Die Unvergänglichen: Thriller (German Edition)
versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, brach jedoch gleich wieder zusammen und wartete auf den unausweichlichen Funken und die Explosion, die sie verschlingen würde.
Doch stattdessen packten sie zwei Hände unter den Armen und begannen, sie nach oben zu ziehen. Sie wehrte sich schwach dagegen und versuchte zu entkommen.
»Carly! Ich bin’s! Hör auf, dich zu wehren!«
Sie entspannte sich, als sie die Stimme ihres Mannes erkannte, und ließ sich unter dem Jeep hervorziehen.
Der Mann, der auf dem Beifahrersitz des offenen Wagens gesessen hatte, steckte halb in der Windschutzscheibe. Seine Gesichtshaut war völlig zerfetzt und das Glas hatte seinen Körper auf Höheder Taille fast durchtrennt. Der Fahrer war in einem besseren Zustand und starrte sie benommen an, während er versuchte, seine Waffe aus dem Schulterholster zu ziehen.
Richard ließ sie los und krabbelte nach oben, um dann die Hand nach ihr auszustrecken. Sie stieß ihre Füße gegen den lockeren Erdboden, als er sie hochzog, und wartete darauf, dass die Pistole des Fahrers losging und die Kugel nicht nur ihr Leben beendete, sondern Susie auch eine Zukunft nahm, die auf einmal durchaus wahrscheinlich zu sein schien.
Dann hatte sie den Rand erreicht und Richard zog sie weiter über die felsige Erde, während sie versuchte, auf ihren wackligen Beinen Halt zu finden. Als die Waffe schließlich abgefeuert wurde, flog Erde am Rand des Kanals auf, aber inzwischen hatte Richard Carly bereits in den Wagen gesetzt und war über die Motorhaube auf die Fahrerseite gesprungen. Sobald er hinter dem Steuer saß, trat er das Gaspedal bis zum Boden durch und raste schlingernd auf die Straße.
Ein zweiter Schuss übertönte das Echo des ersten, und er drückte sie auf dem Sitz nach unten, während er versuchte, nicht die Kontrolle über den Wagen zu verlieren. Es wurden noch weitere Kugeln abgefeuert, aber keine traf ihr Ziel, und schon bald konnten sie nichts weiter hören als das Knirschen des Getriebes und das Geräusch des Windes, der durch die offenen Fenster hineinwehte.
»Geht es dir gut?«, wollte er wissen. »Carly? Rede mit mir! Bist du verletzt?«
»Nein«, antwortete sie und versuchte, sich gerade hinzusetzen, rutschte aber sogleich wieder gegen die Tür.
»Was ist mit deinem Bein? Wurdest du angeschossen?«
Sie schüttelte den Kopf und nahm ein Sweatshirt vom Rücksitz, das erauf ihren Oberschenkelpresste.
»Halte durch. Wir müssen umkehren und dich zu …«
»Nein«, rief sie, packte das Lenkrad und hielt es fest. »Fahr weiter!«
»Aber …«
»Mir geht es gut. Fahr einfach weiter.«
Carly ließ das Lenkrad wieder los und beugte sich vor, um die in ihr aufsteigende Übelkeit unter Kontrolle zu bekommen. »Oh mein Gott«, murmelte sie leise. »Oh mein Gott.«
29
In der Nähe der chilenischen Grenze
4. Mai
Richard Draman drehte sich auf der Ladefläche des Pick-ups um und sah nach vorn ins Führerhaus. Die beiden Männer, die darin saßen, unterhielten sich angeregt, lachten und stießen einander mit den Ellenbogen an, während das Fahrzeug über die dunkle Straße raste. Sie schienen die beiden amerikanischen Anhalter, die sie eine Stunde zuvor am Straßenrand aufgelesen hatten, völlig vergessen zu haben.
Zufrieden damit, nicht beobachtet zu werden, wandte sich Richard wieder dem Computer auf seinem Schoß zu. Carly hatte sich seitlich an ihn gelehnt, obwohl es trotz des Windes immer noch ziemlich heiß war.
»Mir geht es gut«, sagte sie. »Und das weißt du auch.«
Er konzentrierte sich erneut auf das Foto, das den Bildschirm ausfüllte. Mit Ausnahme der Hand, die verschwommen dargestellt war, weil der Mann versucht hatte, sein Gesicht zu verbergen, war das Foto überraschend scharf. Richard untersuchte jedes Detail – das wellige graue Haar, die blasse Haut, die markante Nase.
»Vielleicht ist es ein Verwandter. Ein Cousin oder so.«
»Dann haben sie auch seinen Cousin entführt?«
Darauf reagierte er nicht, sondern rief das Video auf, das er von August Masons Rede Mitte der 80er-Jahre heruntergeladen hatte. Es wäre eine deutliche Untertreibung gewesen zu behaupten, dass die beiden Männer sich ähnelten. Sie sahen nahezu gleich aus.
»Siehst du, dass seine Finger auf dem Bild weiß aussehen?«, fragte sie und musste ein wenig lauter sprechen, da der Fahrer gerade beschleunigte, um einen Trecker zu überholen.
»Ja. Warum tun sie das?«
»Sie sind bandagiert.«
Er brauchte einen Moment, bis er begriff, was sie ihm
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