Die Unermesslichkeit
durch dünne Eisschichten.
Wenn du willst, kannst du alles zu den Zelten tragen, und ich hole die Sachen vom Boot, sagte er.
Irene überlegte kurz. Gut, sagte sie.
Er würde wohl ungefähr fünfzig Mal über die glitschigen Steine laufen müssen. Über einen Anleger oder einen geeigneteren Strand hatte er nicht nachgedacht, als er dieses Grundstück kaufte. Ein weiteres Beispiel seiner unzureichenden Planung. Aber so was hier würden sie nicht oft machen müssen. Eine weitere Bootsladung würde ihnen bis zum strengen Frost reichen, dann würde er ein gebrauchtes Schneemobil kaufen und den Proviant damit transportieren. Irgendeine Art Lastschlitten. Die ganze Gegend wäre verwandelt. Eine offene weiße Ebene, keine Boote, und es stand kurz bevor.
Gary stellte sich vor, wie er übers Eis liefe, die Insel keine Insel mehr. Die Luft still, kein Laut. Friedlich.
Irene lange Zeit weg vom Strand. Bestimmt beim Umziehen, und das war gut so. Könnte ihnen den Rückweg heute ersparen. Gary holte weitere Konservenpaletten. Taube Beine, die Füße spürten die Steine nicht besonders.
Irene kam in trockener Kleidung zurück.
Besser?, fragte Gary, aber es kam keine Antwort. Irene hob eine Palette mit Baked Beans hoch und lief vorsichtig durch Gras und Erlendickicht. Der Schnee fiel jetzt kräftiger, die Welt am Verschwinden. Kein Berg, und der See kürzer. Abgeschottet, nur sie beide blieben und ihre Arbeit.
Hin und zurück, durchs Wasser staksend. Garys Beine nur noch Stümpfe. Er nahm alle Paletten herunter, die Bottiche mit Spachtelmasse, alles Schwere. Dann stemmte er sich an Bord und konnte an Land fahren.
Adler ist gelandet, sagte er zu Irene im Bemühen, etwas Aufheiterung zu bringen, aber sie war undurchdringlich. Nahm die nächste Palette und ging.
Gary lud weiter aus, dann half er, die Sachen zur Hütte zu tragen. Irene setzte sie einfach irgendwo ab.
Wie wär’s mit etwas System?, sagte er. Wir müssen die Sachen ordnen. Aber sie antwortete nicht.
Schön, sagte er und sah sich um. Kein Platz in den Zelten, und die Hütte musste frei bleiben zum Bauen. Also stapelte Gary alles an der Rückwand. Suppen und Baked Beans an einem Ende, Chili und Dosengemüse am anderen. Dazwischen die Säcke. Wenn ein Bär kam, hatten sie ein Problem, aber ein Bär war unwahrscheinlich hier draußen. Jede Menge am anderen Ufer, aber er hatte noch nie von welchen auf dieser Insel gehört.
Als er fertig war, saß Irene auf einem Baumstamm.
Das war’s?, fragte er.
Ja.
Wir sollten versuchen, ein paar Dachbalken anzubringen,sagte Gary und blickte sich um, aber er sah, dass es langsam dämmerte, die Welt dunkelblau wurde. Nach Winter aussah. Er konnte seinen Atem in der Luft sehen. Vielleicht ist es aber auch ein bisschen spät dafür.
Ich mach Suppe warm, sagte Irene.
Danke, sagte er. Er ging zum Strand, um die Chili-Palette herauszufischen, die sie fallen gelassen hatte. Ging ins Wasser, erneut kalt, die Wellen jetzt etwa dreißig Zentimeter hoch, das Wasser blaugrau und opak. Konnte nicht mal seine eigenen Füße sehen, aber er hatte die Schaufel mitgenommen, stocherte damit herum, fühlte eine Felsspitze. Ein neuartiger Fischer, ein Schürfer geradezu, der in die Tiefe stieß, um das zu finden, was sich ausgraben ließ. Was, wenn es tiefer ging? Er würde diesem steinigen Abhang hundert Faden hinab folgen, ins tiefe Tal, wo er im Schlick graben, große Haufen aufschichten würde wie Sand. Wer weiß, was man da entdecken konnte. Der Seefischer, so würden sie ihn nennen, und er würde alles finden, was je vergessen worden war. Eine Kindheit neben einem alten Schuh, einen verrosteten Motor voller Gedanken an einen Sommernachmittag. Er würde alles finden, was es jemals gegeben hatte. Wasser hat etwas, sagte er laut. Was ist es bloß?
Gary zog die Schaufel über den Boden wie eine Harke, ein Farmer auf seinem Feld, und tastete nach der Palette, einem Viereck, das weicher war als Stein. Er ging tiefer hinein zur nächsten Felsstufe, trippelte zur Seite, durchkämmte die Fläche und wurde schließlich fündig. Heureka, sagte er. Der Seefischer findet alles.
Er zog mit der Schaufel, stieß in Untiefen, bis er hinunterlangen und zugreifen konnte. Trug die Palette zu Irene, um sie ihr zu zeigen.
Ich habe das Chili, sagte er.
Irene blickte nicht einmal auf. Kniete vor dem Kocher und starrte in den Suppentopf. Immer dunkler jetzt, ihr Gesicht vom Kocher erhellt.
Scheiße noch mal, sagte er. Redest du überhaupt noch mal mit
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