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Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Titel: Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Marion Weiß
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Samarkand. Sie kamen aus dem Iran, aus Isfahan, der Teppichstadt.
Aus Persien, das klang doch viel schöner. Paula musste an Rosen aus Shiraz denken.
Aber gab es in Shiraz wirklich Rosen, oder hatte sie das aus irgendeinem Roman?
Iran dagegen – das waren die Ayatollahs, die Fanatiker, das waren die, die Salman
Rushdie auf der Todesliste hatten, das waren die, die die Atombombe bauen wollten.
Aber diese beiden hier waren liebenswürdig, charmant, galant. Sie überhäuften Paula und ihre
›Hyänenfrau‹ mit Komplimenten. Eigenartig. Die mussten doch ein ganz anderes Frauenbild
haben. Eigentlich müssten sie über ihre ›Hyänenfrau‹ entsetzt sein.
    Wie Hille
Himmelsthür ihr beim Nasepudern erzählte, hatten Chakani und Arian den Verlag vor
sieben Jahren übernommen, als der kurz vor dem Bankrott stand. Sie hatten ihn für
einen Appel und ein Ei gekriegt. Es dauerte eine ganze Zeit, bis sie aus den roten
Zahlen heraus waren. Aber jetzt flutschte es. Was Wunder – die beiden waren gewiefte
Publizisten mit Oxford-Abschluss und noch gewieftere Geschäftsleute, die in London
Management und Marketing aus dem Effeff gelernt hatten. Die Situation des Verlages
war inzwischen so stabil, dass man auch mal schöne kleine Büchlein herausbringen
konnte, die sich zwar nicht rechneten, dafür aber preisverdächtig waren. Lyrik zum
Beispiel. Nun, Lyrik war nicht gerade Paulas Stärke, obwohl sie es immer wieder
versuchte. Nur einmal hatte sie es mit einem ihrer Gedichte in eine Anthologie geschafft.
Sie war stolz wie ein Spanier gewesen – allerdings nur solange, bis sie die anderen
poetischen Ergüsse gelesen hatte, die darin verewigt waren. Also, der Verlag stand
jetzt so gut da, dass Ahmed, der Jüngere, sich endlich wieder seinem Hobby widmen
konnte, nämlich der Zucht von Araberhengsten. Außerdem war er ein passionierter
Reiter.
    »Nicht nur
passioniert, sondern auch brillant«, schwärmte Hille Himmelsthür. »Er hat schon
unzählige Medaillen gewonnen.«
    So langsam
dämmerte Paula, dass die beiden liiert waren. Und wer den Literaturkanal sponserte.
    Dann kam
der geschäftliche Teil des Treffens. Man würde Paula den Vertrag zusenden, zügig
mit dem Lektorieren beginnen, ihr umgehend die Korrekturfahnen schicken, ja, man
könnte sogar versuchen, das Buch bis zur Frankfurter Buchmesse fertigzustellen.
Ob das allerdings zu schaffen war, war bei der Zeitknappheit fraglich.
    Paula atmete
tief durch. Wenn das Harm Westerfehn wüsste.
    Sie stießen
auf ein fulminantes Debüt an, vielleicht auch auf eine längerfristige Zusammenarbeit
– die Damen mit Champagner, die Herren mit Fruchtshakes.
    Ja, und
dann sagte Hille Himmelsthür, dass Ahmed und sie noch das ganze Wochenende über
hier wären, da könnte man sich doch vielleicht noch mal treffen, so ganz privat.
Ahmeds wegen wollten sie am Sonntag auf die Galopprennbahn. Sie würde sich auf jeden
Fall melden.
     
    In dieser Nacht träumte Paula wieder
ihren orientalischen Traum. Das Faible für Orientalen hatte sie von ihrer Mutter
geerbt. Wenn sie nur daran dachte, wie sie damals zusammen in Beer Sheba auf dem
Beduinenmarkt waren. Paula hatte ihren Augen nicht getraut. Fast wäre Mama auf und
davon, mit dem gut aussehenden Kerl in dem schmutzig-weißen Kaftan, dem der Dodge
gehörte, auf dem ein blasiert blickendes Kamel lag. Es muss wohl der Geruch gewesen
sein. Dieses Gemisch von Männerschweiß und Tiergestank, von Ambra, Moschus und Zibet,
von Ingwer, Muskat und Nelken, von Vanille und Zimt. Einlullend, betäubend, aphrodisisch.
Ja, das war’s gewesen, was in der Luft gehangen hatte. Sex.
    Paula auf
dem Ritt durchs Morgenland. Aber diesmal war es kein Maultier, sondern ein feuriger
Araberhengst, der sie davontrug. Und neben ihr galoppierte Ahmed Chakani, in einem
bordürenumsäumten weiß-goldenen Gewand. Sie funkelte ihn an, er funkelte sie an.
Plötzlich griff er mit starkem Arm nach ihr und zog sie von ihrem Pferd, zog sie
herüber, auf seinen Hengst, auf seinen Schoß.
     
    Heute Abend? Warum eigentlich nicht?
Paula war noch nie im Spielcasino gewesen. Drei Mal hatte sie es versucht, und immer
war etwas dazwischen gekommen. Zuerst mit Markus, in ihren Sturm-und-Drang-Jahren.
Roulette am Tag der deutschen Einheit? Wussten sie denn nicht, dass da geschlossen
war? Später dann mit Robert, einmal mit abgelaufenem Pass in Baden-Baden, einmal
vor verschlossenen Türen in der Böttcherstraße. Nein, den Umzug in die Schlachte
hatten sie nicht mitgekriegt.
    »Ein

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