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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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seine frisch angetraute Ehefrau ihr Leben der Aufgabe verschrieb, ihm bei der Herrschaft über die Unterwelt zu helfen.
    Mir wurde es eng in der Brust. Ich konnte keine solche Verpflichtung eingehen, wenn sich die Dinge nicht ändern würden. Wenn er mir nicht vertraute, wenn er mich nicht als seine Königin wollte, dann wollte ich das hier nicht tun. „Was auch immer da mit Calliope vor sich geht, ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren.“
    „Das hast du“, sagte er. „Ich versichere dir, sobald wir einen Moment für uns haben, erzähle ich dir alles.“
    „Wir haben jetzt einen Moment“, erinnerte ich ihn. Ich wollte nicht mit ihm streiten, nicht so kurz bevor sich mein Leben für immer verändern würde. Doch das war genau der Grund, aus dem ich das hier tun musste. „Ich habe nicht das Gefühl, dass du mir vertraust oder … oder mich überhaupt hier haben willst, und ich muss wissen, ob du es doch tust. Denn wenn nicht, dann müssen wir das hier nicht durchziehen.“
    Henry zögerte. Ich suchte nach irgendeinem Hinweis in seinem Gesicht, was er gerade dachte, doch sein Ausdruck gab nichts preis. „Wenn du nicht willst …“
    „Ich will ja“, unterbrach ich ihn, während die Verzweiflung mich innerlich zu zerreißen drohte. „Ich will hierbleiben. Ich will das hier tun. Ich will mit dir zusammen sein. Ich weiß nicht, wie ich das noch deutlicher machen soll. Aber ich muss wissen, dass du es auch willst, okay? Bitte sag mir einfach nur, dass du mich bei dir haben willst, damit ich das hier schaffe.“
    Ich hatte Schweigen als Antwort erwartet, und als Henry stumm blieb, begann ich mich von der Flügeltür abzuwenden.
    Henrys Hand auf meinem Arm hielt mich auf.
    „Kate“, begann er leise. „Es war ein harter Tag, und es tut mir leid, dass ich dir heute Nachmittag solche Sorgen bereitet habe. Aber trotzdem, egal, wie schlimm es noch wird, egal, wie lange wir beide brauchen, um uns an dieses neue Leben zu gewöhnen: Zweifle niemals daran, dass ich dich hier haben will. Du bist fähigund verständig, und du bist besser geeignet, als Königin an meiner Seite zu stehen, als jede andere Sterbliche, die ich je gekannt habe.“
    Das Herz wurde mir noch schwerer. Seine Gründe waren rational, völlig emotionslos. Wenn es nach Henry ging, da war ich mir sicher, würde ich für ihn nie mehr als seine Königin sein. Doch es hatte keinen Zweck, weiter nachzubohren. Er hatte meine Frage beantwortet.
    „Danke“, sagte ich, und meine Stimme zitterte. Es war nicht genug, doch er brauchte Zeit, und die würde ich ihm geben. Doch die Zeremonie würde jetzt stattfinden. Was würde geschehen, wenn er zu dem Schluss käme, dass er mich doch niemals anders als eine gute Freundin lieben könnte?
    Du musst das nicht tun, wenn du nicht willst, weißt du.
    Kopfschüttelnd vertrieb ich James’ Worte aus meinen Gedanken. Nicht jetzt. Nicht wenn ich kurz davorstand, das wichtigste Ereignis in meinem gesamten Leben zu begehen.
    Und nicht wenn wir gerade in den überwältigendsten Raum eintraten, den ich je gesehen hatte.
    Der Ballsaal auf Eden Manor war ein Nichts dagegen. Fein gemeißelte Steinsäulen stützten die hohe Decke, die aus demselben Quarz bestand, von dem die Wände der Höhle draußen durchzogen waren, und jeden Zentimeter des Saals hell erleuchtete. Fenster mit schweren schwarz-goldenen Vorhängen reichten bis weit über meinen Kopf, und im Zentrum des Ganzen hing ein prachtvoller Kronleuchter. Jetzt wusste ich wenigstens, warum der Palast so groß war. Musste er ja, damit ein Raum wie dieser hineinpasste.
    Bei jedem meiner Schritte hallte das Klicken meiner Absätze über den schimmernden Marmorboden. Unzählige Bankreihen waren auf den vorderen Teil des Saals ausgerichtet, als hätte Henry oft viele Besucher, und am Ende der langen Säulenallee warteten zwei Throne. Einer war aus schwarzem Diamant, der andere aus weißem.
    Dies war der Thronsaal der Unterwelt. Die anderen Ratsmitgliedersaßen in der ersten Bank, und außer James trugen sie zum Glück alle so extravagante Kleider wie das, was Henry für mich ausgesucht hatte. Wenigstens musste ich zu allem anderen nicht auch noch die Peinlichkeit ertragen, overdressed zu sein.
    „Denk ans Atmen“, erinnerte mich Henry leise, und mich überlief ein Schauer. Aber er hatte recht; irgendwann zwischen dem Betreten des Thronsaals und der Ankunft am Ende des Mittelgangs hatte ich vergessen, Luft zu holen.
    Henry drehte uns um, sodass wir dem Rat gegenüberstanden,

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