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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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beide gegen die Machenschaften des Pharaos. Inukiths Kopf akzeptierte diese Argumente zwar, aber ihr Herz war voller Sorge, einmal mehr zum Spielball fremder Interessen zu werden. Topra musste erst lernen, sich in die Psyche eines an den Gefühlen verletzten Mädchens zu versetzen, das einfach nur um seiner selbst geliebt werden wollte. Stein für Stein trug er die Mauer von Inukiths unterbewussten Ängsten ab. An diesem Morgen – die vierte Woche seines Dienstes bei der Leibgarde ging gerade zu Ende – überraschte sie ihn während seiner Inspektion mit einer aufregenden Nachricht.
    »Bei dem Bankett gestern Abend konnte ich ein leises Gespräch zwischen Isfet und Aabuwa belauschen. Ich weiß nicht genau, ob es wichtig für uns ist.«
    Topra würgte ein halb zerkautes Pralinee herunter, das in einer von Inukith liebevoll mit einem altmodischen Wecker als »Zeitzünder« ausgestatteten Schachtel gelegen hatte. »Lass hören. Schnell!«
    »Isfet sagte zu seinem Sohn etwas wie: ›Die drei Welten schwingen wieder aufeinander zu. Das vorletzte Mal, ehe deine große Stunde kommt. Spürst du schon etwas?‹«
    Topras Kinnlade klappte herab; seine Zähne waren schokoladenbraun. »Du meinst, der Pharao hat seinen Sohn gefragt, ob er etwas von dieser Annäherung bemerkt?«
    »Wenn ich dir nicht gründlich genug spioniere, dann kannst du dir ja eine andere…«
    »Schon gut. Entschuldige bitte, Inukith.« Tropra wischte sich fahrig über die verschmierten Lippen. »Ich bin nur…« Er schlug sich mit dem Handballen gegen die Stirn. »Ein Mondkalb gewesen!«
    »Ach, fällt dir das auch schon auf?«
    »Jetzt mal im Ernst, Inukith. Was hat Aabuwa auf die Frage geantwortet?«
    »Er sagte, er fühle sich unruhiger als sonst. Hat das etwas zu bedeuten?«
    Topra ließ sich schwer in einen Sessel sinken. »Und ob! Dass ich nicht früher darauf gekommen bin! Aabuwa wurde in derselben Nacht geboren wie ich, an einem geweihten Ort, der schon früheren Pharaonen als Mammisi gedient hatte. Seine Mutter… Was ist eigentlich mit der Kaiserin? Sie muss doch auch an dem Bankett teilgenommen haben?«
    »Ja, aber sie unterhielt sich gerade mit dem Gouverneur von Saba, als Vater und Sohn miteinander tuschelten. Ich hab mitbekommen, wie Isfet in ihre Richtung zeigte und Aabuwa zuraunte: ›Es ist besser, wenn du deiner Mutter nichts von den Komplikationen erzählst. Aus lauter Liebe zu dir könnte sie eifersüchtig auf unseren Kandidaten werden und ihn vor der Zeit töten lassen.‹«
    Topra fühlte sich, als habe er ein Nadelkissen verschluckt. »Kandidat? Hat der Pharao sich so ausgedrückt?«
    »Ich bin kein wandelndes Diktiergerät, das jedes Wort hundertprozentig richtig…«
    »Du hast deine Sache bestens gemacht, Inukith. Wenn die Hexe nicht auch noch in den Plänen der beiden mitmischt, dann ist das nur gut. Ich mache mir nur ein wenig Sorgen, sie könnten mit dem ›Kandidaten‹ mich gemeint haben.«
    »O weh! Das wäre ja…«
    »Mein Todesurteil.«
    »Vor der Zeit?«, murmelte Inukith. »Was hat Isfet mit dieser Formulierung gemeint?«
    Wie im Schlaf murmelte Topra: »Er hat offenbar einen chronologisch gestaffelten Plan, möglicherweise einen, der in sechs Abschnitte untergliedert ist.«
    »Wieso gerade sechs?«
    »Später, Inukith. Erzähl mir erst, wie Aabuwa auf die Ermahnung seines Vaters reagiert hat.«
    »Ich kenne sein Mienenspiel inzwischen ganz gut. Die abwartende Haltung seines Vaters gegenüber diesem geheimnisvollen ›Kandidaten‹ schmeckte ihm nicht, aber nach kurzem Zögern fügte er sich trotzdem.«
    »Hast du je gesehen, ob Aabuwa ein Muttermal besitzt, das dem Emblem des Großen Hauses gleicht?«
    »Du meinst das unendliche Pyramidenband?«
    Topra nickte.
    »Nein. Das muss aber nichts heißen. Wäre es nach Aabuwa gegangen, dann hätte er schon längst vor mir seine Hüllen fallen lassen, um mir seine Männlichkeit zu zeigen. Bis jetzt konnte ich ihn davon abhalten.«
    Topras Magen verkrampfte sich bei dieser Vorstellung. Trotzdem zwang er sich zu einem Lächeln. »Ich habe so ein Muttermal und mir scheint, dass ich es den Umständen meiner Geburt verdanke. Wenn Aabuwa tatsächlich spüren kann, wonach ihn der Pharao gefragt hat, dann sind wir einander sehr ähnlich…«
    »Das ist mir noch nicht aufgefallen. Zum Glück!«
    »Hierbei geht es auch nicht um Äußerlichkeiten oder um unseren Charakter. Die Wächterin des Wüstenorakels von Siwa erzählte mir einige sehr beunruhigende Dinge über die Kräfte, die in

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