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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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das Zucken, das die Frau überkam. Das herausfordernde Funkeln in ihren Augen verblasste. Da wusste er, dass sie schwach werden würde.
    »Wo ist Ihr Mann?«
    »Yaru … Yaru hat mich vor zwei Tagen kontaktiert … «
    »Wo ist er?«
    »In einem Flüchtlingslager in Damasak … «
    Man brauchte kein Psychologe zu sein, um zu bemerken, dass sie ein bisschen zu schnell geantwortet, die Information mit einem allzu eindringlichen Mienenspiel preisgegeben hatte. Daraus folgerte Okah zweierlei: Aduasanbi hatte sie vor Kurzem kontaktiert, und sie wusste, wohin er unterwegs war.
    »Wie tritt er mit Ihnen in Kontakt?«
    »Über Prepaidhandys … «
    »Die Polizisten sind Idioten«, seufzte er kopfschüttelnd. »Aber Sie haben nicht auf die gestellte Frage geantwortet. Wo ist Ihr Ehemann?« Er hatte diesen Satz mit leichter Gereiztheit ausgesprochen.
    »Ich … Ich habe Ihnen doch gerade gesagt … Ich … «
    Er hob die Hand, um sie zu unterbrechen.
    »Er ist nicht mehr in Damasak. Wir wissen es, und Sie wissen es.«
    »Ich höre es von Ihnen zum ersten Mal … «
    »Ersparen Sie uns bitte den ermüdenden Dialog, in dem Sie mir sagen, dass Sie nichts wissen, während ich Ihnen sage, dass Sie sehr wohl Bescheid wissen, und so weiter.«
    »Dennoch es ist die Wahrheit: Ich weiß nicht, wo mein Mann ist.«
    Okah wandte sich ab, in dem Bewusstsein, dass sie ihn nicht aus den Augen lassen würde, und näherte sich der Kommode, auf der Duftsträußchen und Familienfotos halbkreisförmig angeordnet waren.
    »Ist es neueren Datums?«, sagte er, während er einen Rahmen ergriff, in dem ein kleiner Junge und eine Halbwüchsige lächelten. »Ihre Kinder sind für ihr Alter ziemlich groß … «
    »Ist das eine Drohung?«
    »Eine einfache Feststellung.«
    Er stellte den Rahmen vorsichtig zurück und wandte sich ihr zu.
    »General Okah … «, sagte sie mit trockener Kehle. »Meine Kinder haben nichts damit zu tun … Ich schwöre Ihnen, dass … «
    Er hob gemächlich seine Waffe und zielte auf die dünne Zwischenwand, die die beiden Zimmer trennte.
    » NEIN ! NEIN ! NEIN !«
    »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt«, murmelte er, während er den Abzug drückte.
    Ohrenbetäubende Detonationen hallten wider und begleiteten die Schreie und die »Mama!«-Rufe. Gips- und Staubwölkchen schossen aus der Wand heraus. Die Kugeln rissen ganze Tapetenstücke herunter und wirbelten Mauersalpeter und Holzspäne auf. Die Ehefrau von Aduasanbi schrie sich die Lunge aus dem Leib.
    » NEIN ! NEIN ! HÖREN SIE AUF !«
    » MAMA !«
    Glühende Hülsen und Tränen fielen lautlos auf den Teppichboden. Okah feuerte weiterhin unerschütterlich drauflos, bald nach rechts, bald in die Mitte, bald nach links, und die Löcher in der Mauer ähnelten immer mehr den punktierten Linien eines zornigen Freskos.
    » MAMA !«

69
    Der Anwalt von Henry Okah kauerte im Fond des Geländewagens und wäre am liebsten auf der Stelle verschwunden. Doch die geräuschlosen Blitze, die im Innern des Hauses aufflammten, hypnotisierten ihn. Die Schüsse und die Schreie gelangten nicht bis zu ihm. Er glaubte zu weinen, als er sah, wie die Tiere des Schattenspiels von den Kugeln fortgerissen wurden. Papiersterne flogen in alle Richtungen und schwebten langsam wie Federn auf den Boden herab. Am liebsten hätte er dem Fahrer gesagt, er solle den Motor starten, mit rauchenden Reifen losfahren und diese Siedlung verlassen.
    Aber er hatte nicht die Kraft dazu.
    Eine jähe Stille folgte dem Knattern des Schlagbolzens, der ins Leere schnellte.
    Henry Okah ließ das Magazin auf den Boden fallen und stieß ein neues in den Griff hinein. Das gedämpfte Wiegenlied, das aus dem Nachbarzimmer kam, erinnerte ihn an jene Abende, an denen seine Mutter ihm ein Kinderlied vorgesummt hatte, dessen Worte er vergessen hatte. Er betrachtete das Zimmer, in dessen Mitte er stand.
    Blassrosa Licht fiel durch die Löcher in der Wand und wob in der rauchgesättigten Luft ein dunstiges Spinnennetz. Staubschwaden wogten zwischen den Lichtstrahlen, die auf das Bett regneten und die inmitten der Patronenhülsen kniende Frau einhüllten. In den Krämpfen und Schluchzern, die ihren Körper erbeben ließen, wirkte sie seltsam alterslos; bei jedem Schluchzer zuckte ihre Wirbelsäule unter ihrer Haut. Mit den Fingern das Bettlaken umklammernd, wiegte sie sich vor und zurück, wobei sie unverständliche Worte vor sich hin stammelte.
    Okah sah auf den Wecker, der auf dem Nachtschränkchen stand. Er trat ans Fenster, aber die

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