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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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entscheiden ist ganz allein meine Sache. Was seine mutmaßliche Täterschaft anbelangt, so ist das eine Information, die von Doktor Dufrais stammt, der mich davon überzeugt hat.«
    »Gerade deshalb bitte ich Sie, mich reingehen zu lassen«, mischte sich Benjamin ein.
    Jacques wandte sich verblüfft zu ihm um, aber Benjamin ließ ihm nicht die Zeit, den Mund aufzumachen.
    »Lassen Sie mich mit ihm reden. Er vertraut mir, er wird mit mir kommen. Und wenn er wirklich der Täter ist, werde ich ihn überreden, ein Geständnis abzulegen … «
    Stona fuhr sich mit der Hand übers Kinn, während er nachdachte.
    »Ein Geständnis?«
    »Ich werde es von ihm bekommen.«
    »Ich gebe Ihnen zehn Minuten«, ließ sich Forman erweichen. »Aber wenn Georges Ikki nach diesen zehn Minuten nicht mit erhobenen Händen rauskommt, befehle ich meinen Männern, ihn zu holen, selbst wenn Sie noch drin sind. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Sonnenklar.«

87
    Benjamin ging bis zur Tür des Unterstands und wartete, bis sich die Polizisten zurückgezogen hatten, ehe er klopfte. Eine leichte Angst, verbunden mit Müdigkeit, lastete auf seinen Schultern. Er kannte Georges seit fast einem Jahr, und dennoch rechnete er damit, dass diese Tür aus vertrocknetem Holz aufgehen und ein Unbekannter dahinter auftauchen würde.
    Es ist verunsichernd und erschreckend, dachte er, der Tatsache ins Auge sehen zu müssen, dass wir einen anderen Menschen niemals richtig kennen und dass jeder Mensch den anderen nur eine Facette von sich zeigt. Und es gelang ihm nicht, Georges mit der Vorstellung in Verbindung zu bringen, die er sich von einem Mörder machte, nein, trotz der Enthüllungen des Zuhälters war der Zweifel noch immer stärker als der Verdacht.
    Jacques hatte ganz ähnlich reagiert, sogar noch entschiedener und alle Beschuldigungen rundweg für Unsinn erklärt. Es hatte Benjamin verblüfft, wie sehr die Einfühlung in einen Menschen Urteilsfähigkeit und Denkvermögen beeinträchtigen konnte. Er wischte seine feuchten Hände an seiner Hose ab und klopfte dreimal kurz. Er nahm Bewegungen in seinem Rücken wahr und hörte gedämpfte Geräusche aus dem Innern des Zimmers, dann erneute Stille.
    »Georges? Ich bin’s, Benjamin.«
    Keine Reaktion.
    »Ich muss mit dir reden … «
    Er glaubte, die Bewegung hinter ihm deutlicher zu spüren, und drehte sich um, um dem Kommissar zu bedeuten, noch zu warten, aber er sah niemanden. Eine Dunstwolke, die im Widerschein der Sonne strahlend weiß schimmerte, verhüllte das Lager.
    »Ben? Was willst du?«, fragte Georges durch die Tür.
    »Mach auf, ich muss mit dir reden.«
    »Ich bin kaputt, Doc, und ich fang erst in zwei Stunden an … «
    »Mist, du wirst mich doch hier nicht wie einen Idioten vor deiner Bude stehen lassen, oder?«
    Er hörte ein langes Seufzen und das Klirren eines Schlosses. Georges steckte den Kopf durch den Spalt und beschirmte sich die Augen mit der Hand. Als er ihn sah, wusste Benjamin, dass ihre Freundschaft in diesem Moment zu Ende war, ganz gleich, ob Georges nun der Täter war oder nicht. Wenn er der Täter war, stellte sich die Frage nicht mehr, und wenn sich seine Unschuld herausstellen sollte, würde er Benjamin niemals verzeihen, ihn zu Unrecht beschuldigt zu haben.
    »Im Ernst, konnte das nicht warten?«, fragte der junge Mann und gähnte. »Was ist denn los?«
    »Bittest du mich nicht rein?«
    »Mein Zimmer ist nicht aufgeräumt, Doc … «
    »Meines auch nicht«, beteuerte Benjamin, während er einen Schritt vortrat, um reinzugehen. Georges zog ein verärgertes Gesicht und versperrte ihm den Durchgang.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass es nicht geht … « Sein Tonfall hatte sich geändert – er war bestimmter geworden. »Also sagst du mir, was los ist, sodass ich mich wieder aufs Ohr legen kann?«
    Der Arzt ließ nicht locker. Er wusste, dass Forman Stona seine Männer nicht mehr sehr lange zurückhalten würde.
    »Ich kapier nicht, warum du mich nicht reinlässt.«
    »Und ich kapier nicht, warum dir so viel dran liegt«, zischte Georges und runzelte die Stirn.
    Sie schwiegen, und Benjamin wusste nicht, ob es das morgendliche Licht war, das die Gesichtszüge des jungen Schwarzen hart machte, oder die Verärgerung und ein Anflug von Angst.
    Sie erstarrten beide, als ein dumpfes, kaum hörbares Stöhnen aus dem Innern des Zimmers drang.
    »Was war das?«, stieß Benjamin hervor.
    Georges’ Augen funkelten kurz panisch. Er wich einen Schritt zurück und schloss die Tür etwas

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