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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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der Stille ausharren, die auf diese Demonstration nachbarschaftlicher Liebe folgte. Die Droschke schaltete einen Gang herunter und kam ruckelnd zum Stehen. Ohne mich anzusehen, löste Angela die Schnallen, die sie fixierten. Dann schwang sie die extrabreite Tür auf und verließ das Abteil. Alles, was ich neben der funkelnden Masse ihres Formalaggregats erkennen konnte, war Dunkelheit. Ich straffte die Schultern und stieg aus.
    Wir befanden uns in der feuchtkalten Enge eines Stalls. Mehrere Droschken standen auf Stellplätzen an der nahen Wand. Ihnen gegenüber befanden sich leere Pferche. Die Pferde waren verschwunden, wenngleich der süßliche Gestank in der Luft erahnen ließ, dass sie erst seit Kurzem fehlten. Hinter uns zogen zwei Stallarbeiter das klappernde Garagentor herunter. Als es geschlossen war, umhüllte uns Finsternis. Ich stand still, während sich meine Augen den Lichtverhältnissen anpassten. Der tiefere Schatten von Angela Tomb streifte mich.
    »Wie damals, als wir Kinder waren, was, Jacob?«, fragte sie. Ihre Stimme klang seltsam aufgeregt. Sie atmete tief durch, dann seufzte sie, ein eigenartiger Laut, der Lungen aus Messing und Leder entstammte. »Damals haben wir uns davongeschlichen, hierher zu den Ställen, während die Erwachsenen tanzten.«
    »Das ist lange her, Angie«, flüsterte ich. »Wo sind wir?«
    »So angespannt.« Sie schlang die Finger um meine Hand. »Bleib einfach eine Minute lang bei mir stehen, ja?«
    Ich war nicht sicher, was sie so melancholisch werden ließ. Für eine Frau, die sich noch vor zwei Wochen nicht darum geschert hatte, ob ich lebte oder starb, schien sie mir plötzlich entsetzlich erpicht darauf, unsere Kindheit wieder aufleben zu lassen. Ich war mir auf unangenehme Weise der Gegenwart des Fahrers und der Stallarbeiter bewusst. Und wer konnte schon sagen, ob sich noch jemand anders in dieser Finsternis aufhielt? Auch das Formalaggregat nahm ich wahr, das Luft in ihren Körper pumpte und Dampf sowie einen Geruch nach gekühltem Fleisch ausstieß. Ich löste meine Finger aus ihrer Hand und seufzte.
    »Wo sind wir, Angela?«, wiederholte ich meine Frage.
    Stille. Mehrere Personen bewegten sich im Raum, traten nervös von einem Bein aufs andere, lösten Schnallen oder fegten den Boden. Ich nahm auch andere Füße in weiteren Räumen wahr.
    »Können wir hier etwas Licht haben?«, fragte Angela. Als hätten sie nur auf den Befehl gewartet, erwachten mehrere Reibungslampen surrend zu strahlendem Leben. Ich blinzelte in der plötzlichen Helligkeit.
    Alles, was ich schon zuvor gesehen hatte, aber mehr Leute. An der Wand vor unserer Droschke führte eine kurze Treppe zu einer Tür hinauf. Mehrere Wachleute standen vor den Stufen, ein weiterer Wachmann befand sich unmittelbar vor der Tür. Zwei andere waren aus den leeren Pferchen hervorgekommen. Ich sah, dass es sich auch bei den Stallburschen um erwachsene und ebenfalls bewaffnete Männer handelte. Die Livree ihrer Uniformen kannte ich zwar nicht, aber sie sahen nach mehr als primitiven Schlägern in feinen Kleidern aus. In diesem Raum gab es eine Menge Eisen. Ich begann zu bedauern, dass ich mir nicht die Zeit genommen hatte, einen Revolver zu besorgen. Als ich mich Angela zuwandte, sah sie mich erwartungsvoll an. Wonach sie auch Ausschau hielt, sie bekam es nicht. Nach wenigen Sekunden wurde ihr Blick milder, und sie ließ ihn durch den Raum wandern.
    »Das ist die Garage eines Gebäudes in der Owens-Straße in der Nähe des Lampenscheins. Früher war es ein Privathaus. Eines der älteren Bauwerke in Veridon.« Sie schnupperte die Luft und verzog das Gesicht. »Hat schon bessere Tage erlebt. Es hat viele Male den Besitzer gewechselt und ist schon alles Mögliche gewesen. Bis vor Kurzem war es ein Mietshaus, das einer der unbedeutenderen Familien im Rat gehörte.« Abermals schnupperte sie und bedachte mich mit einem Blick. »Industrielle.«
    »Bis vor Kurzem«, wiederholte ich und ignorierte ihre Anmerkung über Industrielle.
    Sie nickte und deutete auf die Treppe. Die Wachleute traten beiseite, und Angela setzte sich in Bewegung. Ihre hundert winzigen, kolbenartigen Füße arbeiteten mit einer Flinkheit, die man nicht erwartet hätte. Sobald sie die Tür öffnete, stieg mir jener vertraute Geruch in die Nase. Wie in einer Metzgerei, vermischt mit Staub.
    Abgesehen von dem Geruch wirkte das Haus ziemlich normal. Schäbig zwar, doch man konnte noch den ursprünglichen Prunk erkennen. Die aufwändigen Verzierungen an

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