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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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einmal der Anblick des verstiegenen, völlig überkandidelten Schlosses konnte ihn aus der Fassung bringen. Der Widerstand gegen die widerliche Kaiserin, so schien es ihm, formierte sich bereits, der junge Jonas Nichts spielte – wie auch immer – eine entscheidende Rolle dabei, und selbst der General fiel seiner Herrin heimlich in den Rücken.
    Peregrin Aber lächelte zufrieden, als er, nicht schmerzfrei, aber beinahe mühelos, die Stufen der Gesandtentreppe erklomm. Er kam sich vor wie in den Kulissen eines Theaters. Wirkte die Pracht ringsum nicht wie gemalt? Der protzige Marmor an den Wänden, all diese rosigdicken Menschen auf den Ölbildern und überall dieses aufdringliche, schreiende Rot!
    Angabe, dachte Peregrin Aber, als er zum Deckengemälde hinaufsah, pure Angabe! Und obendrein Ausweis unverbesserlicher Geschmacklosigkeit. Er selbst, überlegte er, als er im Rücken des Generals vor einer stucküberladenen Tür im ersten Obergeschoss auf Einlass wartete, war gewiss nicht frei von Eitelkeit. Doch zu Größenwahn, wie er in diesem Schloss zum Ausdruck kam, hatte er, Peregrin Aber, nie geneigt.
    Dann ging die Tür auf, und den Advokaten beschlich der Gedanke, dass sein Handel mit Grimbert womöglich genau das war – größenwahnsinnig. Was, wenn der General sich nicht an ihre Vereinbarung hielt? Was, wenn er ihm die Peitsche gar nicht ersparen konnte?
    »Zur Kaiserin!«, herrschte Grimbert den Trabanten an, der katzbuckelnd die Tür geöffnet hatte, und Peregrin Aber wünschte sich, auch dieser arme Tropf hätte bereits Kenntnis von der Petition seiner Brüder.
    Der Trabant machte wortlos Platz.
    Peregrin Aber folgte Grimbert in einen spiegelglänzenden Saal und machte sich innerlich auf alles gefasst. »Mut. Nur Mut«, murmelte er.
    Doch dann kam schon Alma über ihn, rauschend wie ein räuberischer Vogel im Sturzflug. In einem durch und durch goldfarbenen, überlangen Kleid mit bis auf Ballongröße gebauschten Ärmeln eilte sie knisternd aus dem angrenzenden Raum herbei, brandrot im Gesicht und mit bebenden Haarschnecken. »Auf die Knie, Unwürdiger!«, kreischte sie.
    Peregrin Aber wusste gar nicht, wie ihm geschah. Grimbert drückte ihn rücksichtslos auf das gebohnerte Saalparkett. Peregrin Abers Rücken rebellierte. Er verlor seinen Zylinder.
    »Herrscherin zu Wasser und zu Lande«, piepste der Trabant im Hintergrund, verstummte dann aber.
    »Stinkender Fisch von einem Anwalt«, keifte Alma.
    So, genau so hatte Peregrin Aber die Baroness in Erinnerung. Grimberts Hand lag um seinen Nacken wie eine Eisenschelle.
    »Verräter! Rechtsverdreher! Nichtswürdiger!« Almas Stimme überschlug sich. »Wo sind die Figuren? Wo? WO? Raus mit der Sprache!«
    Grimbert drückte noch ein wenig fester. Peregrin Aber war äußerst beunruhigt. Schauspielerte der General noch? Oder war ihm schon ernst?
    »Baroness«, keuchte Peregrin Aber. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    Grimberts Griff lockerte sich.
    » Baroness? Halte Er seinen dreckigen, schamlosen Mund, Zwerg! Vor Ihm steht eine Kaiserin !«, brüllte Alma. Peregrin Aber sah von ihr nicht mehr als den goldglänzenden Rocksaum. Darunter stampfte sie wütend mit dem Fuß auf. »WO SIND DIE FIGUREN?«
    Sie war verrückt. Die Baronin Alma Fink zu Wunderlich war wahnsinnig. Warum nur hatte er das nicht schon viel früher begriffen?
    »Oh! Ich verstehe.« Almas Stimme kippte. Plötzlich klang sie eiskalt. »Hol Er die Peitsche, Soldat. Dieser Wurm da wird schon reden, wenn er sich erst unter den Hieben windet.«
    Als Grimbert ihn losließ, plumpste Peregrin Aber unvorteilhaft auf das Parkett. Er würde nicht zu Alma hochsehen, befahl er sich. Er würde durchhalten. Der Advokat schloss die Augen. Und wenn er dieser Wahnsinnigen einfach irgendeine Geschichte über diese lachhaften Figuren auftischte? Dass Tabbi sie verwahrte, würde er allerdings nie und nimmer preisgeben. Nie und nimmer! Die Figuren waren ihm egal, aber Tabbi würde er nicht in Gefahr bringen.
    Grimberts soldatische Schritte näherten sich wieder. Peregrin Abers Blick fiel auf seine gewichsten Stiefel und den baumelnden Riemen einer Peitsche. Sich versichernd sah er zu Grimbert auf, aber dessen Miene war gefährlich unbewegt.
    »Sieht Er die Peitsche da?«, zischte Alma.
    Peregrin Aber, bäuchlings auf dem Parkett, nickte unterwürfig. Was, wenn ihn diese Peitsche wirklich traf? Oh, oh, oh.
    »Ein letztes Mal also«, keifte Alma. »Wo sind die Figuren?«
    »Ich weiß es wirklich nicht …«,

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