Die Unseligen: Thriller (German Edition)
entziffern. »Herrn Nicholas O. Ekkipetio.«
Jacques winkte einen Kleinbus heran, der bereits brechend voll mit Fahrgästen war.
»Ich denke an einen Trick, falls der klappen sollte … Ich meine, wenn es uns gelingt, herauszufinden, wo sich die Geiseln aufhalten, könnten wir uns doch umschulen lassen, oder?«
»Zu Detektiven?« Er wandte sich an den Fahrer: »Fahren Sie ins Zentrum?«
Der Fahrer des Kleintransporters lächelte ihn breit an und nickte, ohne auch nur zu hören, was Benjamin sprach.
Dieser fragte sich, warum er die Frage überhaupt gestellt hatte, da doch bekannt war, dass die Sammeltaxis jeden auflasen, der am Straßenrand die Hand hob, und dass sich alle fröhlich zusammendrängten, bis sich die Arme der einen unentwirrbar mit den Beinen der anderen verschlangen.
»Ich habe immer davon geträumt, eine Dienstmarke zu besitzen«, sagte Jacques, während er seinen Nachbarn wegschubste und über einen ganzen Berg von Gepäckstücken kletterte, um sich hinzusetzen. »… oder ein Abzeichen, solchen Blödsinn.«
»Wir können unsere Äskulapstäbe herausholen, wenn dir das Spaß macht.«
Jacques belästigte seine Nachbarn, als er den Arm ausstreckte, um ein imaginäres Spruchband in der Luft zu entrollen.
»Rougée und Dufrais: Ärzte und Detektive ohne Grenzen … Das sähe doch super aus, oder?«
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»Das ist heller Wahnsinn. Ohne Hilfe von außen schaffen wir das nie.«
»Bitte«, flüsterte Megan, »du musst mir vertrauen.«
Pater David sah die schlafende Naïs aufmerksam an, schüttelte den Kopf und wiederholte: »Das ist heller Wahnsinn.«
»So wie die Dinge stehen, tust du entweder das, was ich dir sage, oder aber wir kommen hier nie weg.« Megan trat an das Fenster des Zimmers. »Es wird bald hell werden. Gib mir das Medikament … «
Pater David zog die Nachttischschublade auf und nahm ein Fläschchen Halfan heraus. Er starrte einige Sekunden lang gedankenverloren auf den Flakon mit dem Malariamittel in seiner Hand und hielt diesen dann der jungen Frau hin.
Megan setzte sich neben Naïs und strich ihr zärtlich übers Haar. Das Mädchen schlug die Augen auf und lächelte, als es das Gesicht sah, das sich über es beugte. Megan erwiderte sein Lächeln, aber offenbar fehlte es dem Gesichtsausdruck an Ehrlichkeit oder Zärtlichkeit, denn Naïs wich zurück, und ihr plötzlich undurchdringlich gewordener Blick ergründete die Krankenschwester. Megan ignorierte die Stimme in ihrem Kopf, die sie von ihrem Entschluss abzubringen versuchte, und goss eine Dosis Halfan in den Schraubverschluss. Sie führte das Medikament an die Lippen des Kindes.
»Trink … «
Naïs machte den Mund nicht auf, ihre schwarzen Augen sahen die junge Frau fragend an.
»Du wirst sie vergiften«, sagte Pater David.
»Du weißt so gut wie ich, dass wir keine Wahl haben.« Dann wandte sie sich an das Mädchen: »Es tut mir leid, mein Engel … «
Sie hielt ihm die Nase zu. Der flehende Blick von Naïs tat ihr weh, er zerriss ihr das Herz, aber sie blieb standhaft und zwang das Mädchen dazu, den Mund zu öffnen. Pater David half ihr, als Naïs um sich schlug, und Megan wunderte sich über den großen Schmerz, der das Gesicht des Priesters entstellte.
»Wie lange dauert es, bis die Wirkung eintritt?«, fragte er und hielt das Kinn des Mädchens fest, damit es die Flüssigkeit hinunterschluckte.
»Bei einem Gesunden wirkt Halfan ziemlich schnell. In weniger als einer Stunde könnte bei ihr Kammerflimmern auftreten. Es ist besser, wenn wir Atocha sofort verständigen.«
Pater David ging quer durchs Zimmer und trommelte an die Tür.
» HILFE !«
Megan wurde bleich, als sie sah, wie Naïs das Gesicht verzog und sich mit den Händen an den Bauch fasste.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte sie und schüttete den Rest des Fläschchens aufs Bett.
» HILFE !«
Das Geräusch von hastigen Schritten im Treppenhaus, das Klirren von Schlüsseln und das Quietschen von Schlössern.
»Sie kommen«, rief Pater David.
Megan steckte das Halfan-Fläschchen in die Hände von Naïs und atmete tief ein.
»Was ist los?!«, schrie Umaru Atocha, als er das Zimmer betrat.
»Naïs hat das Malariamittel getrunken … es ist … «
»Haben Sie sie zum Erbrechen gebracht?«, fiel ihr der Albino ins Wort.
»Nein … «
Er stürzte ans Bett der Kleinen und riss ihr die Flasche aus den Fingern.
»Das genügt nicht«, mischte sich Megan ein.
Umaru hörte ihr nicht zu und steckte seinen Zeigefinger in den Hals von Naïs. Sie
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