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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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und natürlich Barney Greengrass (den «Störkönig») an der Ecke 86. und Amsterdam, der den besten Räucherlachs und die herrlichsten Kartoffel-Latkes in ganz New York verkaufte.
    Doch Adam und seinen Freund zog es wegen der trendigen Downtown-Atmosphäre an den Union Square. So fuhren wir hin und her und fanden nicht das Richtige. Unverrichteter Dinge kehrte ich nach Palo Alto zurück. Meine Goldman-Starthilfe war verplempert. Am Ende fand Adam für sich allein eine Wohnung in Murray Hill. Als ich Ende Juni zum Trainee-Programm von Goldman wieder nach New York kam, ließ mich ein Freund aus Bangladesch, der im vorigen Sommer mit mir Praktikum gemacht hatte (doch am Ende bei Morgan Stanley gelandet war), netterweise auf einer Luftmatratze in seiner Wohnung Ecke 62. und First Avenue übernachten, bis ich etwas Eigenes fand.
    Am ersten Tag des Trainee-Programms lernte ich JF kennen, einen Frankokanadier und ehemaligen Wasserball-Nationalspieler aus Montreal. Er war der absolute Frauenliebling und sprach kaum ein Wort Englisch. Goldman hatte ihn trotz der Sprachbarriere mutig eingestellt, weil er mit seiner Entschlossenheit und Lernfähigkeit gepunktet hatte. Und das Risiko zahlte sich aus. Er sollte sich als absolut unfehlbarer Stock-Picker erweisen. (Er war so gut, dass sogar mancher altgediente VP seinen Kunden schon JFs Ideen vorlegte, als dieser erst wenige Wochen dabei war.) Für ihn war es das Höchste, Bilanzen und Gewinn-und Verlustrechnungen zu analysieren und daraus optimale Empfehlungen für seine Kunden abzuleiten.
    Während die meisten von uns noch nicht einmal die Plastikfolie von den Lehrbüchern für die «Series 7»-Prüfung abgefummelt hatten, erstellte JF schon Bottom-up-Analysen und studierte Kerzencharts, um festzustellen, ob die von ihm ausgewählten Titel aus ihrer Handelsspanne ausbrechen würden. Sein einziges Problem war seine extreme Ungeduld und Unbeherrschtheit, die er auch am Arbeitsplatz nicht immer im Griff hatte. Er hatte noch einen Freund aus Montreal, der als Wirtschaftsprüfer bei KPMG arbeitete. Wir beschlossen, zu dritt zusammenzuziehen.
    Aber nicht irgendwohin. Ein Immobilienmakler erzählte uns von Tribeca Pointe. Das Gebäude war damals nagelneu und gehörte zu den höchsten Wohnbauten im Finanzdistrikt. Es erhob sich zweiundvierzig Stockwerke hoch an der Ecke Chambers Street und West Side Highway, gleich am Hudson River, und bot einen herrlichen Blick aufs Wasser und auf Manhattan, vor allem in den oberen Etagen. Im neununddreißigsten Stock war eine Dreizimmerwohnung frei, wie uns der Makler verriet. Die Monatsmiete betrug 3750 Dollar, ganz schön viel für zwei Analysten, die gerade erst bei Goldman anfingen. (Unser Grundgehalt lag im ersten Jahr bei 55 000 Dollar – das waren etwa 750 Dollar pro Woche nach Steuern.) Wenn wir die Miete durch drei teilten, konnten wir sie uns so gerade leisten. Der Haken war: Die Wohnung hatte nur zwei Schlafzimmer.
    Doch je länger wir darüber nachdachten, desto mehr reizte uns der Gedanke, im neununddreißigsten Stock dieses außergewöhnlichen Gebäudes zu wohnen. Wir stellten uns vor, wie das Freunde und Gäste beeindrucken würde. Und wir hofften natürlich auch, Mädchen mit dem spektakulären Ausblick zu imponieren. Als uns der Makler versicherte, er habe einen russischen Bauunternehmer an der Hand, der für nur 1000 Dollar eine Zwischenwand zwischen der offenen Küche und dem Wohn-und Essbereich einziehen und so für ein zusätzliches kleines Schlafzimmer sorgen könne (eine bei Wall-Street-Neulingen im hochpreisigen Manhattan durchaus übliche Praxis, wie wir später erfahren sollten), schlugen wir zu und schrieben die Schecks aus. Am 1. August zogen wir in die Wohnung Nr. 4004, River Terrace 41 ein. Am folgenden Sonntag nahmen meine beiden Mitbewohner und ich Drinks und Zigarren mit auf die Dachterrasse im zweiundvierzigsten Stock und prosteten uns zu, während wir den herrlichen Blick über den Hafen und auf die nahen Zwillingstürme des World Trade Center in uns aufnahmen. Wir zahlten schrecklich viel Geld, doch es war uns jeden Penny wert. (Und wir waren in guter Gesellschaft. Wir merkten bald, dass die River-Terrace-Wohnanlage im Grunde ein Edel-Wohnheim für das Wall-Street-Fußvolk war.)
    Währenddessen hatte der schwere Einstieg in eine Karriere bei Goldman Sachs begonnen.
    Denn die Firma stellte sich für mich ganz anders dar, als ich sie aus dem Praktikum kannte. Es gab keine Obstschalen mehr und auch keine TShirts,

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