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Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Helene Bubenzer
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versagte, und Ilona begann, die Sachen zusammenzuräumen.
    Ich weiß nicht, warum, aber sie schien es nicht über sich zu bringen, mich in den Karton zu stecken.
    »Nina hat ihren Mici so geliebt«, sagte sie zu Maurus und drückte ihre Nase in mein Fell.
    Ich habe sie auch geliebt.
    »Dann verschenk ihn, was weiß ich, aber tu ihn weg. Ich will ihn hier nicht mehr sehen. Er zerreißt mir das Herz.«
    Das waren klare Worte. Und was soll ich sagen? Ich verstand ihn. Er konnte ja nicht wissen, dass sich auch in mir eine weiße Wüste ausgebreitet hatte, dass auch ich das Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit hatte. Wir alle vermissten Nina. Wir alle konnten die Willkür nicht begreifen, mit der sich Leben und Tod auf die Menschen verteilen. In den letzten Wochen hatten wir gewusst, dass Nina es nicht schaffen würde, und dennoch hatten wir auf ein Wunder gehofft. Es waren Hilflosigkeit und Machtlosigkeit, die Maurus an den Rande des Wahnsinns trieben.
    Ilona gab mich an Gyula, Ninas neunjährigen Cousin.
    »Sieh mal, was für ein netter Bär«, sagte Zsuzsa, seine Mutter.
    »Ich will ihn nicht«, erwiderte Gyula und zog die Mundwinkel nach unten.
    »Aber warum denn nicht? Er braucht ein neues Zuhause.«
    »Er hat Nina gehört.«
    »Ja, das stimmt. Und jetzt möchte er sicher gern einen neuen Spielkameraden haben.«
    Nein, danke.
    »Nina ist tot. Ich will ihn nicht.«
    Ich sah, wie Zsuzsa Ilona entschuldigend anlächelte. Die Worte des Jungen trafen Ilona wie Peitschenhiebe.
    »Tja, vielleicht war es doch nicht so eine gute Idee … Ich kann ihn ja wieder mitnehmen.«
    »Nein, lass doch«, sagte Zsuzsa schnell. »Die beiden werden sicher bald Freunde.«
    Ilona sah ihre Schwägerin zweifelnd an.
    »Nina hat diesen Bär sehr geliebt«, sagte sie. »Ich weiß, es ist albern, aber ich will, dass er es gut hat.«
    »Er wird es gut haben, verlass dich drauf. Gyula ist in einer Trotzphase, man kann ihm gar nichts recht machen, weißt du. Das muss am Alter liegen.«
    Nina war nicht so.
    »Er heißt Mici Mackó«, sagte Ilona, und ich merkte, wie sie sich seltsam dabei vorkam, das zu sagen.
    Danke, Ilona.
    Nach einem verkrampften Abschied schloss Zsuzsa die Tür hinter Ilona, und mein Leben ging weiter, ob ich wollte oder nicht.
    Ich sage es gleich: Wir wurden nie richtige Freunde. Gyula und ich teilten allenfalls eine gemeinsame Vorliebe für West-Fernsehen, und das war es.
    Ich hatte den Eindruck, dass mein Leben zunehmend aus einem Gefühl bestand: Vermissen. Je älter ich wurde, umso mehr Menschen vermisste ich, umso schmerzlicher vermisste ich sie, umso mehr sehnte ich mich nach einem ruhigen Ort der Beständigkeit. Ich ahnte ja nicht, wie sich die Endstation Sehnsucht wenig später tatsächlich anfühlen würde – sonst wäre ich vielleicht doch lieber bei Gyula geblieben als bei seiner Großmutter Sidonie Federspiel.
    Er hatte keine Lust gehabt, sie zu besuchen (nach der Grenzöffnung war es kein Abenteuer mehr, in den Westen zu reisen), er hatte keine Lust gehabt, mich mitzunehmen, und als die Woche großmütterlichen Zwangsbesuchs endlich vorbei war, reiste er erleichtert ab und vergaß mich schlicht und ergreifend – und so wie ich ihn kenne, wahrscheinlich absichtlich. Es war genau genommen also kein Zufall, dass ich hier, in der Döblinger Hauptstraße gelandet war, sondern Gyulas Wille.
    Madame Federspiel hatte den Fotokarton auf dem Schoß, die Bilder nahm sie meist eines nach dem anderen heraus. Das Sektglas neben ihr war halb geleert. Die Platte war zu Ende, und ich sah, wie der Tonarm in der Mitte auf der schwarzen Scheibe hing und immer weiter lautes Knistern über die Lautsprecher schickte. Das passierte fast jeden Tag, denn eigentlich schlief sie immer ein, noch ehe Tosca dazu kam, den bösen Scarpia zu ermorden.
    Ich hing meinen Gedanken nach, als Lisette plötzlich von Madame Federspiels Schoß sprang und dabei das Sektglas umstieß. Plätschernd ergoss sich die Flüssigkeit auf den Teppichboden. Madame schlief wie ein Stein. Aber auch, wenn sie aufgewacht wäre, hätte sie den Fehltritt der kleinen grauen Katze nur mit einem liebevollen Kopfschütteln quittiert. Mit ihren Lieblingen war sie nachsichtig.
    Unruhe kam in die Katzenschar. Das verhieß normalerweise nichts Gutes, oft musste ich dann für ihre sadistischen Spiele herhalten. Ping, Pang und Pong liefen mit aufgestelltem Schwanz unruhig hin und her. Sie stimmten ein Miau-Konzert an, das mit Madames Gesang ohne Probleme mithalten konnte.
    Was war

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