Die Uno
von einer «guten Regierungsführung», deren Grundlage er in der Einbindung auch der nichtstaatlichen Akteure in eine partnerschaftliche Bearbeitung der Entwicklungs-, Menschenrechts- und Umweltprobleme auf allen Ebenen sah. Auf der globalen Ebene konnte dabei dieSerie großer Weltkonferenzen als Anschauungsmaterial dienen, die bereits in den siebziger Jahren unter dem Schirm der Vereinten Nationen begonnen hatte. Eine wesentliche Errungenschaft dieser Weltkonferenzen bestand in der neuen Qualität der Einbindung von NRO in die internationale Konferenzdiplomatie. Sie dienten als «Laboratorien» für die Einübung neuer Partizipationsformen und als «Trainingslager» für den wechselseitigen Umgang miteinander. Bei den Weltkonferenzen handelte es sich um sehr viel mehr als um eine Form der symbolischen Politik. Im Fall der Konferenz für Umwelt und Entwicklung, die im Jahr 1992 in Rio stattfand, wurde nicht nur eine Klimarahmenkonvention vereinbart, sondern auch ein Folgeprozess von jährlichen Konferenzen der Vertragsparteien auf den Weg gebracht, in dem die darin vereinbarten Emissionsreduktionsziele für jeden Staat verbindlich festgelegt wurden. Auf der dritten dieser Klimakonferenzen im japanischen Kyoto wurde zu diesem Zweck ein Zusatzprotokoll vereinbart, das die Reduktion von Treibhausgasen bis zum Jahr 2012 auf mindestens 5 Prozent unter dem Niveau von 1990 vorschreibt. Das «Kyoto-Protokoll» konnte nach seiner Ratifikation durch das Russische Parlament im Oktober 2004 auch ohne die Mitwirkung der USA als dem weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen in Kraft treten.
Der Globalpakt, den der damalige Generalsekretär Annan am 31. Januar 1999 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos initiierte, stellte insoweit eine Vervollständigung der neuen dialogischen und auf die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure ausgerichteten Steuerungsphilosophie dar, als damit neben der Zivilgesellschaft auch die Privatwirtschaft für eine freiwillige Mitwirkung am grenzüberschreitenden Regieren gewonnen werden sollte. Dem Globalpakt lag die Idee einer Einbindung über Anreiz- statt über Sanktionsstrukturen zugrunde. Er sollte die Eigenverantwortung der
global players
bei der internationalen Durchsetzung von Menschenrechts-, Arbeitsrechts- und Umweltstandards wecken. Transnationale Unternehmen verpflichten sich mit ihrem Beitritt dazu, für die Einhaltung dieser Standards überall dort, wo sie tätig sind, zu sorgen.
Es besteht bereits wenige Jahre nach dem Ende von Annans Amtszeit weitgehende Übereinstimmung darin, dass er neben Hammarskjöld als der bisher bedeutendste Generalsekretär in die Geschichte eingehen wird. Es ist ihm gelungen, die Vereinten Nationen auf ein klares Profil zu konzentrieren statt sie durch Überdehnung zu überfordern. Wie lange dieses Profil Annans Amtszeit überdauern wird, bleibt abzuwarten. Die ihm zugrunde liegende Einsicht, dass an den neuen Herausforderungen neben den Staaten auch private Akteure als Problemverursacher wie als potenzielle Problemlöser einen wachsenden Anteil haben, stellt die Vereinten Nationen vor die Aufgabe, ihre ursprüngliche Identität als zwischenstaatliche Organisation so weiterzuentwickeln, dass sie für alle relevanten Akteure attraktiv genug bleibt oder wird, um deren Unterstützung für das gemeinsame Projekt des komplexen Weltregierens zu sichern. Die 2008 ausgelöste globale Wirtschafts- und Finanzkrise hat allerdings eine bereits zuvor erkennbare Tendenz zu einer Form der Krisendiplomatie verstärkt, die genau diese Attraktivität der Vereinten Nationen erneut infrage stellt: Das internationale Krisenmanagement verlagert sich immer mehr in den informellen Minilateralismus von Gipfeltreffen wie der G 8 oder G 20, der sich jedenfalls außerhalb des Institutionengefüges der Vereinten Nationen abspielt. Zu diesen exklusiven Foren bestehen Mitwirkungsmöglichkeiten nur auf Einladung und nur für solche Akteure, die das Gewicht von Veto-Spielern haben. Der 2007 als Nachfolger des charismatischen Visionärs Annan ins Amt des Generalsekretärs gewählte frühere Außenminister Südkoreas, Ban Ki-moon, hat seine Amtszeit deutlich zurückhaltender als sein Vorgänger als eine Phase der Konsolidierung und Umsetzung angekündigt. Eine seiner größten Herausforderungen besteht darin, einen Bedeutungsverlust der Vereinten Nationen angesichts dieser Tendenz zu verhindern.
IV. Frieden und menschliche Sicherheit
unter den Vorzeichen ungesicherter
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