Die Unvergänglichen: Thriller (German Edition)
leer.
Endlose Jahre in der Schule, zahllose akademische Auszeichnungen, zwei Doktortitel … Und er hatte sich von einem Hund überlisten lassen. Mal wieder.
Richard wollte schon ums Haus herum zur Vordertür gehen, als er bemerkte, dass das Fliegengitter vor Susies offenem Fenster auf dem Boden darunter lag. Das musste er wohl auch reparieren.
Er ging hinüber und wollte es schon aufheben, als er eine Bewegung im Zimmer seiner Tochter bemerkte. Zuerst glaubte er, er hätte sie geweckt, doch der Schatten, der sich in Richtung Bett bewegte, war viel zu groß, um von ihr oder Carly zu stammen.
Das Fensterbrett befand sich etwa eineinhalb Meter über dem Boden und Richard war beinahe erstaunt, als sein Versuch, einfach hineinzuspringen, gelang und er schmerzhaft auf Susies offen stehender Spielzeugkiste landete. Der laute Knall bewirkte, dass sich der vor dem Bett stehende Mann umdrehte. In seiner Hand blitzte kurz etwas im schwachen Licht auf, bevor er die Hand senkte und nach etwas an seiner Seite griff.
Richard rollte sich ungelenk von der Kiste herunter, schaffte es, auf den Füßen zu landen, und warf sich auf die Gestalt. Susie kreischte auf, als er gegen den Mann prallte, und Richard spürte, wie etwas gegen seinen Schädel knallte. Der Lauf einer Pistole. Der Mann war bewaffnet!
Der Schlag war heftig genug, um ihn auf die Knie zu zwingen, aber er konnte ihn nicht davon abhalten, seine Faust nach oben in den Bauch des Mannes zu rammen. Doch im letzten Moment sah er ein noch erfolgversprechenderes Ziel und trieb seine Fingerknöchel mit derselben durch das Adrenalin hervorgerufenen Kraft in die Leistengegend des Mannes, die ihm schon durch das Fenster geholfen hatte.
Zufrieden nahm Richard das schmerzerfüllte Grunzen des Mannes zur Kenntnis, doch der Lauf der Waffe richtete sich trotzdem auf sein Gesicht.
Dann konnte er nichts mehr sehen. Kurz glaubte er schon, die Waffe wäre losgegangen, doch er hatte gar nichts gehört. Es dauerte den Bruchteil einer Sekunde, bis er begriff, dass Carly das Licht eingeschaltet hatte und die Waffe weiterhin in seine Richtung bewegt wurde. Er packte den Arm des Mannes, bekam daraufhin allerdings einen Schlag gegen die Schläfe, bei dem er ganz zu Boden ging.
Der Mann beschattete seine Augen mit einer Hand, die in einem Handschuh steckte, sodass man seine Gesichtszüge nicht erkennen konnte, sondern nur sein kurzes schwarzes Haar und den drahtigen Körper in einer Windjacke und Jeans. Jetzt war jedoch auch klar, dass Richard nichts mehr wegen der Pistole unternehmen konnte, die auf ihn gerichtet war.
Er hob reflexartig die Hände und wartete auf den Einschlag der Kugel, doch der kam nicht. Carly sprang über das Bett ihrer schreienden Tochter und prallte so heftig gegen den Mann, dass er nicht mehr richtig zielen konnte, stieß ihn dabei jedoch nicht um. Er packte sie an der Kehle und hielt sie fest, während sich Richard langsam wieder aufrappelte.
Es war ein guter Versuch gewesen, aber er erkannte, dass sie das Unausweichliche nur hinausgezögert und sich dadurch selbst dem Untergang geweiht hatte.
Dann entdeckte Richard das Objekt, das der Mann auf den Teppich hatte fallen lassen. Eine Spritze.
Er packte sie und stieß sie in den mit Stoff bedeckten Oberschenkel des Mannes, um dann mit letzter Kraft den Inhalt zu injizieren.
Ein überraschter Schrei ertönte, lauter als die Schreie seiner Tochter, bevor Carly mit ihrem gesamten Gewicht auf Richard landete.
Erneut blieb der Schuss aus. Der Mann taumelte zum offenen Fenster und stürzte hindurch, um mit einem gedämpften Ton auf dem Boden darunter zu landen.
Richard schob seine benommene Frau zur Seite und richtete sich so weit auf, dass er über das Fensterbrett sehen konnte. Der Mann rannte mit unsicheren Schritten über den Hof, und die Spritze schien noch immer in seinem Oberschenkel zu stecken. Sie fiel zu Boden. Dann zwängte er sich durch das Loch im Zaun und verschwand in der Dunkelheit.
Nachdem Richard das Fenster geschlossen und die Vorhänge zugezogen hatte, drehte er sich zu Carly um, die gerade ihre zitternde Tochter aus ihrer Bettdecke befreite.
»Polizei!«, brüllte er. »Ruf die Polizei!«
Seine Frau sah ihn mit vor Panik geweiteten Augen an und rannte aus dem Zimmer.
»Susie!«, sagte er und fasste seine Tochter an den knochigen Schultern. »Hör mir gut zu. Beruhige dich. Bist du verletzt? Hat er dich mit irgendwas gestochen?«
10
Außerhalb von Baltimore, Maryland
18. April
»Muss das
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