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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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Daumen auf Jacques, »… wir arbeiten schon eine halbe Ewigkeit für MSF . Glauben Sie mir, man muss optimistisch sein, wenn man versucht, Kinder wiederzubeleben, die so oder so todgeweiht sind, wenn man Babys ernährt, die so dürr und so schwach sind, dass ihr Organismus ihre Muskeln und ihr Gehirn aufgezehrt hat. Denn ich – bwana , wie Sie sagen – werde Ihnen etwas Lustiges erzählen: Wir sind Ärzte. Weder Richter noch Anwälte, nur Ärzte … «
    »Ich hab noch eine bessere Geschichte«, schaltete sich Jacques mit müder Stimme ein, »wissen Sie, wie mein Leben aussieht? Ich bin über sechzig, und ich lasse mich gerade scheiden, weil ich alle Kämpfe geführt habe, die man auf dieser Erde führen kann, außer dem um meine Ehe und meinen Sohn, den ich über alles liebe. Der einzige Mensch, der mir bleibt, ist er … « Er neigte den Kopf zu Benjamin hin, ohne ihn anzusehen. »Und wir wollen nur eines: die Frau wiederfinden, die Umaru als Geisel hält, und diesen ganzen Irrsinn beenden … «
    Aus der Tiefe des Raumes ertönte Beifall. Jacques und Benjamin drehten sich um. Vor ihnen stand ein Mann, der ungefähr so alt wie sie war und ebenso klein wie breit.
    »Guten Tag, ich bin Nicholas O. Ekkipetio … « Sein Lächeln wurde breiter, als er das Erstaunen im Gesicht der Ärzte sah. »Der Echte, wenn ich so sagen darf.«
    »Und wer ist er?«, fragte Benjamin und deutete mit dem Kinn auf den Journalisten.
    »Einer meiner Kollegen. Man kann nie vorsichtig genug sein, müssen Sie wissen. Die Polizei würde mich gern mundtot machen. Sie finden mich polemisch .« Er lachte laut auf. »Also haben wir uns ein paar Tricks ausgedacht, um zu verhindern, dass sie mich in irgendeinem Loch verrecken lassen. Also wenn ich Sie richtig verstanden habe, möchten Sie, dass ich Ihnen sage, was ich weiß. Ich bin einverstanden, aber unter einer kleinen, ganz kleinen Bedingung … «
    »Und die wäre?«
    »Dass Sie mir die ganze Geschichte erzählen. Ich bin von Natur aus neugierig, auch wenn Mama – Gott hab sie selig! – mir immer wieder gesagt hat, das sei ein schlimmes Laster … «

133
    Naïs erlitt einen schweren Hustenanfall. Ihre Kehle schnürte sich zu, und sie wurde von so heftigen Krämpfen geschüttelt, dass Megan befürchtete, sie würde sich alle Gliedmaßen ausrenken. Der ratlose Pater David befeuchtete ein Tuch und legte es auf die Stirn und den Kopf des Mädchens. Die Krankenschwester hatte nicht den Mut, ihm zu sagen, dass dies nichts nutzen würde, dass er durch nichts die Wirkung des Giftes verlangsamen könnte. Das im Halfan enthaltene Chinin würde bald das Herz Naïs’ angreifen, das Herz würde rasen und dann unvermittelt stehen bleiben, und in weniger als zehn Sekunden wäre alles vorbei.
    »Mein Gott, was hab ich nur getan?«, sagte Megan, als sie die feuchte Hand von Naïs in die ihre nahm.
    Pater David bekreuzigte sich und stürzte zur Tür. Er trommelte gegen das Holz.
    »Sie muss ins Krankenhaus!«
    Keine Reaktion. Schon länger als eine Stunde hatte sie Umaru in das Zimmer eingesperrt. Schon über eine Stunde wurde das Mädchen immer schwächer. Megan brach in Tränen aus.
    »Verzeih mir, verzeih mir … «
    Sie hatte geglaubt, sobald Naïs im Krankenhaus wäre, könnte sie fliehen. Und verblendet von der Hoffnung, wieder frei zu sein, hatte sie sich das Leiden des Mädchens nur als etwas Abstraktes vorgestellt.
    »Ich wollte dir nicht wehtun, mein Engel … «
    »Sie kommen«, flüsterte Pater David und wich von der Tür zurück.
    Umaru und ein Mann, den Megan zum ersten Mal sah, betraten das Zimmer und gingen, ohne die beiden Geiseln eines Blickes zu würdigen, auf Naïs zu.
    Der Mann stellte seine schwarze Ledertasche aufs Bett, zog das Jackett seines Anzugs aus und krempelte die Hemdsärmel hoch. Seine mandelförmigen Augen hinter der eleganten Brille waren von Falten umkränzt. Sein Aussehen und seine ruckartigen Bewegungen erinnerten Megan spontan an einen Leichenbestatter in einem Comic. Er zog ein Stethoskop heraus und streifte das T-Shirt der Kleinen hoch.
    »Sind Sie Kinderarzt?«
    »Tierarzt«, antwortete er völlig ernsthaft.
    Megan starrte Umaru ungläubig an.
    »Ein Tierarzt? Ein gewöhnlicher Tierarzt?! Was Besseres haben Sie nicht gefunden?«
    »Raus hier!«, brüllte Umaru.
    »O nein, ich werde es nicht zulassen, dass Sie sie umbringen …«
    »Raus!«
    »Nein! Sie muss ins Krankenhaus!«
    Der Albino packte sie am Arm und zerrte sie aus dem Zimmer. Er stieß sie so brutal gegen

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