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Die Unermesslichkeit

Die Unermesslichkeit

Titel: Die Unermesslichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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Schwachsinn zu machen. Rhoda blieb am Maschendrahtzaun und rief, um auf sich aufmerksam zu machen, aber natürlich konnte er sie unmöglich hören. Rund ein Dutzend knatternder Motoren. Mark in Tarnjacke und einer Russenmütze mit Ohrklappen. Sein Freund Jason in einer rosa Hello-Kitty-Jacke, nur so aus Scheiß.
    Rings um die Bahn standen alte Reifenstapel, dahinter der Zaun, dahinter die kaputten Wohnmobile einiger Fischer, die hier das ganze Jahr über wohnten, Marks Kumpel. Eine deprimierende Hölle, mit der Rhoda nichts mehr zu tun haben wollte. Ein Ort, an dem sie während der Highschooljahre ihr Dasein gefristet hatte, mit Haschisch und Sex am Rande von Kiesplätzen. Sie wollte vergessen, dass irgendetwas davon jemals passiert war.
    Sie nahm eine Handvoll Kiesel und warf sie nach Mark, als er um die Ecke sauste. Er schlitterte, hielt an, sah sie, grinste, winkte ab und stieg aufs Gas. Tok, mit einem Schal wie der Rote Baron, knallte von hinten auf ihn drauf und schob Marks Auto seitwärts indie Barriere. Toks Bruder Tollef kam um die Kurve geschossen und rammte Mark noch einmal, dass dieser gegen seinen Sitzgurt geschleudert wurde. Zeternd stieg Mark aufs Gas, um dort wegzukommen, und schaffte vielleicht zehn Meter, bevor Hello Kitty vorbeizischte und sich hinüberbeugte, um ihm in den Nacken zu klatschen. Aber dann befreite sich Mark und jagte ihnen hinterher.
    Rhoda ging durch eine Lücke im Zaun zu einer kleinen Tribüne, die einzige Zuschauerin. Auf dieser Tribüne hatte sie einmal mit Jason geschlafen, ein abstoßender Gedanke. Das war auch im Schnee gewesen, allerdings viel kälter, mitten im Winter. Daraus war nicht ihr Leben geworden; das war die Hauptsache.
    Sie schaute sich die rüden Gesten und Schweinereien, Donutschlachten und Karambolagen noch eine Viertelstunde an. Schwänze auf Rädern. Wartete, bis sie genug hatten und zum Eingang zurückschlenderten, einander anrempelten und die Hosen strammzogen. Sie gingen an ihr vorbei, ohne anzuhalten, Jason mit einem leisen Lächeln. Wir gehen zu Coolie’s, falls du ein Bier willst, warf Mark ihr über die Schulter zu.
    Hey. Ich bin hier, um mit dir zu reden.
    Bedauere, sagte er. Ich habe anderweitige Verpflichtungen. Er sagte das in seinem gespielten britischen Akzent und erntete natürlich prompt einen Lacher.
    Ich muss nach Caribou Island. Du kannst ein Boot besorgen.
    Mark blieb stehen, wenigstens das, und drehte sichum. Seine Freunde gingen weiter. Wieso musst du da raus?
    Unsere Eltern, sagte sie. Weißt du noch? Die Leute, die dich gezeugt und aufgezogen haben? Sie sind den ganzen Sturm über da draußen gewesen, in einem Zelt, und sind nicht zu erreichen. Ich muss wissen, ob es ihnen gutgeht.
    Es geht ihnen gut, sagte Mark und wandte sich ab.
    Hör zu, sagte Rhoda, aber ihr versagte die Stimme. Ihr kamen die Tränen. Ich weiß, dass du mich nicht magst, aber ich mache mir ernsthaft Sorgen um sie, und ich brauche deine Hilfe.
    Da wurde sie überrascht. Mark drehte sich um, kam zu ihr, nahm sie in den Arm und klopfte ihr auf den Rücken. Okay, sagte er. Entschuldigung. Ich besorge ein Boot. Wann willst du denn rüber?
    Heute?
    Für heute ist es zu spät. Wir wär’s mit morgen früh zehn Uhr, am unteren Campingplatz?
    Danke, Mark. Du kannst ja doch nett sein.
    Sollte nicht zur Gewohnheit werden, sagte er lächelnd. Bis morgen. Er trabte seinen Freunden hinterher.
    Dann fiel es ihr ein. Hey, rief sie. Ich heirate.
    Mark hob den Arm zum Zeichen, dass er verstanden habe, aber das war alles. Er drehte sich nicht um.
    Rhoda kehrte zur Arbeit zurück und nahm sich für den nächsten Tag frei. Sie hielt bis zum Abend durch und fuhr dann zu Jim nach Hause. Ein Riesenarsenal an Fitnessgeräten in der Mitte des Wohnzimmers, inMetallic-Hellblau. Jim in Lycra-Shorts und Unterhemd, gerade dabei, eine Stange hinter den Kopf zu ziehen.
    Wow, sagte sie. Was zum Teufel ist das denn?
    Das ist der Jim von morgen, sagte Jim. Ich habe noch mindestens zehn gute Jahre.
    Okay, sagte sie. Sie war sich nicht sicher, was sie da vor sich hatte. Das sollten schon mehr werden als zehn. Ich bin erst dreißig.
    No problemo, sagte er. Du lebst bald mit einem Knackarsch zusammen.
    Sie sah zu, wie er seine Trainingseinheit beendete. Zum Schluss war er außer Atem und rot im Gesicht, fleckig, Arme und Schultern sahen alt und schlaff aus.
    Du denkst nicht an andere Frauen, oder?
    Wie bitte?
    Dieses ganze Training auf einmal, kurz nachdem du mir einen Antrag gemacht hast. Sieht

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