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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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trug der Nubier die traditionelle baqatische Tracht: Sandalen und einen Wickelrock. Letzterer bestand aus hellblauem, an den Rändern mit goldenen Tressen versehenem Plisseestoff. Hobnajs Beine und sein ebenholzschwarzer Oberkörper waren nackt. Wie die Kleidung hätte auch sein mächtiger, enorm breiter Krummsäbel und der zweischneidige Dolch, der in seiner Bauchbinde steckte, aus dem Museum stammen können. Der Besitz von Lichtkanonen jedweder Größe, ja selbst veraltete Feuerwaffen waren allen Unfreien verboten. Hobnaj besaß, abgesehen von seinem Verstand, nur ein wirksames Mittel zur Verteidigung und er würde nicht zögern, es für Gisa und ihr Kind einzusetzen.
    Gerade strebte er auf einen weiteren, im rechten Winkel verlaufenden Quergang zu, als aus diesem ein ganzes Bündel sich unruhig bewegender Lichtkegel fiel. Hobnaj lauschte. Seine empfindlichen Ohren nahmen den Laut zahlreicher Füße wahr. Nein, das war nicht der Hohepriester. Da bewegte sich jemand anderer mit großer Zielstrebigkeit durch die Tunnel. Direkt auf ihn zu.
    Die Jagd hatte begonnen.
    Sofort schaltete der Nubier seine eigene Lampe aus. Von nun an würden ihm seine Gegner den Weg weisen. Sie müssen sich sehr überlegen fühlen, dachte er. Dringen mit voller Festbeleuchtung hier ein, anstatt die Nachtsichtvisiere in ihren Helmen zu aktivieren. Soll mir recht sein.
    Hobnaj huschte zu dem Abzweig, erschien für einen Augenblick im Scheinwerferkegel der Eindringlinge und war auch schon wieder verschwunden. Hinter sich hörte er aufgeregtes Geflüster – die Bluthunde hatten die Witterung aufgenommen.
    An einer Gabelung ging er kurz in die Hocke, schnitt mit dem Dolch ein Stück Stoff aus seinem Rock und bedeckte damit den Reflektor seiner Taschenlampe. Jetzt hatte er wenigstens ein bisschen Licht, ohne sich gleich zu verraten. Schon war er wieder auf den Beinen. Für einen Sekundenbruchteil zeigte er sich erneut seinen Gegnern. Kaum hatte er den Kopf zurückgezogen, da fauchten auch schon blaue Laserstrahlen durch den Schacht und hinterließen in der Plattenverkleidung der gegenüberliegenden Gangwand dunkle Brandflecken. Hobnaj setzte die Flucht fort.
    So lockte er die Männer geschickt hinter sich her und damit immer weiter von der Kammer des Wissens fort. Er achtete darauf, den Abstand gering zu halten, denn andernfalls könnten seine Verfolger in die Versuchung geraten, den Bund an seinem Hals vorzeitig zu sprengen. Hobnaj hatte inzwischen ihre Uniformen erkannt. Niemand Geringerer als Isfets Leibgardisten, die besten Elitekämpfer Baqats, waren ihm auf den Fersen. Ohne Frage hatte General Waris Zugriff auf die Zündcodes der Sklavenringe. Und seine Männer würden sie auch benutzen.
    Wieder blieb Hobnaj an einem Abzweig stehen und orientierte sich kurz anhand des Tunnelplans. »Ja!«, flüsterte er. Das war die Stelle, die er gesucht hatte. Hier konnte er seine Verfolger mit etwas Glück in die Irre führen, um selbst zur Kammer des Wissens zurückzukehren.
    Einmal mehr streckte Gisas Leibwächter den Kopf in den Seitengang und grinste den Gegnern entgegen. Ein Lichtspeer schoss ihm entgegen und verfehlte nur knapp sein Gesicht. Die Treffsicherheit des Elitekorps war legendär, aber nicht unfehlbar. Beim nächsten Quertunnel nahm er seinen Dolch und warf ihn mit wohl bemessenem Schwung hinein. Die Klinge aus damasziertem Stahl klimperte einige Schrittweit über den Boden und blieb – gut sichtbar – liegen. Hobnaj selbst ließ den Schacht links liegen und eilte zur nächsten Gabelung, wo er sich versteckte. Keinen Moment zu früh, denn schon rückten die Elitekämpfer vor.
    In geduckter Haltung sicherten sie sich gegenseitig nach allen Seiten ab, selbst nach solchen, aus denen angesichts der beengten Verhältnisse eigentlich keine Gefahr drohen dürfte. Sie taten eben, was der Drill sie gelehrt hatte.
    »Da ist was!«, sagte erwartungsgemäß ein Leibgardist.
    »Zeig her!«, erwiderte ein anderer, offenbar der Truppführer.
    Hobnaj hörte leise Stimmen. Sie berieten sich. Nach wenigen Sekunden entfernte sich das Getrappel der Soldatenstiefel und der Widerschein der Lampen erlosch.
    Zur Sicherheit schob der Nubier die Spitze seines Prunksäbels dicht über dem Boden in den Nachbartunnel. In dem blank polierten Metall gab es nicht die kleinste Reflexion. Wie ein Schatten huschte Hobnaj aus der Deckung. Als er den Quergang erreichte und um die Ecke spähte, konnte er weit vor sich die Scheinwerfer der Leibgardisten sehen. Laut Plan

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