bild der lachenden Georgina Gordon stand ihm deutlich vor Augen. Sie besitzt so viel Lebendigkeit und Lebensfreude wie nur wenige Damen in ihren Gesellschaftskreisen. Kein Wunder, dass mein Bruder sich zu ihr hingezogen fühlt. Er stellte sie sich vor, wie er sie zuletzt gesehen hatte – die grünen Augen halb geschlossen und durch die Schlitze ihrer Maske vor Verlangen funkelnd. Er spürte noch immer ihre weiche Brust in seiner Hand, schmeckte noch immer die Honigsüße ihres Mundes. Wenn Francis ihr einen Antrag macht, wird sie die Frau meines Bruders. John wollte an diese Möglichkeit nicht denken, Er nahm sich vor, Georginas Bild nie wieder heraufzubeschwören.
In jener Nacht aber hatte er im Schlaf keine Macht über seinen Willen. Wieder suchte John der immer gleiche Traum heim, und wieder war die Identität seiner Begleiterin nicht mehr verborgen. Als er Georgina küsste, schmeckte ihr Mund nach köstlichem Lachen und sinnlicher Verheißung.
19
G eorgina, ich glaube, jetzt hast du den Verstand vollends verloren. Warum willst du zu Silvester und Neujahr nicht nach Woburn?« Jane ließ ihrer Tochter keine Zeit zur Antwort. »Der Duke of Bedford hat es sich nicht nehmen lassen, mich persönlich einzuladen, und war so großzügig, unsere ganze Familie für morgen zur Silvesterfeier und zum Neujahrsfrühstück zu bitten.«
»Ich fühle mich nicht wohl.« Eine Ausrede, die auf schwachen Füßen stand, wie sie wusste.
»Es ging dir gut genug, um die Kinder gestern Abend bei einem Gespensterumzug anzuführen, in weiße Laken gehüllt und laut kreischend. Und es ging dir gut genug, um heute Morgen über die Möbel zu klettern und lauthals jodelnd Bergsteiger zu spielen.«
»Vielleicht fühle ich mich deswegen nicht wohl.«
»Kein Wort mehr. Das ist meine Chance, mich mit Woburn Abbey gründlich vertraut zu machen. Die Spröde zu spielen, wird allmählich langweilig. Jetzt folgt die nächste Phase des Eroberungsfeldzuges.«
Ich dachte, ich könnte mich nur zum Spaß mit Bedford verloben. Da er nun aber erwartet, dass ich ihn heirate, ist das Spiel gar nicht mehr lustig. »Und was ist die nächste Phase?«
»Nun ja, er wird die Verteidigungsanlagen deiner Festung belagern.«
»Tja, das ist der richtige Moment, ihn mit siedendem Öl zu übergießen.«
Ihre Mutter fixierte sie mit steinernem Blick. »Das ist der Zeitpunkt der Hingabe, Miss Unverschämt.«
Nie und nimmer! »Ich komme nur unter der Bedingung mit, dass Charlottes Brut und Susans Kinder auch mitfahren und vor dem Feuerwerk zum Jahreswechsel nicht ins Bett müssen.« Eine Menschenmenge bietet Sicherheit, dachte sie.
»Der Herzog versicherte mir, dass alle Gordons willkommen seien. Du musst aber Charlotte und Susan fragen, ob ihre Sprösslinge bis Mitternacht aufbleiben dürfen.«
Georgina war wie der Blitz auf und davon. Ich konnte meine Schwestern bisher immer zu allem überreden, und heute wird es nicht anders sein.
Georgina war entzückt, als sie bei der Ankunft auf Woburn Abbey am frühen Abend des nächsten Tages sah, dass die Gordons nicht die einzigen Gäste sein würden. »Henry, Beth. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie beide auch da sein würden«, rief Georgina aus.
Lord Holland gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Ihr Strahlen wird das Feuerwerk in den Schatten stellen.« Er blickte zu den Kindern, die aus drei Kutschen quollen. »Die weiblichen Gordons sind offenbar sehr gebärfreudig.«
»Ist es bei Charlotte nicht jeden Tag so weit?«, fragte Beth. »Das Feuerwerk könnte die Wehen auslösen, und sie bekommt ihr Kind
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