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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gönnen, macht es uns die Arbeit leichter.«
    Das wiederum verstanden die Zwillinge. Kleckern gehörte sich beim Essen nicht, das bläute ihnen Jette auch immer ein. Vermutlich galt diese strenge Regel bei Gesellschaften der Erwachsenen aber nicht.
    »Ein preußisch reinlicher Haushalt!«, kicherte Nena. »Vielleicht treiben sie’s auf dem Boden, um die Tücher nicht zu beflecken.«
    »Sie essen aber nicht auf dem Boden«, flüsterte Ursel und staunte. Ihr Bruder, etwas weiser in diesen Dingen, antwortete in gleicher Manier: »Nee, die meinen, was sie im Bett machen.« Und auf das fragende Gesicht seiner Schwester hin gab er ihr einen groben Überblick über die geschlechtliche Seite des Zusammenlebens Verheirateter.
Das wieder fand sie faszinierend, auch wenn Lennard ihr mit wichtigtuerischer Miene gebot: »Aber darüber spricht ein Mädchen nicht.«
    »Aber ein Junge, was?«
    »Das ist was anderes.«
    Nena angelte nun nach einem weißen Hemd und wrang es mit ih- ren starken, geröteten Händen aus.
    »Na, aber er schwitzt ordentlich viele Hemden durch, der Gnädige. Für jeden Tag eins. Sorgt wohl für ausreichend Bewegung, der Herr!«
    Nenas Lachen klang reichlich anzüglich, und Lennard murrte: »Er schwitzt beim Boxen, ist doch nichts dabei!«
    Aber Tilda verfolgte einen anderen Gedankengang. Sie mutmaßte: »Dann sucht er sich wohl seine Unterhaltung außer Haus. Sie ist ja auch eine ganz Unnahbare, die Gnädige.«
    Diesmal konnte Ursel nicht zustimmen.
    »Ist sie eigentlich gar nicht, oder Lennard? In der letzten Zeit ist sie ziemlich nett zu mir. Sie hat mir sogar ein paar rosa Bänder geschenkt. Und sie hat uns bunte Stifte zum Malen gegeben.«
    »Ja, aber anfangs war sie ziemlich bös. Da mochte ich sie gar nicht. Aber vielleicht hat es ihr hier auch nicht gefallen!«, ergänzte er mit einiger Nachsicht. »Der gnädige Herr ist ja auch zu ihr manchmal sehr streng.«
    Nena, die nun ein zartes seidenes Unterhemd inspizierte, meinte: »Na, sie jedenfalls schwitzt nicht sehr viel. Aber solch feine Damen tun das ja auch nicht.«
    »Pah, feine Damen! Die sind auch nicht anders als unsereins. Wenn ich an die Hemden von der Danwitz denke, die ich letzte Woche gewaschen hab! Ich sag dir, unter deren Röcken dampft es ordentlich.«
    »Die Gnädige hier ist anders. Sieht man doch an der Wäsche, die sie trägt.«
    »Pingelig sauber, aber ein kalter Fisch, was?«
    Ursel widersprach dem, leise zu ihrem Bruder gewandt: »Sie ist kein kalter Fisch. Sie hat mir gestern einen Kuss gegeben, weil ich die Spitze an ihrer Lieblingsbluse geflickt habe.«
    »Wirklich? Ein Groschen wär mir lieber. Warum müssen Frauen
nur immer küssen, das ist doch fies.« Lennard schüttelte sich demonstrativ.
    »Nein, es war lieb. Mama hat uns früher auch geküsst. Da hast du dir das gefallen lassen.«
    »Da war ich auch noch jung.«
    »Und einen Groschen hab ich obendrein bekommen.«
    »Ach ja? Und was machst du damit?«
    »In meinen Strumpf stecken. Ist schon eine Menge drin.«
    »So? Und bei mir schnorrst du immer die Karamellbonbons! Die nächste Tüte kaufst aber du, Ursel!«
    »Der Gnädige gibt dir doch auch immer mal was.«
    Lennard wand sich, er wollte nicht gerne zugeben, dass er für besonders blank geputzte Stiefel schon mal den einen oder anderen Pfennig bekam. Auch er hortete einen kleinen Schatz in einem Strumpf unter der Matratze. Man wusste ja nie, was für Zeiten einmal anbrechen würden.
    Die Wäscherinnen waren zum Austausch von Intimitäten aus Haushalten übergegangen, die den beiden unbekannt waren, und so widmeten sich auch die Zwillinge anderen Themen.
    »Hast du das Buch gesehen, das die Gnädige im Wintergarten liegen hat, Lennard?«
    Er nickte. Natürlich hatte auch er nicht widerstehen können.
    »Da sind Bilder von diesen Masken drin.«
    Diesen Teil ihres nächtlichen Ausflugs vor nun beinahe zwei Monaten hatten die beiden nie wieder erwähnt. Aber dass sich das Erlebte tief eingeprägt hatte, wussten sie voneinander. Sie waren sogar an einem Nachmittag noch mal zu dem Bierbrauer gegangen, hatten sich aber beide nicht in den Keller gewagt.
    »Es steht darin, es seien ägyptische Götter!«, wisperte Ursel, die nicht nur die Bilder angeschaut, sondern auch ein paar Zeilen gelesen hatte.
    »Das waren aber keine Götter.«
    »Nein, das eine war der Sohn von der Generalin, die neulich hier war. Der mit der näselnden Stimme. Der trug die Hundemaske.«
    »Hab ich mir auch gedacht, als ich ihn sprechen hörte. Der ist

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