Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
ein Kaiserschnitt wird, drei Wochen vor dem Termin.«
Niemand lachte.
Diese Stockfische, Jasager, Klatschweiber, Staphylokokken! Die machten ihre Spielchen, wenn die Luft rein war, dann waren sie mutig und schlagfertig, aber sobald der Direktor sich zeigte, krochen sie auf allen vieren und redeten ihm nach dem Mund, bevor er überhaupt etwas gesagt hatte, während ich auf den Tisch schlug, oder tat ich das etwa nicht?
»Apropos, gibt es keine Zeichen für das Ansteigen der Geburtenrate oben auf Besserud?«
Es war der Laborant, der diese lustige Frage gestellt hatte.
Was die Hygiene betraf, so hätte ich mir vorstellen können, noch etwas hinsichtlich der inneren Reinheit hinzuzufügen. Bei der Hygiene handelt es sich nicht nur um die Oberfläche, sondern um alle Hohlräume und Schichten des Körpers. Was mir jedoch die größten Sorgen machte, das war Sigrids fast unverhüllte Drohung. Sollte mein erbärmliches Schauspiel entlarvt werden, Bernhard Hval, der Mann, der seine gutgläubige Frau verließ und sich in die Toilettenschüssel entleerte, sogar teilweise in die Dettweiler Flasche, die ich dafür benutzte? Sollte dieser abgedankte Familienarzt, wenn ich ihn so bezeichnen darf, an dessen Namen ich mich nicht einmal erinnerte, mich an die Wand stellen und intim mit mir zu Werke gehen? Ich lag nächtelang wach und schmiedete Pläne. Zuallererst musste ich mich gut mit dem Laboranten stellen. Er könnte mir noch von Nutzen sein.
Ich lachte.
»Wir liegen nicht gerade auf der faulen Haut.«
Übrigens war ich in Sigrids Abwesenheit hinunter in den Skovveien gezogen, für den Fall, dass Notto dort auftauchen sollte. Denn wir hatten, wie schon gesagt, keine Zeit zu verlieren. Doch er tauchte nicht auf. Dafür aber diese verfluchte Schnüfflerin vom Stockwerk über mir. An einem Nachmittag stieß ich bei den Briefkästen auf sie. Sie fiel mir um den Hals, und ich konnte mich ihrer kaum erwehren.
»Danke, Doktor Hval. Danke!«
Ich verstand gar nichts.
»Wofür wollen Sie mir danken?«
»Der Leberfleck! Wäre ich nicht sofort zum Arzt gegangen, es wäre zu spät gewesen! Sie haben mir das Leben gerettet!«
»Na, so schlimm war es ja wohl nicht.«
»Machen Sie sich nicht kleiner, als Sie sind, Doktor Hval! Das steht einem Mann Ihres Formats nicht.«
Schließlich konnte ich mich von ihr befreien, ging zu mir hinein und ließ diese Worte meiner lieben Nachbarin sacken. Ihres Formats. So sollte es lauten. Ihres Formats! Machen Sie sich nicht kleiner, als Sie sind! Was für eine Nachbarin. Ach, mit so einer Nachbarin gesegnet zu sein! Ich schnaubte, trampelte, zählte, ruderte mit den Armen und spuckte, dass es in der Dettweiler schäumte. Später lag ich schlaflos auf dem Fußboden und dachte an Notto, daran, was ich Sigrid als Weihnachtsgeschenk kaufen sollte, schließlich war es unser erstes Weihnachtsfest, und last but not least dachte ich an die schwarzen Drops in der Uhr. Sie lockten mich, aber ich widerstand ihnen. Ich war gestählt. Ich begnügte mich damit, die Schläge zu zählen. Wie weit kann man zählen? Es ist so oder so die Hölle. Halleluja, du Fotze! Ein Schläger! Ich werde Sigrid einen Tennisschläger schenken!
Weihnachten im Rikshospital versetzte mich wieder in bessere Laune. Das ist die Botschaft der Kantigen: Wir müssen uns selbst vergessen. Die grauen Flure wurden mit Sternen und Körbchen geschmückt, im Gemeinschaftsraum wurde unter viel Gestöhne und Gelächter ein Baum in einen Fuß gestellt, die Kantinenchefin kochte Schinken und Rotkohl, und der herrliche Duft schlich sich in jeden Winkel und jede Ecke und übertünchte den unvermeidlichen Gestank des Leidens. Das Gleiche taten die Weihnachtslieder, sie übertönten die Klagen und Rufe. Für kurze Zeit sahen diese abgenutzten Räume nicht mehr aus wie ein Krankenhaus, sondern wie ein Ort für Feste und Gelächter. Wir konnten die Sterbenden zum Tanz auffordern! Das Beste in den Menschen kam zum Vorschein. Den armen Teufeln, die keinen Besuch bekamen, wurde trotzdem Aufmerksamkeit geschenkt, und es gab sogar das eine oder andere Weihnachtsgeschenk für sie. Ich beschloss stehenden Fußes, alle zukünftigen Weihnachtsschichten zu übernehmen, gern noch Ostern dazu, solange meine Kräfte gebraucht wurden.
Ein Mann Ihres Formats!
Es muss der Abend vor dem Abend vor Heiligabend gewesen sein. Ich war fast fertig mit meiner letzten Runde, und es war außergewöhnlich still. Man konnte fast den Schnee draußen fallen hören. Da sah ich,
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