Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Helene Bubenzer
Vom Netzwerk:
Ole.«
    »Bis bald, kleine Guri«, sagte Friedrich und an Torleif gewandt: »Sie ist sehr lieb. Sie stört mich nicht. Kein Problem.«
    Einen kurzen Moment sahen die beiden Männer einander in die Augen. In diesen Blicken lagen alle Fragen und Antworten, alle nie ausgesprochenen Entschuldigungen, aller Stolz, alles Unverständnis. Es war der Blick zweier Menschen, die vor ihrem Schicksal standen und sich fragten, was es mit ihnen vorhatte.
    Es ist gut, dass sie es nicht wussten.
    Es dauerte eine Weile, bis sich alle auf dem Haugom-Gård an das neue Leben mit einem Besatzungssoldaten gewöhnt hatten. Und es war letztendlich Guri zu verdanken, dass die merkwürdige Zwangsgemeinschaft bald nicht mehr nur noch von Argwohn und Furcht bestimmt war.
    Wann immer Friedrich dienstfrei hatte und zu Hause war, dauerte es nicht lang, bis Guri uns abholte. Dann nahm sie mit der größten Selbstverständlichkeit Friedrich an der einen, mich an der anderen Hand und führte uns durch die Stallungen und den Schuppen. Dabei zeigte sie auf Dinge und nannte sie bei ihrem Namen. Sie redete ununterbrochen auf Friedrich ein. Wenn er zu lange schwieg, schaute sie ihn herausfordernd an und sagte:
    » Forstår du? «
    Und dann rang er sich das Eingeständnis ab, dass er nichts verstand:
    » Jeg fortstår ikke«, sagte er unsicher, und sie begann einfach noch mal von vorn. Sie war eine unermüdliche Lehrerin, und es bereitete ihr das größte Vergnügen, wenn er Fehler machte. Sie lachte ihn lauthals aus, und er lachte mit. So einfach war das.
    Täglich ging Friedrich zum Dienst, er kletterte auf Telegrafenmasten, zählte auf der Waffenausgabe Gewehre und Pistolen und kontrollierte die Autos, die Gol auf der Reise durchquerten.
    Ingvild und Torleif gingen ihrer Arbeit auf dem Hof nach und hatten sich bisher von Friedrich ferngehalten, auch wenn sie es aufgegeben hatten, Guri einzureden, dass Friedrich nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Das kleine Mädchen wusste es besser.
    »Sie sind dumm«, erklärte sie uns eines Tages. »Sie glauben, du bist böse. Aber ich habe ihnen gesagt, dass du nett bist und eine Frau hast.«
    Friedrich musste lachen.
    Marlene. Er schrieb ihr fast jeden Tag.
    »Und jetzt wollen sie, dass du zum Mittagessen zu uns kommst«, fuhr sie fort. »Mama sagt, es macht keinen Sinn, so zu tun, als wärst du nicht hier. Also, was ist, kommst du?«
    »Heute?«, fragte Friedrich ungläubig.
    »Ja.«
    »Aber ich habe heute Dienst.«
    »Auch heute Abend?«
    »Nein, heute Abend nicht.«
    »Dann kannst du doch kommen.«
    »Aber hast du nicht gesagt, deine Eltern haben mich zum Mittagessen eingeladen?«
    »Doch.«
    »Aber mittags habe ich Dienst.«
    »Das macht nichts. Du sollst ja auch heute Abend bei uns mittagessen.«
    Friedrich sah Guri verwirrt an.
    »Ich glaube, du willst mich auf den Arm nehmen!«, sagte er dann.
    »Nein, das will ich nicht«, antwortete Guri beleidigt.
    »Ich soll also zum Abendessen kommen.«
    »Abendessen? Nein, das gibt es bei uns nicht. Bei uns gibt es jeden Tag um sechs Uhr Mittagessen.«
    »Na, wenn das so ist«, sagte Friedrich. »Dann komme ich gerne.«
    Als Guri davongerauscht war, um ihrer Mutter die Zusage zu überbringen, blieb Friedrich noch eine Weile auf dem Bett sitzen. Er schüttelte den Kopf.
    »Versteh einer die Norweger, Ole. Sie nennen ihr Abendessen Middag«, sagte er. »Da sind sie schon vom gleichen Schlag wie wir, und dann ticken sie doch ganz anders.«
    Gegen sechs Uhr polierte er schnell noch einmal seine Stiefel.
    »So«, sagte er. »Dann wollen wir mal.«
    Ich merkte genau, dass er nervös war. Er war noch nie bei Ingvild und Torleif in der Stube gewesen. Er schien wirklich gespannt zu sein.
    »Du kommst mit«, sagte er zu mir. »Für den Fall, dass ich Schützenhilfe brauche.«
    Haha.
    Er klemmte mich unter den Arm, und wir machten unseren ersten Besuch.
    Friedrich klopfte. Guri öffnete die Tür.
    »Hei, Fritz«, sagte sie und strahlte uns an. »Oh, und du hast Ole mitgebracht! Ole besucht mich. Mama!«, rief sie dann. »Fritz und Ole sind da!«
    Friedrich überreichte mich und brummte in Ole-Stimme: »Willst du mit mir spielen, kleine Guri?«
    Das Mädchen juchzte, und wir stoben davon, um das zu tun, was Kinder und Bären tun, wenn sie allein sind. Wir hatten uns viel zu sagen.
    »Guri!«, ertönte Torleifs Stimme eine Weile später aus der Stube. »Essen kommen!«
    Zum Essen hatten Haugoms das gute Geschirr eingedeckt und eine Tischdecke aufgelegt. Obwohl es eine einfache

Weitere Kostenlose Bücher