Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
Arbeit, also Chirurgie, anschließend Gerede, aber seien Sie sich sicher, niemand war sich dafür zu schade. Ihr Lästermäuler, hätte ich rufen sollen. Ja, Lästermäuler! Hört ihr, was ich sage? Ja? Tratschweiber in weißen Kitteln! Jetzt wollte ich es ihnen zeigen, ein für alle Mal, und das so nachdrücklich, dass sie nie wieder die Alten sein würden und sich schämten, wenn sie in den Spiegel schauten.
Ich sagte:
»Weichgekochte Wesen! Dieser Mann bringt es wirklich auf den Punkt. Aber er hat ja schließlich auch den Nobelpreis gewonnen!«
Jetzt wusste ich das, was ich schon lange hätte wissen müssen. Direktor Lund hielt nicht mehr seine schützende Hand über mich. Deshalb ging ich geradewegs in sein Büro und meldete dort mein Erscheinen. Seine Sekretärin erzählte mir, dass Direktor Lund leider nicht im Hause war. Ob sonst noch etwas wäre? Ja, es war sonst noch etwas, und zwar eine ganze Menge. Ich wollte mich über seine großen Pläne informieren. Genug war genug.
»Wann ist der Direktor denn zurück?«
»Er kümmert sich um seine Ehefrau, solange es nötig ist.«
»Aber sie ist doch wohl nicht krank?«
»Wissen Sie es denn nicht?«
Ich musste mich setzen.
»Was fehlt ihr denn?«
Die Sekretärin lachte, was mir äußerst unpassend erschien.
»Sie erwartet ein Kind«, sagte sie.
»Ein Kind?«
»Sie wird im Januar niederkommen.«
Ich saß ganz still da. Alma erwartete ein Kind. Kurz vor Toresschluss ihres Frauenalters, sozusagen nach Dienstschluss, konnte sie endlich ernten. Der Wintergarten stand in Blüte. Das war ein Wunder, ein Wunder in der Pilestredet. Welch Glück! Sollte die Stadt doch auf dem Kopf stehen! Alle Flaggen gehisst werden! Sollten die Kanonen auf Akershus abgeschossen werden!
Die Sekretärin schaute mich prüfend an.
»Fühlen Sie sich nicht wohl, Doktor Hval?«
»Warum fragen Sie?«
»Ich habe den Eindruck, dass Sie elend aussehen.«
»Elend? Tatsächlich? Machen Sie Witze? Soll ich Ihnen ein neues Wort beibringen? Guter! Nie habe ich mich guter gefühlt. Das ist ein Tag der Freude. Juchhu!«
Die Dame, zu der ich sprach, wurde förmlich bis in die Fingerspitzen.
»Kann ich dem Direktor sonst noch eine Nachricht überbringen?«
Ich schlug die Hände zusammen.
»Sagen Sie ihm«, erklärte ich, »dass ich nur zu gern die Dienste zwischen Weihnachten und Neujahr übernehme. Heiligabend eingeschlossen.«
Ein freundlicherer Ton:
»Das ist äußerst großzügig von Ihnen.«
»Großzügig? Wir wollen hier doch nichts verwechseln. Es ist das Rikshospital, das mir seine Großzügigkeit erweist. Und nicht zuletzt Sie selbst. Könnten Sie sich beispielsweise vorstellen, dass wir uns eine Weile küssen, bevor der Direktor zurückkommt?«
Die Sekretärin schlug sich die Hand vor den Mund und riss die Augen auf.
»Aber Herr Hval! Was reden Sie da?!«
Auch ich legte mir die Hand auf den Mund, genau wie sie.
»Nur dass Frau Lund in unseren Gedanken ist. Wir bräuchten Champagner! Aber das müssen wir wohl auf einen anderen Tag verschieben, nicht wahr? Dann trete ich hiermit ab.«
Ich nahm die Bahn vom Nationaltheater, nickte verhalten, bezahlte und hielt mich an der Kandare. Und wie ich mich hielt! Oh du lieber Gott! Lass einen Satan auch in dich fahren! Was habe ich gesagt? Habe ich jemanden gestört? Hat sich jemand auf einen anderen Platz gesetzt, so weit weg von mir wie möglich, das heißt, ganz hinten in den Raucherwagen? Konnte ich nicht länger verhalten in der Holmenkollenbahn grüßen? Siehst du jetzt vielleicht, was du angestellt hast? Die Welt wurde immer kleiner. Sie kreiste mich ein, langsam, aber sicher. Bald konnte ich nur noch auf einem Bein stehen, mehr Platz war nicht. Ich stieg bei Majorstuen aus und lief die Pilestredet hoch, versteckte mich hinter der Hecke vor der Schule. Worauf wartete ich während dieser Wartezeit, abgesehen von Notto Fipp und den großen Plänen? Ich wartete darauf, wenn auf sonst nichts, dann zumindest darauf, einen kurzen Blick auf Alma werfen zu können. Und wahrhaftig, ja, wahrhaftig, nach einer Weile tauchte sie am Fenster auf, schaute hinaus, während sie sich langsam über die Brüste und den Bauch strich. Es war ein schöner Anblick. Sie sah mich nicht. Ich sah sie, zum letzten Mal.
Ich weiß nicht mehr, wie ich schließlich nach Besserud kam, nur dass es zu Fuß war und in trübe Gedanken vertieft. Aus dem Haus hörte ich diesen Jazz, den ich leider nicht vertrug. Er hätte mich zum Tanzen bringen können, und das
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