Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
bespitzeln
lassen. Was fragen Sie mich, wenn Sie es eh schon wissen?«
Paula goss
sich ein Glas Wasser ein. Ihre Kehle war trocken.
»Und Sie
sind Herrn Wulffhorst nie begegnet?«
»Doch, einmal,
als er meine Garageneinfahrt zugeparkt hatte.«
»Nur dieses
eine Mal?«
»Sagte ich
doch.«
Hauptkommissar
Strehler runzelte die Stirn. Der Harry-Typ runzelte die Stirn.
»Von Ihrem
Mann hörte ich, dass Sie die Unterlagen an sich genommen hätten.«
»Na und?«
»Wieso behaupten
Sie dann Ihrem Schwager gegenüber, Sie wüssten den Namen nicht?«
»Welchen
Namen?«
»Also Frau
Assmann, verkaufen Sie uns bitte nicht für dumm.«
»Mein Gott,
ich hatte ihn eben vergessen. Passiert Ihnen das nie?« Paula nahm noch einen Schluck
Wasser. »Klappern Sie jetzt die ganze Familie Assmann ab? Überhaupt – wer hat diese
Geschichte eigentlich aufs Tapet gebracht? Mein Mann oder mein Schwager?«
»Das tut
nichts zur Sache.«
»Wieso ist
dieser Wulffhorst auf einmal so wichtig?«
»Das wissen
Sie doch ganz genau. Er hat ja nicht nur Sie, sondern auch Herrn Sternberg observiert.«
Also Markus.
»Wir werden
mit Herrn Wulffhorst sprechen.«
»Was quetschen
Sie dann mich aus? Warum gehen Sie nicht zu ihm?«
»Wir konnten
ihn noch nicht kontaktieren. Er scheint gerade außerhalb zu sein.«
»Na, dann
fragen Sie doch seine Sekretärin.«
»Die weiß
nur, dass er in einer heiklen Sache unterwegs ist. Wir müssen warten, bis er zurück
ist.«
»Dann hören
Sie doch endlich auf, mich in die Mangel zu nehmen. Ich finde diese Unterstellungen
so langsam unerträglich.«
»Noch haben
wir nichts unterstellt, Frau Assmann. Aber Ihnen ist schon klar, dass den Überwachungsprotokollen
zufolge höchstwahrscheinlich Sie die Letzte waren, die Herrn Sternberg gesehen
hat.«
»Ach, nur
weil dieser faule Sack irgendwann die Observierung abgebrochen hat?«
»Da haben
Sie ja sehr genau nachgelesen.«
Paula stand
auf. »Also, meine Herren, das reicht jetzt. Ich möchte Sie bitten zu gehen. Ich
habe nämlich noch viel zu tun.«
Plötzlich und unerwartet müssen
wir Abschied nehmen von einem geliebten Menschen, dem wir alle in Freundschaft und
Zuneigung verbunden waren, der stets humorvoll, herzlich, hilfsbereit war …
Dabei hatte
alles so gut angefangen. Johannes war topfit gewesen, laut Becca. Er hatte die besten
Chancen gehabt. Günstig platziert im Mittelfeld, war er prima weggekommen und konnte
sich während der ersten sechs Kilometer in einer respektablen Position halten. Doch
dann begannen die ersten Läufer der Hitze zum Opfer zu fallen, und der Marathon
geriet immer mehr zum Querfeldeinrennen. Das heizte die Aggressivität der anderen Teilnehmer
natürlich an. Bei Kilometer zehn war Johannes schon ziemlich eingekeilt. Und die
vier jungen Leute hinter ihm, in den blau-gelb-geringelten Hemdchen, begannen das
bisher wohldosierte Tempo zu forcieren – eigentlich viel zu früh, vom Lauftaktischen
her.
Scheiß Silver
Head. Zieh doch endlich mal einer an dem Opa vorbei.
Der Druck
von hinten wurde sichtbar stärker, wie Beccas Heimvideo später demonstrierte. Aber
Johannes konterte, er legte sogar noch einen Zahn zu. Doch die in den Ringel-Hemden
wurden immer brutaler. Schonungslos trieben die vier ihre Beute vor sich her.
Aber was
war denn das? Da hatte doch einer dieser Schnösel Johannes gestoßen! Absichtlich!
Und tatsächlich, Johannes stolperte. Zunächst sah es noch so aus, als ob er sich
fangen würde. Er ruderte mit den Armen wild in der Luft herum. Doch es half nichts,
der Sturz war unausweichlich. Eine entfesselte Horde trampelte über Johannes hinweg,
unfähig, sich zu bremsen. Eine Büffelherde auf der Flucht, mit gnadenlosen Hufen
über den staubigen Asphalt donnernd.
Und Sturz
folgte auf Sturz. Immer höher wurde der Menschenberg, der Johannes unter sich begrub.
Als Paula von der Beerdigung zurückkam,
fühlte sie sich hundeelend. Aber mehr noch als die Sache auf dem Friedhof hatte
ihr der Leichenschmaus zugesetzt – genauer gesagt, der Film hinterher. Wie Becca
den immer wieder anschauen konnte, verstand sie nicht. Was da abgegangen war, war
nämlich ganz schön brutal gewesen. Ein Stoß mit Todesfolge. Die würden nicht ungeschoren
davonkommen. Ihnen allerdings Mord und Totschlag vorzuwerfen, war übertrieben. Das
hatte Lukas Becca auch klargemacht. Allerdings musste sie diese Rowdys sofort anzeigen.
Schon ein Pech, so ein Stoß mit Todesfolge, wenn eine Kamera draufgehalten wurde.
Robert hatte
sich
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