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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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aufforderte, schleunigst zu kommen. Die beiden Ärzte wechselten einen Blick miteinander.
    Nachdem sie den schmalen Flur betreten hatten, der zur Küche führte, wies ihnen eine Kolonne von Ameisen den Weg. Einer der Polizisten, der damit beschäftigt war, die Wandschränke zu durchsuchen, deutete mit dem Daumen auf das Nebenzimmer.
    »Sie können reingehen. Der Weg ist frei.«
    Ein stechender Blutgeruch schlug ihnen entgegen. Der Polizist beugte sich über einen Körper. Eine relativ junge Frau lag ausgestreckt auf dem Rücken, sie hatte zwei Schusswunden an Bauch und Brust.
    »Wir kennen sie. Sie heißt Amelie«, sagte der Polizist im Aufstehen. »Sie war eine Nutte, die den Kollegen von der Drogenfahndung ab und zu einen Tipp gab.«
    Benjamin kniete sich neben dem Leichnam hin. Er nahm es sich selbst übel, dass er eine Art Erleichterung empfand.
    »Warum sind wir hier?«, fragte Jacques.
    »Das verlangen die Vorschriften. Ein Arzt muss den Tod feststellen.« Er kratzte sich am Kopf und zuckte die Achseln. »Früher konnten wir das selbst erledigen, aber vor ein paar Jahren hat sich ein Kollege vertan. Der Typ war steif wie ein Brett, und der Kollege hat geglaubt, er wäre tot. Der Kerl blieb zwei Tage lang in einem Kühlfach des Leichenschauhauses … «
    Sein Kollege, der mit einem Mülleimer in der Hand aus der Küche zurückkam, unterbrach ihn.
    »Sieh her, was ich gefunden habe.«
    Er griff mit der Hand hinein und nahm die zerlegten Einzelteile einer Pistole vom Kaliber 38 heraus. Der zweite Polizist stieß einen bewundernden Pfiff aus.
    »Still!«, stieß Benjamin hervor.
    Die Polizisten runzelten die Stirn und bewegten sich nicht mehr. Vor dem Haus begleitete das Quietschen von Reifen das Heulen von Sirenen. Benjamin drückte auf die Drosselvene der Prostituierten und verharrte eine lange Minute in Schweigen.
    »Sie lebt.«

143
    »Amelie? Amelie, hören Sie mich?«
    Benjamin hielt die Hand der Frau, während Jacques und ein Notarzt Kompressen auf die Wunden auflegten. Die Federungen des Fahrzeugs quietschten in jeder Kurve, und dem Fahrer machte es ein diebisches Vergnügen, mit durchgetretenem Gaspedal zu fahren. Zwei Polizeifahrzeuge mit eingeschalteten Blaulichtern und Sirenen folgten ihnen im Schlepptau, dabei versuchten sie, mit dem halsbrecherischen Tempo des Krankenwagens mitzuhalten.
    »Ihre Lungen laufen voll mit Blut! Wir müssen sie intubieren!«
    »Nicht ehe sie mir gesagt hat, wo Megan ist!«
    »Verdammt, Benjamin! Diese Frau kann jeden Moment sterben!«
    »Amelie? Kneifen Sie die Augen zusammen, wenn Sie mich hören.«
    Die junge Frau schloss die Augen und öffnete sie wieder.
    »Haben Sie eine Frau gesehen? Eine Amerikanerin?«
    »Ja … «, stammelte sie mit Mühe.
    »Wo ist sie jetzt?«
    Der Krankenwagen machte einen plötzlichen Schlenker, die Verletzte schrie vor Schmerzen. Aus ihren Wunden quoll wieder Blut. Sie bekam keine Luft mehr, spuckte Speichel und Schleim, und ein heiseres Fauchen entrang sich ihrer Brust.
    »Mach Platz!«
    Jacques stieß Benjamin brutal zurück und nahm den Kehlkopfspiegel in seine rechte Hand. Dann steckte er die Finger der Linken in den Mund der Verletzten, um ihre Kiefer zu spreizen.
    »Halt ihren Kopf fest!«, befahl er.
    Benjamin hielt den Schädel der jungen Frau gegen die Krankentrage. Er beugte sich an ihr Ohr.
    »Amelie, wo ist diese Frau jetzt?«
    »Krankenhaus … «
    »Ja, da fahren wir hin. Aber hören Sie mir zu, es ist sehr wichtig. Sie müssen mir sagen, wo Umaru Atocha die Geiseln versteckt hält.«
    »Krankenhaus … «
    »Verdammt!«
    Jacques gelang es, den gekrümmten Spatel einzuführen und Zunge und Kehldeckel beiseite zu schieben. Schweißtropfen blieben in seinen Brauen hängen. Zwischen den Stimmbändern hindurch führte er die Intubationssonde ein. Der Fahrer bremste plötzlich, sodass das Fahrzeug kurz seitlich ausbrach. Jacques verlor den Halt, ließ das Laryngoskop fallen und stieß gegen die rechte Seitenwand, wobei er Kompressen und Verbandskästen umwarf. Die Verletzte stöhnte und verdrehte vor Schmerzen die Augen.
    »Morphium!«, schrie Benjamin. »Null Komma drei Milligramm intravenös.«
    Der Sanitäter zog eine Schublade auf und hielt ihm eine Spritze hin. Der Arzt zog die Kappe mit den Zähnen ab, spuckte sie aus und suchte die mittlere Vene in der Armbeuge. Er drückte den Arm der Frau gegen seine Hüfte und verabreichte die Injektion in dem Moment, in dem es Jacques gelang, die Sonde einzuführen.
    »Und sagen Sie diesem

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