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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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der einzige Grund, aus dem sie dieses Wissen nicht teilte, ihre Selbstsucht. Ich besaß jetzt die Kräfte, die sie aufgegeben hatte – zusammen mit ihrer Familie, ihrer Mutter und allem, was sie liebte, und das alles bloß für einen gut aussehenden Kerl. Ich wusste, warum sie mich nicht mochte, aber das gab ihr nicht das Recht, unsere Sicherheit aufs Spiel zu setzen.
    Nach einer Weile stieß Persephone sich von dem Baum abund marschierte weiter, sodass wir hinter ihr herhasten mussten. „Na gut“, rief sie in einem Singsang, der an meinen Nerven zerrte. „Ich bring’s ihr bei, wenn Ava zugibt, dass ich hübscher bin als sie.“
    Ava fiel die Kinnlade herunter, und wütend stürmte sie Persephone hinterher. „Du kleine …“
    James bot mir seinen Arm, doch ich schüttelte den Kopf. Er wirkte enttäuscht, drängte mich aber nicht. Stattdessen ging er neben mir, dicht genug, dass er mich halten könnte, wenn ich Hilfe bräuchte. Sein Beschützerinstinkt tat mir gut, aber für den Rest des Tages hielt ich den Blick auf den Boden gerichtet. Er hatte auch mit Persephone geschlafen, und keine Vision würde mich dazu bringen, das zu vergessen.
    Selbst ohne es darauf anzulegen, beeinflusste Persephone jeden Bereich meines Lebens und jede Person, die ich liebte. Wie bei einer kleinen Schwester, deren sämtliche Sachen aus zweiter Hand waren, klebte an allem, das ich besaß, ihr Geruch. Und nichts würde diesen Geruch jemals vertreiben.
    Ein Gutes hatte es, mit Persephone unterwegs zu sein: Unsere Umgebung veränderte sich nicht, was bedeutete, dass ich es nicht noch einmal ertragen musste, zuzusehen, wie jemand gefoltert wurde. Als ich in der Ferne die bunt blinkenden Lichter eines Jahrmarkts sah, dachte ich deshalb einen Moment lang, ich hätte sie verloren. Doch sie war immer noch da und tänzelte ein paar Meter vor mir den Weg entlang.
    Ein gigantisches Riesenrad erhob sich über uns, und über den Zaun hinweg zog der Duft von Popcorn in die kleine Senke in der Wiese, in der wir unser Lager aufschlugen. So nachdrücklich Persephone auch behauptete, sie wäre müde und bräuchte eine Pause: Ich war mir sicher, dass sie diesen Ort wegen der hellen Lichter und der Andeutung der Zukunft, die sie niemals gesehen hatte, ausgesucht hatte. Es war von Anfang an nicht ihr Eden gewesen – das war die einzige Erklärung, warum dieser Jahrmarkt jetzt hier war. Besser als jeder andere hier unten musste sie wissen,wie sie ihr Leben nach dem Tod manipulieren konnte, um solche Dinge sehen zu können.
    Diesmal sammelten James und ich gemeinsam Holz und ließen Ava und Persephone streitend zurück. Es wäre einfacher gewesen, ihn das Feuerholz erschaffen zu lassen, doch ich brauchte Abstand von den beiden zänkischen Frauen – und er anscheinend auch. In einem kleinen Wäldchen fand ich eine weitere farbenfrohe Blume und lächelte in mich hinein, als ich ihren Zuckerwatteduft einatmete und sie in meine Tasche steckte. Henry war noch am Leben, und egal, wie wütend Calliope wurde, sie würde ihn nicht umbringen.
    Nachdem ich ein bisschen Feuerholz gesammelt hatte, stand ich eine Weile unter dem Banner herum, das über den Eingang zum Jahrmarkt gespannt war, und überlegte hin und her, ob ich hineingehen sollte. So ungern ich das auch eingestehen wollte – ich war ebenfalls noch nie auf einem richtigen Jahrmarkt gewesen. Es juckte mich in den Fingern, herauszufinden, wie es wohl sein mochte.
    „Tut mir leid“, erklang James’ Stimme hinter mir, und ich zuckte zusammen. Ein paar der Äste, die ich gesammelt hatte, fielen zu Boden, und als ich mich bückte, um sie wieder aufzusammeln, kniete sich James neben mich, um mir zu helfen.
    „Ich schaff das schon“, fuhr ich ihn an. James erhob sich und trat beiseite, doch er ging nicht weg. Stattdessen wartete er, bis ich alles wieder aufgehoben hatte, und als ich mich aufrichtete, um auf ein vielversprechendes Fleckchen hohes Gras zuzugehen, folgte er mir.
    „Ich hätte dir das von mir und Persephone erzählen sollen“, sagte er. „Wenn ich eine Ahnung gehabt hätte, wie deine Gefühle in Bezug auf sie sind, hätte ich es getan. Es tut mir leid.“
    „Ist das der Punkt, an dem du mir erzählst, es hätte nichts bedeutet?“, fragte ich gereizt.
    Er zögerte, als würde er genau überlegen, wie er sich ausdrücken sollte. „Nein, ist es nicht. Während es geschah, hat es etwas bedeutet.“
    Mein Griff um das Feuerholz wurde so fest, dass ein paar Äste brachen. „Du solltest

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