Die Unseligen: Thriller (German Edition)
vertrieben sich die Zeit damit, Craps um Kippen zu spielen. Wärter hatten ein wachsames Auge auf sie, und in regelmäßigen Abständen schlugen sie mit ihren Schlagstöcken gegen das Eisengitter.
Benjamin und Jacques folgten einem Polizisten zum Büro des Kommissars. Sie kamen an zwei Prostituierten vorbei, die ihnen zuriefen und lachend ihre Brüste vor ihnen entblößten.
Als Benjamin das lang gestreckte Zimmer betrat, das für sich allein ein Viertel der Fläche des Erdgeschosses beanspruchte, musste er lächeln. Forman Stona erwiderte das Lächeln und ging auf sie zu, um ihnen die Hand zu reichen.
»Kommissar, Sie können gehen.«
Der Polizeibeamte gehorchte und zog die Tür hinter sich zu. Forman Stona bat die beiden Ärzte, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
»Ich freue mich, Sie zu sehen, meine Herren.«
»Die Freude ist ganz unsererseits«, sagte Benjamin.
Sie hatten sich seit jener Nacht, in der das Blut das Wasser des Niger rot gefärbt hatte, weder gesehen noch miteinander gesprochen. Dieses Wiedersehen war verstörend, wie wenn das Band zwischen den drei Männern nicht in Worte gefasst werden könnte.
»Was machen Ihre Verletzungen?«
»Bei Wetterumschwüngen tun sie weh. Aber es ist zum Aushalten.« Stona schlug eine Aktenmappe auf und legte Berichte vor sich auf den Tisch. »Ich denke, Sie wissen, warum ich hier bin?«
»Naïs? Noch immer das Mädchen?«
»Noch immer.«
Benjamin zündete sich eine Zigarette an, worauf es ihm Forman Stona nachmachte.
»Alles, was ich weiß, habe ich bereits Ihren Kollegen gesagt«, sagte Jacques. »Ich habe sie im Krankenhaus wiedererkannt. Als ich dann zurückkam, war sie verschwunden.«
»Ich glaubte, an jenem Tag Yaru Aduasanbi gesehen zu haben«, meldete sich Benjamin zu Wort. »Aber ich war mir nicht sicher, ob er es war.«
»Haben Sie ihn mit jemandem sprechen sehen?«
»Ja, ich glaube, er hat mit Pater David gesprochen.« Fragen Stonas zuvorkommend, fügte er hinzu: »Pater David hielt seit einigen Monaten im Lager den Gottesdienst. Er arbeitete mit dem Roten Kreuz.«
»Und wo hält sich dieser Priester gegenwärtig auf?«
»Er hat das Lager verlassen, er wollte zur katholischen Missionsstation in Baganako zurückkehren.«
Forman Stona notierte diese Information und beugte sich über eine Fotokopie.
»Doktor Dufrais, haben Sie diese junge Frau namens Kesiah behandelt? Hat sie Ihnen etwas gesagt?«
»Nein, als ich sie untersucht habe, stand sie noch immer unter dem Schock des Angriffs. Aber ich habe in ihrer Tasche ein Foto von Yaru Aduasanbi und Naïs gefunden.«
»Glauben Sie, dass Yaru Aduasanbi versucht hat, sie umzubringen?«, fragte Jacques.
»Kesiah war eine Prostituierte«, meinte Benjamin. »Vielleicht hat ihr Zuhälter die Entführung von Naïs in Auftrag gegeben.«
Stona antwortete nicht. Benjamin lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
»Ich weiß, dass diese ganze Geschichte hier nationale Sicherheitsinteressen berührt und daher topsecret ist – aber warum ist Aduasanbi hierhergekommen? Nach Damasak?«
»Aduasanbi ist aus der MEND ausgestiegen, weil er Naïs verkaufen will.«
»Um sich persönlich zu bereichern?«
»Nein, wir glauben, dass er eine neue terroristische Gruppe gründen und finanzieren will. Er wollte im Niger einen Käufer suchen. Er wäre beinahe geschnappt worden, aber in letzter Minute ist er entkommen.«
»Die Geschichte wiederholt sich«, spöttelte Jacques.
»Sie sagen es.«
»Und was Naïs betrifft?«, erkundigte sich Benjamin.
Forman Stona deutete ein Lächeln an, stand auf und signalisierte damit, dass die Unterhaltung beendet war.
85
»He, du!«
Benjamin blieb mitten in der Polizeidienststelle stehen und sah sich nach der Person um, die ihm zugerufen hatte. Er sah, dass ein Mann in einem der Käfige ihn zu sich winkte.
»Ich treff dich beim Auto«, sagte er zu Jacques.
Der Mann warf einen Blick in Richtung der Polizisten, die sich um einen Schreibtisch versammelt hatten, um der Übertragung eines Fußballspiels zu lauschen, und sprach mit leiser Stimme.
»Ich kenn dich. Du bist Arzt im Lager, stimmt’s?«
»Ja.«
Er hob sein T-Shirt an und zeigte Benjamin die Blutergüsse, die seinen Oberkörper übersäten.
»Schau dir an, was sie mit mir gemacht haben, diese Schweine!«, zischte er und deutete auf die Polizisten. »Kannst du mir nicht helfen? Ich will die anzeigen, Mann!«
»Warum haben sie Sie geschlagen?«
Der Mann schüttelte den Kopf und spuckte in Richtung des Büros des
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