Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
Vater sieht mich verwundert an. Es liegt eine Ohrfeige in der Luft.
»Machst du dich über Alfred lustig?«
»Nein, Vater.«
»Dann geh ordentlich, mein Junge!«
Ich versuche es, so gut ich kann. Es kostet mich all meine Kräfte. Ich muss die Füße gegen die Erde stemmen und davonschlurfen, während ich die Kiefer feile und in einem fort schlucke und schnaube. Ich mache mich über Alfred nicht lustig. Das ist das Letzte, was ich will, mich über Alfred lustig zu machen. Ich weiß nur, dass ich eine neue Nummer in meinem Repertoire habe. Ich äffe nach. Ich bin ein Nachmacher.
Satans Pickelhaube! Mach mich blind! Lass mich in Ruhe!
Vater reicht den Schuh des Schmieds weiter an Alfred, der ihn ohne zu murren anzieht, und ich setze mich zusammen mit Vater auf die Rückbank, und bald sind wir wieder unterwegs, in gleichmäßiger Fahrt. Mit einem kleinen und einem großen Schuh ist Alfred ein Meister am Steuer. Jetzt hinkt er nicht mehr auf den Pedalen. Er ist der reinste Rennfahrer. Aber Hammer galoppiert nicht mehr neben uns. Jetzt gibt es nur noch die neue Zeit. Die neue Zeit, das sind wir. Die alte wird aufgegessen. Noch nie ging es schneller hinauf nach Besserud.
»Tu, als wenn nichts wäre«, flüstert Vater.
Zuerst probiert Alfred es mit dem elektrischen Horn.
Die Vorhänge sind vor Mutters Fenster immer noch vorgezogen.
Alfred benutzt die Gummihupe.
Es geschieht nicht wirklich etwas.
Mir fällt auf, dass alle Äpfel vom Baum gefallen sind und jetzt im Gras liegen, braune, schrumpelige Kugeln, als hätte hier jemand vor mindestens einem Jahrhundert Cricket gespielt und alles einfach liegen lassen. Warum hat niemand in unserem Garten Äpfel geklaut? Ist das hier wie in Gaustad, dass niemand die Kartoffeln oder Karotten von dort essen will? Das denke ich wahrscheinlich jetzt, also zur schreibenden Stunde, schließe jedoch nicht aus, dass mich schon damals dieser Gedanke gestreift haben könnte.
Alfred benutzt jetzt beide Hupen gleichzeitig, die elektrische und die manuelle. Da erscheint Mutter auf dem Balkon, im Morgenmantel, sieht uns, geht wieder hinein und kommt endlich nach ungefähr einer halben Stunde heraus, in einem langen schwarzen Kostüm, mit Sonnenbrille, Hut und Schal um den Hals. Vater kurbelt das Fenster herunter.
»Du kannst vorn sitzen«, sagt er.
Mutter setzt sich neben Alfred und hat immer noch nichts gesagt.
»Weiter«, befiehlt Vater.
Und wir fahren weiter ganz bis Kroghstøtten und bleiben im Roadster sitzen und genießen die Aussicht, mitten zwischen dem wolkenfreien Himmel und der lautlosen Stadt.
»War es das, was wir abwarten sollten?«, fragt Mutter.
»Reicht das nicht? Jetzt kann Alfred dich bis zu Kneipps Kurort fahren, oder wohin du auch immer willst.«
Mutter weiß nicht so recht, was sie davon halten soll. Ist Vater ironisch oder einfach nur richtig gut gelaunt?
»Können wir uns das leisten?«, fragt sie.
Das ist eine Frage, so unpassend, dass ich sicher bin, dass Vater Mutter gleich hinausbefördert und sie zu Fuß nach Hause gehen lässt, wenn er sie überhaupt wieder reinlässt.
Aber Vater lächelt, geheimnisvoll, überzeugend und verschmitzt.
»Vielleicht ist ja noch mehr zu erwarten«, sagt er.
Mutter scheint erleichtert zu sein, als sie in einem munteren, leicht gekünstelten Ton fragt:
»Will der Herr Direktor uns wieder auf die Folter spannen?«
»Dieses Mal nicht so lange, meine Liebe.«
Und da macht Mutter etwas vollkommen Überraschendes. Sie dreht sich zu Vater um und gibt ihm einen Kuss auf die Wange. Wir werden allesamt verlegen, und jetzt muss Vater raus mit der Sprache, aber das widerstrebt ihm auch nicht, ganz im Gegenteil. Doch vorher muss er eine Rede halten, die er auswendig gelernt hat. Darin ist er Spitze. Deshalb hat er es auch so weit gebracht, wie viele behaupten. Oscar Hval vergisst nämlich nie etwas. Seine Stimme trägt über die ganze Stadt:
»Wir, Oscar, König von Gottes Gnaden über Norwegen und Schweden, die Goten und die Wenden, geben bekannt, dass Wir es in Hinblick auf den Paragraph 23 des Grundgesetzes für dienlich halten, einen Königlich Norwegischen Ritterorden zu stiften, den Wir, in Gedenken an den König, der zu seiner Zeit Norwegen von fremder Herrschaft befreit hat und der als zweiter Gründer des Reiches sowie erster Verkünder seiner christlichen Gesetzgebung angesehen werden muss, beschlossen haben, St.-Olavs-Orden zu nennen, und für den Wir uns als Herr und Großmeister erklären. Verkündet in
Weitere Kostenlose Bücher