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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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von New Markets Rudy schließlich an: «Gehen Sie doch mal mit Greg essen.» Das sollte wohl zwei Zwecke erfüllen: «Fühlen Sie ihm noch mal gründlich auf den Zahn und signalisieren Sie ihm, dass wir an ihm interessiert sind.»
    Die Angelegenheit wurde allmählich ernst. Mir war klar, was da vor sich ging, und ich war total aufgeregt. Ich wollte so gern in Rudys Team arbeiten. Es ging um Südafrika, um Israel. Die Abteilung bot mir den idealen Karriereeinstieg. Mit nur fünf Leuten fühlte ich mich dort gut aufgehoben. Ich wusste, dass ich mit ihnen auskommen würde. Und das Klima im Team war ebenfalls angenehm. Außerdem hatten Rudy und ich uns auf Anhieb verstanden. Je mehr ich über das Geschäft lernte, desto klarer erkannte ich, wie sehr es auf die Persönlichkeit ankam, und wir lagen da ganz auf einer Linie.
    Wir gingen essen. Erst legten wir aber einen Zwischenstopp ein, um Rudys Wäsche von der Reinigung abzuholen. Die deponierte er dann in seiner Wohnung an der Ecke 62. und Lex. Ich war überrascht, dass alles so ungezwungen ablief. Ich hatte keine Vorstellung gehabt, was mich erwartete. Da sagte Rudy: «Wie wäre es mit Sushi?»
    Heute, zwölf Jahre später, esse ich nichts lieber als Sushi. Damals hatte ich mich aber noch nicht an rohen Fisch herangewagt und zögerte. «Müssen Sie mal probieren», meinte Rudy. «Es wird Ihnen schmecken.» Nach den ersten Bissen Gelbschwanzfisch-Sashimi war meine Skepsis schnell verflogen.
    Ich war ein bisschen nervös, doch im positiven Sinne. Rudy wollte mehr über mich und meinen Hintergrund wissen – das war der Prüfungsteil des Abends –, doch im Großen und Ganzen führten wir ein zwangloses Tischgespräch bei Sushi und Sapporo-Bier. Wir unterhielten uns auch über die anderen Mitglieder von Rudys Team. Dann merkte ich, dass ich am Zug war. Noch ein verzwicktes Detail des Rituals: Eins war uns Praktikanten sehr früh eingeschärft worden – wir durften nie voraussetzen, dass die Leute, für die wir arbeiteten, wussten, dass wir gern bei ihnen unterkommen würden. «Wenn Sie gern bei uns arbeiten wollen, dann sagen Sie das klar und deutlich», hatte es geheißen. Die Frage war nur, wann man es tat. Und für mich war der Moment gekommen. Ich beschloss, meine Karten auf den Tisch zu legen. Ich sagte, dass ich furchtbar gern für New Markets arbeiten würde. Rudy lächelte.
     
    Am letzten Abend unseres Sommerpraktikums gingen etwa fünfzehn von uns – darunter auch ein paar Mädchen – abends ins Scores, den New Yorker Stripclub, den Howard Stern in seiner Radiosendung berühmt gemacht hatte. Wir plauderten, tranken und ließen die Blicke schweifen. Da winkte mir ein Praktikant – ein Asiate namens Jon – aus dem VIP-Bereich zu. (Jon war ein großer Genießer, der immer stolz davon berichtete, wenn er wieder im Le Bernardin oder im Daniel gegessen hatte, den besten Restaurants von New York. Er sollte später für einen Hedgefonds Milliarden Dollar verwalten.) Mit einem befreundeten Praktikanten, einem Perser, ging ich zur Absperrung, und Jon winkte uns am Türsteher vorbei. Eine aufregende Erfahrung. Nachdem wir eine Weile ein paar heißen Blondinen beim Tanzen zugesehen hatten, wollte man meinem persischen Freund und mir 750 Dollar pro Nase abknöpfen. Siebenhundertfünfzig! Das sprengte nun wirklich mein Budget. Ich wäre am nächsten Tag pleite gewesen. Mit drohenden Blicken und unfreundlichen Bemerkungen expedierte uns der Rausschmeißer durch die Hintertür nach draußen. Wir hatten noch Glück, dass er nicht handgreiflich wurde.
     
    Abgesehen von kleineren Missgeschicken war es ein toller Sommer gewesen. Ich wusste, dass ich zu Goldman Sachs wollte. Doch wollte Goldman Sachs mich haben? Das Prozedere sah vor, dass die Firma sich nicht sofort festlegte. Wir mussten daher ein paar Wochen auf die schicksalhafte Entscheidung warten. Ich rechnete mir eine Chance von fünfundachtzig Prozent aus. Am letzten Tag kam ich zur Arbeit, verabschiedete mich von allen, die ich kannte, und bedankte mich für alles. Ich suchte meinen Praktikumsleiter auf, einen VP namens Mike, der mich vermutlich irgendwann anrufen und mir die Zu-oder Absage erteilen würde.
    «Danke für alles, Mike», sagte ich.
    «Sie haben sich wacker geschlagen, Greg. Wir melden uns», sagte er. Hoffnungsvoll wandte ich mich ab. «Oh, noch etwas», schickte Mike hinterher und grinste breit. «Sehen Sie zu, dass Sie genug Geld einstecken, wenn Sie das nächste Mal ausgehen.»
    Manche Dinge sprechen

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